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The Raconteurs - Help us stranger

The Raconteurs- Help us stranger

Third Man / PIAS / Rough Trade
VÖ: 21.06.2019

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Gezähmte Exzentrik

"I'm here right now / I'm not dead yet", singt Brendon Benson in "Somedays (I don't feel like trying) und dieses Lebenszeichen lässt sich verschiedentlich interpretieren: Vielleicht geht es um Benson selber, vielleicht geht es um die seit 2011 pausierenden Raconteurs, oder, noch viel größer: um den Rock. Denn wenn dieses neue Album der Band um Benson und Jack White eines beweist, ist es die Unsterblichkeit der Rockmusik. "Help us stranger", die bisher beste und rundeste The-Raconteurs-Platte. Sie huldigt alten Helden, während sie den Blues-Rock weiterdenkt – und hebt The Raconteurs alleine dadurch von Bands wie Rival Sons und Greta Van Fleet ab.

Dabei war die Band schon immer das Jack-White-Projekt, das dessen Exzentrik am ehesten in Zaum halten konnte und nach dem experimentellen White-Solo-Album "Boarding house reach" wirkt "Help us stranger" wie eine Rückkehr zu alter Form. High-Tempo-Songs, in denen das Schlagzeug den kantigen Riffs jederzeit im Galopp davon zu preschen droht, wechseln sich mit der Art schunkeliger Blues-Balladen ab, die The Raconteurs auf "Broken boy soldiers" und "Consolers of the lonely" perfektioniert haben. Benson und White, die sich als Songwriter und Sänger die Frontmann-Position teilen, ergänzen sich erneut perfekt. Während Benson vornehmlich die Balladen singt, wie etwa das eingangs erwähnte, Lynyrd Skynyrd beschwörende "Somedays (I don't feel like trying), übernimmt White mit seinem druckvollen, fast krächzenden Gesang die lauteren Songs, wie "Sunday driver". Im Highlight-Track "Help me stranger" agieren sie gar im Duett, und ihre Stimmen harmonieren noch immer ganz wunderbar.

Die überbordende Ambition von "Boarding house reach" scheint White dazu in "Don't bother me" zu einem treibenden Rock-Brett zu bündeln. Der Song lässt sich leicht als wütende Abrechnung mit US-Präsident Trump lesen: "Your hidden agenda / You ruthless rule bender / Your surface duplicity / It's all nothing new to me". Textlich handeln die meisten Stücke aber für den Blues traditionell von den Sorgen des einfachen Mannes. Ausbruchswünsche ("Only child"), Hilferufe ("Help me stranger") und Klagen über das Verlassenwerden ("Now that you're gone") werden in meist simplen, aber effektiven Sprachbildern erzählt. Gelegentlich tauchen White-typische Wortspielereien auf: "It's not essential that I fear you / But it's a sensitive advice / I'm reverential when I hear you / I genuflect to your advice."

Der schwere, aber dennoch lässig dahin fließende Closer "Thoughts and prayers" gibt sich dann einem anderen uramerikanischen Genre hin: dem Country. Mit Geigen-Unterstützung von Lillie May Rische rätseln The Raconteurs dann über den Sinn des Lebens: "There's got to be a better way / To contact god and hear her say / There are reasons why it is this way." Wenn der Song sich gegen Ende in einen launigen Klimax aufbauscht, ist die Sinnfrage dann wieder egal. Als Hörer kann und sollte man sich diebisch über dieses bemerkenswerte Lebenszeichen einer Band freuen, von der man vielleicht gar nicht wusste, dass man sie vermisst hat.

(Simon Conrads)

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Highlights

  • Help me stranger
  • Don't bother me
  • Thoughts and prayers

Tracklist

  1. Bored and razed
  2. Help me stranger
  3. Only child
  4. Don't bother me
  5. Shine the light on me
  6. Somedays (I don't feel like trying)
  7. Hey Gyp (Dig the slowness)
  8. Sunday driver
  9. Now that you're gone
  10. Live a lie
  11. What's yours is mine
  12. Thoughts and prayers

Gesamtspielzeit: 41:18 min.

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User Beitrag

fuzzmyass

Postings: 14902

Registriert seit 21.08.2019

2020-03-31 11:50:41 Uhr
Dem Debut würde ich btw 8,5/10 geben. Ebenfalls tolles Album mit einigen Highlights (Hands! Level! und natürlich Steady as She Goes und Blue Veins).

fuzzmyass

Postings: 14902

Registriert seit 21.08.2019

2020-03-31 11:48:47 Uhr
hat ich zwar im "Welches Album..." Thread, aber hier ist es besser aufgehoben, falls es jmd interessiert:

The Raconteurs - Consolers Of The Lonely 9/10
Einfach tolles Album - luftig, vielseitig und abwechslungsreich mit tollem Songwriting, super Lyrics/Storytelling und fantastischen Arrangements.

The Raconteurs - Help Us Stranger 8/10
Ebenfalls sehr fein mit knackigen guten Songs - Benson und White sind ein Traumduo. Ersterer bringt die Melodien, der zweite das Ruppigere und rauhe. Zusammen ist das besser als die Einzelteile/Soloalben, welche aber auch gut bis sehr gut sind.

The Raconteurs - Live In Tulsa 8/10
Auch live sehr spaßig, auch wenn ab und zu etwas ZU ruppig... gutes karriereumspannendes Livealbum.



Ich mag White's Soloalben sehr, vor allem Blunderbuss. Ich muss sogar sagen, dass ich in den letzten 2 Jahren sowohl White Solo als Auch die Raconteurs live sehen konnte und mir der White Gig sogar etwas besser gefallen hat.

Aber die Raconteurs Alben (auch das fantastische Debut) haben ein gewisses extra Element an Songwriting/Melodien/Arrangements, das mir bei White Solo etwas fehlt.

Voyage 34

Postings: 958

Registriert seit 11.09.2018

2020-03-23 14:02:21 Uhr
White fand ich als Musiker lange echt klasse, aber ich muss sagen aus seiner kompletten diskographie ist mittlerweile überhaupt nichts mehr hängen geblieben bei mir. Ist schön krass, so nen turn haben nur wenige geschafft die nicht auf die kommerzielle Schiene abgebogen sind und das kann man ihm glaube ich nicht vorwerfen

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 19947

Registriert seit 10.09.2013

2020-03-23 01:40:09 Uhr
Hör mich aktuell zufälligerweise wieder durch die White-Diskographie. Hängt einiges an Nostalgie dran, war mein erster Lieblingsmusiker als Teenie und die White Stripes meine erste richtige Lieblingsband.
"Consolers..." ist auf jeden Fall weiterhin mein Favorit von ihm; hier ist die Harmonie mit Benson perfekt, nachdem sie auf dem Debüt noch eher nebeneinander agiert haben, und die Songqualität fast durchweg sehr hoch. Die "Help us..." hier macht viel Spaß, ist imo aber ne Stufe unter dem Vorgänger so im 7er-Bereich (Debüt auch). Da find ich Whites erste zwei Solo-Alben ehrlich gesagt nicht schwächer, das erste sogar besser. "Love interruption" ist vielleicht sein bester selbst geschriebener Song.
Zuletzt hatte ich die letzten zwei Stripes-Alben "Get behind me satan" und "Icky thump" auf dem Teller und hab sie gefeiert wie seit meiner Fanboy-Phase nicht mehr :) Erlebt grad eine kleine Renaissance bei mir, der Mann.

fuzzmyass

Postings: 14902

Registriert seit 21.08.2019

2020-03-23 00:56:45 Uhr
Gerade nach längerer Zeit wieder aufgelegt... doch, ist mit der Zeit sogar noch besser geworden... ausgezeichnetes Album - luftig, leichtfüßig, vielseitig, gute knackige Songs... Benson und White harmonieren wie immer super, die Rhytmussektion und besonders die Drums sind killer...
Jetzt womich die Live in Tulsa LP bekommen habe, bin ich wieder voll drin... wirklich tolle Band mit 3 fantastischen Alben und Whites absolut bestes Output abseits der White Stripes
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