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Frank Iero And The Future Violents - Barriers

Frank Iero And The Future Violents- Barriers

UNFD / Membran
VÖ: 31.05.2019

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Rockoper vom Sperrmüll

Man mag die geistige Augenbraue hochziehen, wenn man den Ostküstler Frank Iero lediglich von seiner Gitarristen-Tätigkeit bei My Chemical Romance kennt. Ein wenig Überraschung ist angesagt, wenn man auf Ieros drittem Solo-Album "Barriers" die Unterschiede im musikalischen Gestus ausmacht. Da war bei My Chemical Romance vor allem der Wille zur pompösen Rockoper; überzogene Theatralik versetzte die Alternative-Band eher in die Nähe zu Queen als zum szenigen Underground. Bei Iero im Jahre 2019, begleitet von seinen neuen Mitstreitern The Future Violents, steht ebenfalls kraftvolle Rockmusik im Zentrum, jedoch wirkt der jüngste Output geradezu durchzogen von existentieller Authentizität. Das trockene Knirschen in der klanglichen Struktur seiner 14 Songs hat sich das Album von Steve Albini auf den Leib produzieren lassen, aber auch das Kernsongwriting weist neben all der mitreißenden Melodiösität noch genügend Brüche und Kanten auf. Abseits von glänzender Politur wackelt und leiert die Seele der Songs. Manches hat zwar den gesunden Vorwärtsgang massentauglicher Kollegen wie Foo Fighters, man hört aber eben auch immer die spröde Seelenpein von Acts wie Desaparecidos, The Paper Chase oder Car Seat Headrest raus.

Iero verfrachtet zu Beginn der Platte seine Band der zukünftigen Gewalttäter erst einmal in eine windschiefe Kneipe des amerikanischen Heartlands, wo diese mit dem Publikum einen heidnischen Gottesdienst abhalten und sich, Kippe im Mundwinkel, Bierflecken auf dem Holzfällerhemd, in Richtung des herbeigesehnten neuen Tages schunkeln. Conor Oberst hätte an so etwas seinen Spaß aber auch ein Will Sheff. Das war es dann aber erst mal mit der Beschaulichkeit, "Young and doomed" bewegt sich an der Grenze zum shizo-affektiven Ausraster, kanalisiert seine Kräfte letztlich aber zu einer ruppigen Abfahrt. Dies sind Momente, bekannt aus dem Emo und Post Hardcore der frühen Nuller-Jahre, die schreiende Verzweiflung in einen befreienden Ausbruch umdeuten. Ob es der wuchtige Groove mit Klaviergarnitur von "Fever dream" ist oder die The-Cure-Variante eines Midwestern-Emo-Songs von "The host", die Stücke haben Zug und einiges an Muskelkraft, sie scheinen aber immer an den Rändern auszufransen und zu splittern.

Iero hat es geschafft, ein ziemlich üppig ausgelegtes Werk mit schadhaften Materialien zusammen zu zimmern. Man denkt an muffige Hundedecken, schief in den Angeln hängende Türen oder gesprungene Emalie-Wannen. Aber aus diesem Humus aus Rost und Staub erwachsen gewaltige Hymnen der emotionalen Unsicherheit, "Basement eyes" ist da eine im Refrain mächtig aufbrandende Verzweiflungstat, "Moto-pop" ein von Überhitzung bedrohter Shotgun-Stomper und der "Medicine Square Garden" hat nicht nur den besten Songtitel des Jahres, sondern auch einen Rhythmus, der zwischen gefährlicher Sexyness und abgründiger Derangiertheit vermittelt. Den Weg zum ganz großen Meisterwerk verstellt sich "Barriers" dann lediglich durch eine gewisse Genormtheit im letzten Drittel. Stücke wie "Police police" gehen mit ihrer punkigen Attitüde zwar gut runter, auch das abschließende "24k lush" taucht noch mal schön episch in den Sumpf aus Leid und bedenklicher Medikation ein, doch ganz so zwingend wie zuvor knallen die Stücke nicht mehr rein. Über weite Strecken ist der Drang jedoch da, der Sturm auch ganz gewaltig und das hat dann wenig mit einem satten Rockstar eines arrivierten Millionen-Sellers zu tun.

(Martin Makolies)

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Highlights

  • Young and doomed
  • The host
  • Basement eyes
  • Medicine Square Garden

Tracklist

  1. A new day's coming
  2. Young and doomed
  3. Fever dream
  4. The host
  5. Basement eyes
  6. Ode to destruction
  7. The unfortunate
  8. Moto pop
  9. Medicine Square Garden
  10. No love
  11. Police police
  12. Great party
  13. Six feet down under
  14. 24k lush

Gesamtspielzeit: 56:47 min.

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Armin

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2019-06-20 20:56:47 Uhr - Newsbeitrag
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