Darkthrone - Old star
Peaceville / Edel
VÖ: 31.05.2019
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
Die Essenz
Er ist nicht nur Abgeordneter wider Willen im Stadtrat seiner norwegischen Heimatstadt und Katzenliebhaber, sondern mittlerweile wohl auch der bekannteste Postbote seit Pitje Puck. Die Rede ist natürlich von Gylve Nagell, allseits bekannt als Fenriz – und die neben Abbath wohl schillerndste Figur der norwegischen Black-Metal-Szene. Und wenn gewisse Bands zum Kanon, zum Allgemeinwissen der so genannten zweiten Welle des Black Metal zu zählen haben, dann sind es neben Truppen wie Immortal, Mayhem oder Gorgoroth nun einmal Darkthrone, die Band, die Fenriz im Prinzip seit 1993 mit seinem Kompagnon Ted Skjellum alias Nocturno Culto als Duo betreibt. Die norwegische Zweckgemeinschaft auf ihre Kauzigkeit zu reduzieren, täte ihr allerdings Unrecht. Vielmehr verkörperten Darkthrone – wenn auch nicht immer frei von Skandalen und Skandälchen – einen tief verwurzelten Individualismus. Motto: Sei einfach Du selbst.
Nun zeichneten sich die Alben der Skandinavier schon immer dadurch aus, dass Nagell und Skjellum kompromisslos ohne Rücksicht auf vermeintliche Genre-Konventionen genau die Songs produzieren, nach denen ihnen der Sinn steht. Insofern ist das überraschendste an "Old star", dass es eben nicht wirklich überraschend ist. Was im Grunde genommen nicht einmal ein Nachteil ist. Denn der Opener "I muffle your inner choir" ist und bleibt ein Darkthrone-Song, garniert mit flirrenden Riffs aus dem Black-Metal-Fundus von Nocturno Culto, dessen gewohnt krank herausgereiherten Vocals sowie Fenriz' erbarmungslos treibendem Schlagzeugspiel. Wären da nicht das urplötzlich eingestreute schleppende Doom-Break und der fiese Hall auf dem Drumsound, der so dermaßen over the top ist, wie es schon auf ihre Weise die No-Fi-Produktionen der Neunziger waren.
Natürlich ist das Geboller völlige Absicht, hatte Fenriz doch im Vorfeld schon die Achtziger sowie deren Sound und Riffs als Haupteinflüsse für die Produktion von "Old star" proklamiert. Überdeutlich wird dies bei "The hardship of the Scots", dessen Gitarrenarbeit eine wahre Verbeugung vor den Guitar Heroes jener Dekade ist. Mag Fenriz in dieser Künstlergemeinschaft der fanatische Sammler-Nerd sein, Nocturno Culto zaubert eine riffgewordene Hommage nach der anderen aus dem Handgelenk. Und auch, wenn der folgende Titeltrack oder das ganz offensichtlich der Urzeitleiche Ötzi gewidmete "Alp man" nicht ganz so spektakulär daher kommen, ist es ein Vergnügen, die Platte unter dem Kopfhörer zu hören und diesem perfekt aufeinander eingespielten Team bei der Arbeit zuzuhören.
Ganz klar: Die so genannte "Corpsepaint trilogy" aus den Alben "A blaze in the northern sky", "Under a funeral moon" und "Transilvanian hunger" aus der Blütezeit des Black Metal in den frühen Neunzigern ist nichts anderes als legendär, in ihrem Zeitgeist, in ihrer Kompromisslosigkeit unerreichbar. Glücklicherweise haben Darkthrone seitdem nie wieder versucht, an diese Alben anzuknüpfen. Umso erfreulicher ist es dann, wenn "Duke of gloat" mit diesen flirrenden Riffs aufwarten kann, dann aber von einem treibenden Mosh-Part unterwandert wird, der ein Fest in jedem Pit wäre, wenn denn Darkthrone nicht schon vor vielen Jahren der Bühne abgeschworen hätten. Natürlich ist das kein "True Norwegian Black Metal" mehr, soll und will es auch schon längst nicht mehr sein. Mit ihrer Nerdigkeit bewegen sich Fenriz und Nocturno Culto außerhalb jeglicher Konventionen. Und das wiederum ist – die Essenz dessen, was Black Metal einmal sein wollte.
Highlights
- The hardship of the Scots
- Duke of gloat
Tracklist
- I muffle your inner choir
- The hardship of the Scots
- Old star
- Alp man
- Duke of gloat
- The key is inside the wall
Gesamtspielzeit: 38:09 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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HELVETE II Postings: 2467 Registriert seit 14.05.2015 |
2019-06-17 16:58:24 Uhr
Die 7 Punkte treffen es in diesem Falle ganz gut. Ist halt unterhaltsam, aber wenig innovativ und keinesfalls überraschend, dafür ursprünglich. Fenriz und Nocturno Culto sind zwei extrem witzige Typen, die schon seit längerer Zeit ihre Vorliebe für Thrash und Punk mit ihren DM-/BM-Wurzeln verwursteln. Macht Spaß und klingt für mich nach ner Mischung aus Motörhead, Misfits, Sodom, alten Darkthrone und Entombed. Unzählige klassische Metalbands, die niemand von uns sondern nur Fenriz kennt, werden ebenfalls ihren Teil dazu beigetragen haben, grob die Marke Chevalier (nur eben noch viel unbekannter). An Szeneregeln halten sich die beiden schon ewig nicht mehr. |
Winnie |
2019-06-17 16:04:56 Uhr
Wenig unterhaltsam? Strunzlangweilig? Das ist aber 'n bisschen streng und auch Ansichtssache.Das mit dem Vergnügen die Platte unter Kopfhörern zu hören und den beiden, perfekt aufeinander eingespielten Typen, zuzuhören trifft's ziemlich gut. Zumindest für mich. |
Hirsel |
2019-06-13 21:22:42 Uhr
Ich weiß, die meinen das ernst und finden ihren jetzigen Kram selbst viel kultiger als ihre ehemaligen, mitunter auch nicht immer sooo tollen Black Metal Ergüsse, doch musikalisch ist das hier oberste Gülle. Und selbst, wenn man diesen Anspruch wegstreicht, bleiben insgesamt wenig unterhaltsame bis sogar strunzlangweilige, unnötig in die Länge gezogene Schulgruppen-Songs übrig. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27366 Registriert seit 08.01.2012 |
2019-06-13 20:36:20 Uhr - Newsbeitrag
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Referenzen
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