Hot Chip - A bath full of ecstasy

Domino / GoodToGo
VÖ: 21.06.2019
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Zuckerschnute
Die Wirkung einer einzelnen Pille Ecstasy ist im Vorfeld kaum vorherzusehen. Die exakte Zusammensetzung variiert pro Einheit, hinzu kommen haufenweise äußere Einflussfaktoren wie körperliches Befinden oder Stoffwechselgewohnheiten. Einig ist man sich unter berauschten Partygängern jedoch weitgehend, dass die Einnahme in Verbindung mit Zucker eine verstärkende, teils gar euphorisierende Wirkung habe. Wenn nun also Hot Chip auf ihrem siebten Album in "A bath full of ecstasy" steigen, ist es dann nicht konsequent, dass sich der entsprechende Saccharosegehalt in geradezu schwindelerregenden Höhen befindet? Um ein intensiveres Erlebnis Willen? Zumindest mangelnde Konsequenz kann man den fünf Londonern nur schwer vorwerfen. Sie befinden sich tiefer im keyboardgetränkten Liebestaumel als je zuvor. Die Blindenwitze über Stevie Wonder, die Tiraden gegen "motherfuckers" und "jerk-ass losers" vom Debüt "Coming on strong" – mittlerweile ganz weit weg.
Für diejenigen, welche die Verwandlung des skeletalen Elektrosouls hin zum vollmundigen Synthpop stetig verfolgt haben, stellt sich "A bath full of ecstasy" jedoch nur als der nächste logische Schritt dar. Gleich "Melody of love" frohlockt so dermaßen im melodischen Tirili-Modus, dass die Hörerherzen von selbst aufspringen. "All you need to hear is moving in the air", singt Alexis Taylor und trotz seiner stets schelmischen Aura glaubt man ihm. "Spell" täuscht wenigstens zu Anfang spärlich instrumentierten Funk vor, um dann doch zum Refrain hin die Welt zu umarmen. Dazu erzählen die Texte von einem emotional einwickelnden Zauberspruch, konstatieren "Forever I'm haunted" und doch verzeiht man Hot Chip augenblicklich ihre Klischees. Auch nach Jahren schaffen sie diese unvergleichliche Balance zwischen Augenzwinkern und Herzausschütten, wie es solch blasse, unscheinbare Männer viel zu selten tun.
Das gesangliche Wechselspiel zwischen Taylor und Zweitstimme Joe Goddard funktioniert nicht nur prächtig auf der zurückhaltenderen Single "Hungry child", die stellenweise den Geist von Ambient Techno atmet. Auch im folgenden "Positive" spielen die beiden sich die Bälle zu, während drumherum die Synthesizer durchdrehen. "Our love is something positive" – es dient quasi als Mission Statement für "A bath full of esctasy". Die Kantenlosigkeit ist auf eine seltsame Art Konzept und macht die Platte zur geschlossensten der Band. Einzelne Hits spielen im Kontext nur die Rolle, dass sie ein Gegengewicht zu gefährlich nah an der Kitschobergrenze tänzelnden Songs wie "Bath full of ecstasy" und "Why does my mind" darstellen.
In einem solchen Kontext ist auch der freischwebende, psychedelische Siebenminüter "Clear blue skies" denkbar, der sich von jeglicher fassbaren Struktur lossagt und auf den früheren Alben ein völliger Fremdkörper gewesen wäre. Hier erscheint er als Experiment, aber eingebettet in den wattierten Sound seiner Gefährten. "If I call myself a rational man / I know this means nothing at all." Vernunft ist nichts, Gefühl ist alles. Wer vor aufrichtig hervorgebrachten Emotionen nicht zurückschreckt, darf in "A bath full of ecstasy" eintauchen und wird reichhaltig entlohnt, bis hin zum nach der Sonne strebenden "No god". Drogen? Wir raten ganz klar davon ab. Zucker und Ecstasy gibt's bei Hot Chip günstiger, legal sowie frei von unerwünschten Nebenwirkungen. Nur vor der Suchtgefahr muss auch hier gewarnt werden.
Highlights
- Melody of love
- Hungry child
- Positive
Tracklist
- Melody of love
- Spell
- Bath full of ecstasy
- Echo
- Hungry child
- Positive
- Why does my mind
- Clear blue skies
- No god
Gesamtspielzeit: 47:38 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Peter Silie |
2019-07-02 21:09:10 Uhr
Fantastisches Album, ein absoluter Grower, der viel mehr bietet als die Oberfläche zunächst vermuten lässt. Wunderschöne und zugleich traurige Songs, grandios!Bester Song: Positive |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 24182 Registriert seit 08.01.2012 |
2019-06-26 11:53:37 Uhr - Newsbeitrag
NEUES ALBUM ‚A BATH FULL OF ECSTASY‘ IST AM FREITAG VIA DOMINO/GOODTOGO ERSCHIENENVIDEO ZUR DRITTEN SINGLE ’SPELL' HIER ANSEHEN Erst kürzlich lobten wir noch, wie zuverlässig Hot Chip nicht nur hervorragende Alben, sondern immer auch ganz wunderbare Videos veröffentlichen und - bäm! - da ist es auch schon wieder so weit. Die Story zum Video zu ‚Spell‘ von Simon Owens basiert auf den Lyrics des Tracks. “Like a spell you are under | And now I feel your curse / It’s all that I wanted / A memory in reverse / Forever I’m haunted” hat er als Sexszene in einem Hotelzimmer inszeniert, in dem sich das einladene Doppelbett als würgendes Bettlaken mit Entsorgungsfunktion geriert und der Ohrensessel den Exitus dazu besingt. |
MM13 Postings: 2217 Registriert seit 13.06.2013 |
2019-06-21 19:14:03 Uhr
so gut wie erwartet,titelsong und echo sind noch ein bisschen gewöhnungsbedürftig. |
musie Postings: 3512 Registriert seit 14.06.2013 |
2019-06-13 21:48:31 Uhr
die ersten Sekunden von Hungry Child erinnern mich immer an Alphaville... |
Jello |
2019-06-13 20:43:37 Uhr
Finde beide Singles auch sehr gut, aber wenn sie beide bei den Highlights sind, scheint mir 7/10 schon möglich. |
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Referenzen
Alexis Taylor; Joe Goddard; The 2 Bears; About Group; New Build; Atomic Bomb! Band; LCD Soundsystem; Caribou; Manitoba; Miike Snow; Poliça; Zoot Woman; The Whitest Boy Alive; Hercules And Love Affair; Peter, Bjorn & John; Röyksopp; Phoenix; Animal Collective; Django Django; Friendly Fires; Cut Copy; FM Belfast; Everything Everything; Active Child; Wild Nothing; Air; Console; Nightmares On Wax; Mouse On Mars; Kraftwerk; Prince; Luther Vandross; Pet Shop Boys; Brian Eno; New Order; The Human League; XTC; Roxy Music; Zapp
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