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Studio Grande - II

Studio Grande- II

Paul! / Zomba
VÖ: 30.06.2003

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Nur die Liebe zählt

Mit manchen Bands ist es wie mit alten Freunden: Plötzlich tauchen sie wieder aus der Versenkung auf, und man fragt sich, wie man sie über die Jahre hinweg eigentlich aus den Augen verlieren konnte. Studio Grande sind so ein Fall. Kaum waren sie 1999 ins Rampenlicht getreten, verschwanden sie aus Selbigem auch schon wieder. Dabei strotzte ihr selbstbetiteltes Debüt vor erdigen Gitarrenpop-Songs, von denen man gerne schon früher einen Nachschlag gehabt hätte. Vier Jahre später liegt nun der schlicht "II" betitelte Nachfolger vor. Ein Wiedersehen, das Freude macht, aber auch für Stirnrunzeln sorgt. Denn so altvertraut klingen die Mannen aus Krefeld anno 2003 nicht mehr. Frontmann Kai Berner hat sich die rosarote Brille mit extra dicken Gläsern aufgesetzt: "II" ist ein kuscheliges Konzeptalbum, das sich einzig und allein um die Liebe dreht. Musik wegen Frauen, man kennt das ja.

Es ist wohl das Alter, das Berner zu einem romantischen Trauerkloß hat mutieren lassen. Wie ein begossener Pudel guckt er so trübselig vom Cover, daß man dem armen Hund mitleidig ein Taschentuch in die Hand drücken möchte. Die vergossenen Tränenbäche haben ihm anscheinend auch den Blick für lyrische Schärfe verwässert. "Ich hab Dich im Park gesehen und ich fühlte, Du bist es / Mein Herz ist losgaloppiert, und ich wusste, das ist es" (un-)reimt er gleich im Opener "Im Park", ohne auch nur einmal rot zu werden. Da dreht es nicht nur jedem Deutschlehrer den Magen um. Aber es kommt noch schlimmer: "Ich will die Liebe in Eure Herzen werfen / Die Liebe, die über alles Bestehende hinausgreift", zitiert er in "Lebendige Menschen" den seligen Klaus Kinski. Uff! Das ist nicht nur trivial, das ist schon so kitschig, daß es einen peinlich berührt. Aber es berührt.

Während Kollegen wie Element of Crime lieber in kunstvoller Poesie schwelgen, erzählen Studio Grande ihre Geschichten unverblümt aus dem Bauch heraus. Statt tiefsinniger Grübelei versuchen sie lieber, den einzelnen Moment mit all seiner Magie festzuhalten. "Und nun sitzen wir beide wieder bei Dir / Die Küchenuhr zeigt Viertel nach Fünf / Und wir schauen raus / Und draußen sieht's nicht besser aus", schwelgt Berner im hübschen "Viertel vor Fünf", und die Geigen schwingen sich dazu bis in den Himmel hoch. It's a bittersweet symphony, that's life. Einerseits ist das alles zutiefst banal, andererseits aber auch sehr authentisch. Das schafft Nähe, das kommt einem vertraut vor.

Wo die Texte oftmals weh tun, ist "II" musikalisch betrachtet Balsam für die Seele - unspektakulär, aber durchaus gefällig. Studio Grande haben ein Händchen für luftige Melodiebögen, die sie in opulente Klang-Gewänder stecken. Bläser, Streicher und Piano sorgen dafür, daß Berner immer plüschig-weich ins musikalische Rosenbett fällt. Im Dienste der Harmonie gilt das Motto "Kuschelrock ohne Rock" mit Weichspülfaktor. Daß Studio Grande das Spiel auf der Gefühls-Klaviatur beherrschen, beweist Berner mit einfühlsamer Stimme - allein, oder auch im charmanten Duett "In deiner Welt" mit Eva Kurowski. Vielleicht ist es gerade die entwaffnende Ehrlichkeit, die "II" irgendwie sympathisch macht. Und wie heißt es doch so schön: Liebe braucht keine Worte - und erst recht keine tiefsinnigen Sätze. Studio Grande lassen lieber die Musik sprechen.

(Christof Nikolai)

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Highlights

  • In deiner Welt
  • Viertel vor Fünf
  • Geliehene Worte

Tracklist

  1. Im Park
  2. In deiner Welt
  3. Lebendige Menschen
  4. Viertel vor Fünf
  5. Fort von hier
  6. Jeder Tag ist wie ein Sonntag
  7. Baba Hey
  8. Ich nicht
  9. Geliehene Worte
  10. Die gute Nachricht
  11. Nur für dich

Gesamtspielzeit: 46:10 min.

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Threads im Plattentests.de-Forum

  • Studio Grande (2 Beiträge / Letzter am 03.07.2003 - 23:39 Uhr)