Jake Xerxes Fussell - Out of sight

Paradise Of Bachelors / Cargo
VÖ: 07.06.2019
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Den Wein zur Neige
Folk, Americana, Country, da kann keiner behaubten, es stecke nicht jede Menge Nostalgie in jenen amerikanischen Musikrichtungen. Schließlich stellt man sich in etwa vor, dass jene Spielarten in Ermangelung von Fernseher und Instagram das Abendprogramm vergangener Zeiten bestimmten. Jake Xerxes Fussell, als Amerikaner mit Faible für eben jene tradierten Formen mit einer natürlichen Autorität auf diesem Gebiet ausgestattet, hat in den letzten Jahren Songs gesammelt und ausgegraben, die nun auf "Out of sight" ein erstaunlich tiefenscharfes Bild der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den ländlichen Gegenden Amerikas liefert. Dabei greift er sich die Traditionals scheinbar wahllos aus der Mitte dieser Zeit. Ihm geht es um kein abgerundetes, vollständiges Bild, sondern um Schnappschüsse aus dem Alltag.
So besteht der Text des eröffnenden "The river St. Johns" aus nichts mehr, als aus eines Fischhändlers Anpreisens seiner Ware. Doch schlüpft Fussell derart überzeugend in dieses Kostüm, dass man die Angst, was passiert, wenn das Werben um den Fisch keinen Erfolg hat, gleich mit spürt hinter der glänzenden Fassade. Musikalisch befindet man sich auf gesichertem Terrain. Die Zutaten Pedal Steel, Fiedel und Klavier zeugen von keinem Erneuerungswillen, doch besteht der Kniff darin, dass sich Fussell zurückhält. Es werden einfach erscheinende Elemente leitmotivisch wiederholt, erhalten so Bedeutung und erzwingen fast das Interesse des Hörers an einfacher, musikalischer Sprache. So spult sich das Gitarrenspiel in "Michael was hearty" gutmütig auf, um sich dann immer wieder sanft abzurollen, vor und zurück, hoch und runter. Und als Hörer verlangt man nicht Spektakuläreres, denn man merkt, hier wird mit Leidenschaft und Wärme gearbeitet, das Herz in jeden Ton gelegt. Der gutmütige Country-Blues "Oh Captain" gibt all den jungen Johnnys und Kevins mit Langmut wertvolle Ratschläge, ohne sich aufzudrängen. Der Sänger hat schon zu viel gesehen und erlebt, als dass er seine Meinung selber besonders hochschätzen würde.
Es sind immer kleine Momente, die berühren, bescheidene Angebote, sich den unkomplizierten Melodien hinzugeben. An einer Stelle stürmt die Verliebte zum Fenster, als sie ihres Liebsten Stimme hört, andernorts wird ein Walzer zum Erntedankfest aufgespielt. Das ist nicht spektakulär, vielleicht sogar hoffnungslos gestrig, doch das zu Grunde liegende Sentiment ist zeitlos. Das eine gutmütige Melodie vortragende Klavier in "Winnsboro Cotton Mill blues" scheint sogar die Kräfte an den Tisch zu laden, die nach seiner Zerstörung trachten und ist auch im abschließenden "Drinking of the wine" der Mutmacher, der einen nächsten Morgen gewiss erscheinen lässt. Und wenn dem nicht so ist: Wer sagt denn, dass nicht jemandem im Angesicht des Untergangs im letzten Moment noch ein guter Witz einfällt?. Also, "drink the wine / the holy wine."
Highlights
- The river St. Johns
- Michael was hearty
- Winnsboro Cotton Mill blues
Tracklist
- The river St. Johns
- Michael was hearty
- Oh Captain
- Three ravens
- Jubilee
- Winnsboro Cotton Mill blues
- The rainbow willow
- 16-20
- Drinking of the wine
Gesamtspielzeit: 41:00 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Mic |
2019-06-09 23:05:28 Uhr
Mir gefällt es gut. Bissl zu kitschig manchmal, aber wahrscheinlich ist das gerade der Reiz der Songs. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28011 Registriert seit 08.01.2012 |
2019-06-06 11:39:50 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
Bonnie 'Prince' Billy; Michael Chapman; Howe Gelb; The Avett Brothers; Will Oldham; Bill Callahan; Lambchop; Vic Chesnutt; Giand Sand; M. Ward; Willard Grant Conspiracy; Songs: Ohia; Jim White; James Elkington; David Rawlings; Ryley Walker; Nathan Salsburg; Nathan Bowles; Willie Watson; Scott Hirsch; William Tyler; Doug Paisley; Glenn Jones; Chris Forsyth; Meg Baird; Tindersticks; Sun Kil Moon; Wilco; Jeff Tweedy; Damien Jurado
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