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Stef Chura - Midnight

Stef Chura- Midnight

Saddle Creek / Rough Trade
VÖ: 07.06.2019

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

I hear you

Wachsendes Selbstbewusstsein ist etwas, das man bei Musikerinnen gerne beobachtet. Besonders toll, wenn neu gewonnene Klarheit die Kunst nicht bequemer macht oder nach Kompromiss riecht. Stef Chura, Detroits vielleicht aufregendste Stimme in Sachen Rockmusik aktuell, hat aus der Unordnung ihres letzten Albums, passend "Messes" betitelt, so ihre Lehren gezogen. Bestes Beispiel: Ihr Gesang, vordem versteckt zwischen den anderen ruppigen Klängen, steht jetzt, auf "Midnight", deutlich kräftiger im Zentrum. Man merkt nun, diese junge Dame hat ein besonderes Organ, und es kommt die Frage auf, ob sich hier Jenny Lewis und Karen O die Stimmbänder teilen. Eingebettet ist dies in einen Indie-Rock, der sich seine schroffen Kanten vom Grunge holt und den Riot Grrrls der Neunziger seine Ehre erweist. Herrlich scheppernd, in Verzerrung und Feedback badend die Gitarren, bekommt man Ohrwürmer geschenkt mit blutigen Knien und Ellenbogen. Produziert hat Will Toledo von Car Seat Headrest, das ungemütliche Setting mag da gleich weniger überraschen.

"All I do is lie" wärmt sich zunächst noch etwas mit dezent ausgeleierten Gitarren auf, doch der knarzige Ausbruch kommt, eine angerostete Euphorie macht sich breit, und man wird schlussendlich von Churas mantraartiger Kampfansage in den Schwitzkasten genommen: "If you do it to me / I don't care / I can do it to you / I can do it to you too." Chura steckt nicht zurück, behält die Autorität in Songs, die vor schrundiger Vehemenz auseinanderzubrechen drohen. Das ruppige Stop and Go von "Scream" mündet im mit Nachdruck hervorgebrachten Wunsch "If only you could hear me scream", aber da braucht sich Chura keine Sorgen zu machen, man hört sie gut. Schreien ist phasenweise auf "Midnight" wörtlich zu nehmen, Chura artikuliert ihre seelische Bedrängnis manchmal einfach mit einem angeschossenen Heulen oder Jaulen, eindringlich und direkt. "Degrees" schafft darüber hinaus das Kunststück, die Ruhe einer weiten Landschaft mit schleppender Rhythmik und tändelndem Gitarrenspiel im Refrain in einen Gischt spuckenden Ozean zu verwandeln.

Ein willkommener Exot in all dem Drunter und Drüber aus noisigen Gitarrenfiguren ist das klaviergesponserte "Trumbull", das latente Verzweiflung mit aufgeweckter Melodik paart, Abstecher ins Vaudeville auf den letzten Metern inklusive. Chura schafft es eben immer wieder, zu verblüffen. Das mit kantiger Rhythmik am Stock gehende "Method man" holt sich inmitten der leiernden Riffs sogar etwas Pop-Zutraulichkeit ab, und "Sincerely yours", als ermatteter Abgesang startend, öffnet die Tore zu einem noisigen Sperrfeuer mit wuchtigen Drums. "3D girl" ist dagegen fast schon Bubblegum-Punk, wenn man über die gebrochenen Gitarrenhälse und den fatalistischen Unterton hinwegsieht. Im letzten Drittel gibt es noch einmal zwei besondere Schmankerl. Wenn sich Toledo zu Chura in "Sweet sweet midnight" hinzugesellt, um sich gemeinsam aus der Lethargie reißen zu lassen, ist dies genauso ein Highlight wie die starke Version von Billy Idols "Eyes without a face". Chura interpretiert den Song aufregend neu, als erschöpften Grunge-Kehraus, lässt aber das Original immer skurril durchscheinen. Und so verwundert es nicht, dass sie all diesen sperrigen Köstlichkeiten aus ganzem Herzen ihre Stimme gegeben hat.

(Martin Makolies)

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Highlights

  • All I do is lie
  • Sweet sweet midnight
  • Eyes without a face

Tracklist

  1. All I do is lie
  2. Scream
  3. Degrees
  4. Method man
  5. Trumbull
  6. Jumpin' Jack
  7. Sincerely yours
  8. 3D girl
  9. Sweet sweet midnight
  10. Love song
  11. They'll never
  12. Eyes without a face

Gesamtspielzeit: 42:39 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
oliver
2019-06-10 16:40:40 Uhr
find ich total geil. erinnert mich an tori amos.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27853

Registriert seit 08.01.2012

2019-06-06 11:38:08 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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