Charly Bliss - Young enough

Lucky Number / Rough Trade
VÖ: 10.05.2019
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

The sweetest poison
Power-Pop in dezent schrottiger Schräglage, das waren Charly Bliss anno 2017 mit ihrem Debütalbum "Guppy". Der New Yorker Vierer schien fast pflichtschuldig einige Schmutzränder in die infektiösen Ohrwürmer einarbeiten zu wollen, einfach nur Pop, das traute sich die Band um das Geschwisterpaar Eva und Sam Hendricks noch nicht so ganz. "Young enough", der Nachfolger, ist nun jedoch um einiges polierter, die umarmenden, selbstbewusst dargereichten Melodien stehen front and center auf dieser Platte, die jedoch immer noch die Energie von gitarrenbetriebener Musik aufweist. Es ist generell eine reizvolle Paarung, die sich hier darbietet: Hooks, die sich mit Schwung und einfacher Lust in den Gehörgängen einnisten, treffen auf Abgründiges, mit Zweifeln Behaftetes auf der Textebene. Da inszeniert sich "Blown to bits" mit Synthie-Signal-Feuer, Motivations-Drums und schnittigen Riffs als der perfekte Auftakt für eine energetische Stadion-Rock-Show aus den Achtzigern. Eva Hendricks besingt aber den Moment, in dem das gesamte eigene Leben mit allen Sicherheiten zusammenbricht.
Auch "Under you" ist ambivalent, an und für sich ein romantisch aufgeladener Pop-Punker mit reichlich melodischem Schmachten, bezeugt er dennoch auch das Ausgeliefertsein in einer Liebesbeziehung, welches einen ebenso als ausgenutztes Opfer zurücklassen kann. "Everytime you say my name / I think it's a mistake / How can I believe that you are real?" So was belächelt man dann gerne als die überdramatisierte Problemsituation eines schwärmerischen Teenagers, doch lauern dahinter existentielle Fragen: "Wie weit kann man auf das Gegenüber zugehen, ohne sich selbst zu verlieren?", oder "Wie viel Selbstbehauptung bin ich mir schuldig?" Auf epische Erkundungstour in die Ritzen der zwischenmenschlichen Romantik geht der Titelsong, erst noch mit fluffig hüpfendem Bass ganz luftig und schwelgerisch, spitzt sich das Stück schlussendlich zum Arcade-Fire-Dramakursus mit gen Himmel strebenden Instrumenten auf, boah!
Auch das vordergründig mit dem Popfuß wippende "Chatroom" besitzt trotz Synthie- und Gitarrenfußspuren in Neontönen ins Dunkle abdriftende Inhalte, wenn das Umgarnen zu einem Belagern und Unter-Druck-Setzen wird. Es fällt phasenweise schwer, den Ernst in solchen Textpassagen zu würdigen, auch "Camera" hat einfach solch gutmütig dahinstromernde Gitarren und geschmeidige Gesangspassagen, dass man sich mit den Songs zudecken oder auf ihnen einer Welle gleich reiten möchte. Doch man weiß ja noch aus der Kindheit: Die bittere Medizin bekommt man schon mal mit reichlich Zucker verabreicht.
Highlights
- Blown to bits
- Young enough
- Chatroom
Tracklist
- Blown to bits
- Capacity
- Under you
- Camera
- Fighting in the dark
- Young enough
- Bleach
- Chatroom
- Hurt me
- Hard to believe
- The truth
Gesamtspielzeit: 39:02 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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MM13 Postings: 2470 Registriert seit 13.06.2013 |
2019-05-18 14:34:42 Uhr
klasse!die barbiestimme ist erstmal gewöhnungsbedürftig,das album macht aber richtig gute laune.irgendwo zwischen blondie,primitives und transvision vamp. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28275 Registriert seit 08.01.2012 |
2019-05-16 20:21:32 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
Illuminati Hotties; Tacocat; Swearin'; Speedy Ortiz; Weakened Friends; All Dogs; Chastity Belt; Dilly Dally; Great Grandpa; Diet Cig; Adult Mom; Forth Wanderers; Daddy Issues; Ian Sweet; Remember Sports; Camp Cope; Dude York; The Courtneys; Beach Bunny; Cherry Glazerr; Frankie Cosmos; Mothers; Waxahatchee; Hop Along; Lala Lala; Jay Som; Weezer; The Presidents Of The United States Of America; Everclear; Big Star; Guided By Voices
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