Marina - Love + fear

Atlantic / Warner
VÖ: 26.04.2019
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 3/10

Diamonds are not forever
Bevor es zur Sache geht, möchte sich der Rezensent vorgreifend um die richtige Einordnung seiner Wertung bemühen: Den bisherigen, auf Plattentests.de ausschließlich mit 5/10 bewerteten Marina-&-The-Diamonds-Alben hätte er je einen bis gar drei Punkte mehr zugestanden, weswegen sich "Love + fear" klar als ihre schwächste Platte darstellt. Dabei waren die Vorzeichen vielversprechend: Marina Diamandis strebt nach mehr Authentizität, versteckt sich nicht mehr hinter ausgetüftelten Kunstfiguren und hat ihr Alias auf ihren reinen Vornamen reduziert. Dieser auch auf dem Cover angedeuteten Nacktheit stellt sie hochgesteckte Ambitionen entgegen und zieht ihr viertes Album als zweigeteiltes Konzeptwerk auf, das durch die Augen zugänglichen Synthie-Pops zwei der ursprünglichsten menschlichen Emotionen beleuchten soll. Damit bleibt Marina ein eindrückliches Beispiel für Autonomie im Pop-Geschäft, doch die Umsetzung ihrer Ideen gelingt nicht vollständig.
Der Opener "Handmade heaven" weiß als solides Lorde-Rip-Off noch zu gefallen, etabliert den Optimismus und die Naturverbundenheit, die den ersten Teil namens "Love" prägen sollen. Da, wo die Liebe gefeiert wird, da schwirren fröhliche Drosseln umher, da werden sich Blumen in die Haare gesteckt und Orangenbäume als Zuflucht gesucht – doch die billige Tropenclub-Atmosphäre von "Orange trees" wirkt ebenso befremdlich wie das unentschuldbar schlechte "Baby". Ja, Marina hat ein Feature mit "Despacito"-Sänger Luis Fonsi aufgenommen und ja, genauso klingt der Song auch. Der eigentlich hübschen Synthie-Ballade "Superstar" fällt als Refrain nur ein blöder Disco-Drop ein, während die hedonistische Achtziger-Madonna-Würdigung "Enjoy your life" zwar Spaß macht, allerdings auch ein Problem auf den Punkt bringt: Die "neue" Marina kommt ohne ihre Personae erschreckend charakterlos rüber, wie ein Konvolut diverser Pop-Stars der letzten 40 Jahre Musikindustrie.
Weil Liebe und Angst zwei miteinander verschlungene Emotionen sind, stellt sich auch schon die erste Albumhälfte nicht als purer Freudentaumel dar. "True" thematisiert Unsicherheiten, bleibt aber zu platt, um als Selbstakzeptanz-Ode wirklich Effekt zu erzielen. "To be human" macht es da – nicht nur wegen textlicher Obskuritäten wie eines Namedroppings Wladimir Lenins – deutlich besser, bereitet damit perfekt auf den vielfach stärkeren "Fear"-Teil vor. "I need to believe in love", singt die Waliserin paradoxerweise zu Beginn, gibt sich hier oder im melancholischen Glitzerschleier von "Too afraid" so der Verletzlichkeit preis, dass das Versprechen von mehr Offenheit doch noch erfüllt wird. Ästhetisch bewegt sich das Album zwar auch hier nicht vom simplen Electro-Pop weg, doch der etwas unterkühltere Ton bildet die Intimität gut ab. Nur "No more suckers" fällt etwas aus der Reihe, hätte als selbstbewusste Abrechnung eher "Love" aufwerten sollen.
"Fear" kann sich zwar auch einen kleinen Vorwurf der Gleichförmigkeit gefallen lassen, bringt aber Marinas Eigenarten besser rüber als der vorhergegangene Teil: die melodische Verspieltheit im tollen "Life is strange", ihr charakteristisches "Oh my god!" in "Karma" oder das leicht Roboterhafte in ihrer Stimme, das von der an Imogen Heap erinnernden Produktion in "You" gedoppelt wird. Letzteres passt auch inhaltlich, da zur Reflexion von Emotionen auch die Frage gehört, ob man diese überhaupt zulassen soll. So entschließt sich die Protagonistin in "Emotional machine" zum bewussten Gefühlstod, abgebildet in einer metallisch glänzenden Fembot-Hymne, die sich eine Robyn nicht besser hätte ausdenken können – ein wahnsinnig großes Highlight und einer von Marinas besten Songs. Da ist es fast schon ärgerlich, dass auch der Abschluss mit der Piano-Ballade "Soft to be strong" gelingt, weil diese nur eine gelungene Konzepthälfte abrundet, deren schwächeres Gegenstück leider mehr verhindert. Diese Art von Dualismus hatte die Künstlerin wohl eher nicht im Kopf.
Highlights
- To be human
- Life is strange
- Emotional machine
Tracklist
- CD 1
- Handmade heaven
- Superstar
- Orange trees
- Baby (Clean Bandit feat. Marina & Luis Fonsi)
- Enjoy your life
- True
- To be human
- End of the Earth
- CD 2
- Believe in love
- Life is strange
- You
- Karma
- Emotional machine
- Too afraid
- No more suckers
- Soft to be strong
Gesamtspielzeit: 56:08 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Edrol Postings: 394 Registriert seit 19.10.2018 |
2019-05-02 21:54:26 Uhr
Ja, "Fear" ist die deutlich bessere Hälfte; sie läuft auf Dauerrotation bei mir. Es mag tatsächlich ihr schwächstes Album mit den wenigsten Ecken und Kanten und einem stellenweise willkürlichen Konzept sein, und doch strahlen ihre Melodien immer noch heller als die anderer Popstars. Ich mag sie einfach. Lieblingssongs: Handmade Heaven To Be Human You Emotional Machine Soft To Be Strong 6/10 |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 24605 Registriert seit 08.01.2012 |
2019-05-02 20:22:38 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 24605 Registriert seit 08.01.2012 |
2019-03-22 19:34:36 Uhr - Newsbeitrag
Veröffentlicht neue Single "Orange Trees". Das zweiteilige Album "LOVE + FEAR" erscheint am 26. APRIL "I wrote “Orange Trees” about the island that my family and I are from in Greece. It’s called Lefkada and it’s my favourite place in the world... I always feel at peace there. It’s like my body/ biology recognises I’m back home. Hope this song makes your summer sweeter than ever." Die gefeierte Pop-Visionärin MARINA hat den langersehnten Lead-Track „Orange Trees“ ihres kommenden, vierten Albums „LOVE + FEAR“ veröffentlicht. Die unbeschwerte Electropop-Hymne ist heute samt einem offiziellen Video erhältlich. „Orange Trees“ stammt aus der „LOVE“-Sammlung des zweiteiligen Album-Sets. Produziert von Pop-Powerhouse Oscar Gorres für Wolf Cousins Productions (Britney Spears, Taylor Swift, Maroon 5) und gemeinsam geschrieben von MARINA, Gorres, Jakob Jerlstrom und Erik Hassle, erzählt „Orange Trees“ auf wunderschöne Weise von einer Sehnsucht, in den Naturwundern der Erde zu schwelgen. Das offizielle Video, gedreht in Mexiko mit der Grammy-ausgezeichneten Regisseurin Sophie Muller, sprudelt vor farbenfroher, himmlischer Energie und fängt die Stimmungen und Themen von „Orange Trees“ mit einer sommerlichen mexikanischen Kulisse ein. „Orange Trees“ markiert die jüngste Veröffentlichung von MARINAs kommendem Album „LOVE + FEAR“. Sie folgt auf die hinreißenden, zuvor veröffentlichten Tracks „Handmade Heaven“ und „Superstar“. MARINA kündigte diese Woche an, dass sie für ein spezielles einmaliges Event in der The School of Life erscheinen wird. Betitelt „Life Lessons with MARINA“, wird sie sich darin mit der Psychologin Tanya Byron unterhalten. Dabei wird sie unter anderem über die Entstehung ihres neuen Albums sprechen und wie der Prozess ihr dabei geholfen hat, ihre Lebenserfahrungen bis zum jetzigen Punkt zu reflektieren. Der Talk findet am 5. April im The Emmanuel Centre in London statt. Die „LOVE + FEAR“-Tour startet im April im UK und umfasst u.a. ausverkaufte Performances in der prestigeträchtigen Royal Albert Hall, Glasgows O2 Academy und dem Apollo in Manchester. Anschließend wird die Tour in Nordamerika fortgesetzt, wo sie im September und Oktober durch die USA und Kanada reist. |
Sam |
2019-02-17 17:11:01 Uhr
Bin gespannt. Handmade heaven klingt irgendwie nach Froot-Ära, aber da hab ich nix dagegen... |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 24605 Registriert seit 08.01.2012 |
2019-02-14 22:40:08 Uhr - Newsbeitrag
DIE POP- INNOVATORIN HAT IHR NEUES ALBUM "LOVE + FEAR" FÜR DEN 26. APRIL ANGEKÜNDIGT. Die vielfach Platin-ausgezeichnete Pop-Innovatorin MARINA hat ihr sehnlich erwartetes neues Albums "LOVE+FEAR" angekündigt, das am 26. April erscheinen wird. "LOVE+FEAR" ist ein Album, das in zwei Abschnitte mit je acht Songs unterteilt ist. Es folgt auf das von der Kritik gefeierte Werk "FROOT" (2015) und ist MARINAS insgesamt viertes Studioalbum. "LOVE+FEAR" sind gleichermaßen üppige, lebendige und kraftvolle Darstellungen der beiden größten emotionalen Antriebskräfte menschlicher Empfindungen. LOVE ist erfüllt von dem Wunsch, das Leben zu genießen, und einem Verlangen nach Vereinigung und Empowerment, in FEAR vertieft sich MARINA in Fragen der Sinnsuche und innerer Unsicherheiten, wobei auch Themen wie Geschlechterungleichheit und – auf einer breiteren Ebene – Machtmissbrauch berührt werden. "LOVE+FEAR" sind Deklamationen, die diese polarisierenden Seiten der menschlichen Natur beleuchten. MARINA verbrachte die vergangen zwei Jahre damit, in London, Schweden und L.A. neue Songs zu schreiben und aufzunehmen. Die Arbeiten fanden mit angesehen Namen wie Noonie Bao, Sam De Jong, Oscar Görres, Camille Purcell, Justin Parker und Joe Janiak statt. Mit der Albumankündigung hat MARINA auch eine Reihe von Tourdates für das Vereinigte Königreich UK und Nordamerika bestätigt, beginnend mit Konzerten im UK im Mai und gefolgt von zahlreichen Nordamerika-Shows im September und Oktober. |
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Referenzen
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Surftipps
- http://www.marinaofficial.co.uk/
- http://www.atlanticrecords.com/artists/marina-and-the-diamon ds
- https://www.warnermusic.de/marina
- https://de.wikipedia.org/wiki/Marina_(S%C3%A4ngerin)
- https://en.wikipedia.org/wiki/Marina_and_the_Diamonds
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- https://www.discogs.com/de/artist/7020086-Marina-75
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- https://www.allmusic.com/artist/marina-mn0003509515
- https://pitchfork.com/artists/marina/
- https://www.laut.de/Marina
- https://musicbrainz.org/artist/7f3d82ee-3817-4367-9eec-f33a3 12247a1
- https://rateyourmusic.com/artist/marina-6
- https://www.dazeddigital.com/music/article/43131/1/marina-an d-the-diamonds-name-change-new-music-interview
- https://www.musikexpress.de/marina-im-interview-ich-hatte-mi t-meiner-musikkarriere-schon-abgeschlossen-1232205/
- https://www.billboard.com/articles/columns/pop/8505849/marin a-interview-love-fear
- https://www.thefader.com/2019/03/22/marina-diamandis-love-an d-fear-interview-new-album-2019-orange-trees-handmade-heaven
- https://www.vogue.com/article/marina-diamondis-love-and-fear -interview
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