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Idlewild - Interview music

Idlewild- Interview music

Empty Words / Membran
VÖ: 26.04.2019

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Aus allen Poren

Roddy Woomble, Rod Jones und Colin Newton haben 2017 Geburtstag gefeiert. Ihren eigenen vielleicht, vor allem aber sich an die Zeit des Idlewild-Geniestreichs "The remote part" erinnert, zu dessem 15. Wiegenfest. Mit Luciano Rossi und Andrew Mitchell haben die Glasgower nun zwei neue Mitstreiter an Bord. Dass ihr neues Album "Interview music" allerdings das Licht der Welt erblickt, ist zu einem nicht kleinen Anteil auf eine Begegnung mit ihrem früheren Produzenten Dave Eringa zurückzuführen, der einige zum Teil schon seit langer Zeit geschriebe Songs mit der Band finalisierte. An "Everything ever written" war Eringa nicht beteiligt, und rückblickend kann man festhalten, dass Idlewild mit jener Comeback-Platte im Jahr 2015 noch so ein wenig dem Bild eines erfahrenen, allerdings nach längerer Verletzungspause noch nicht voll auf der Höhe agierenden Profi-Fußballers nahekamen. Band wie Zuhörer ließen jene Platte lange auf sich wirken, doch mit der Zeit verfestigte sich der Eindruck, dass man nicht wirklich aus dem Quark kam.

Die gute Nachricht: Mit "Interview music" sind Idlewild kompositorisch auf einer lang nicht erreichten Höhe und ebenso dort angekommen, wo ihr Neuanfang nach der längeren Pause vor vier Jahren eigentlich hätte hinführen sollen: mit neuen Ideen, mit Frische, mit breitgefächertem Sound - aber ohne die typische DNA ad acta zu legen, die zugleich wärmenden wie kratzenden Momente, die nur Idlewild so hinbekommen. Gleich zum Auftakt positionieren die Schotten zwei leichtfüßige Schwergewichte ihres Könnens: "Dream variations" kombiniert wohltarierten Stampftakt, fuzzy Gitarrenriffs und mehrstimmigen Gesang mit einem wunderbar aufgelegten Woomble am Mikro. Schon hier drängt die neue Spielfreude aus allen Poren, bevor das Stück vor lauter Selbsbewusstsein in eine Damon-Albarn- wie Alex-Turner-eske Waltz-Pop-Nummer abdriftet.

Diesen Schwung münzt das tanzbare "There's a place for everything" in eine sonnengeflutete Nachmittagsparty um, auf der ein feiner Synthielauf den Ton angibt und die bewährte Idlewild-Ohrwurm-Hamonie für die besonderen Momente sorgt. Natürlich nicht ohne Motto des Gastgebers, das auf der Lebenserfahrung fußt: "If you believe in values / Obligations aren't always everything." Gar leicht übermütig schlägt das Titelstück im Anschluss seine Haken, nachdem es sich von einem windschiefen Popsong zum leicht schnaubenden Synthierocker gewandelt hat. Aber nur, um dem schönen "All these words" den verdienten Teppich auszulegen, weil es Erinnerungen an melancholische Indie-Perlen wie "American English" weckt. Ein sehr starkes erstes Drittel!

Die folkige, gediegene und experimentelle Seite des Vorgängers legen Woomble & Co. allerdings nicht gänzlich ab, der Unterschied jeoch ist: Sie lassen das feine, von Piano-Sprenkeln geleitete und mit The War On Drugs flirtende "I almost didn't notice" wunderbar träumerisch in die Landschaft schweifen, geben den roten Faden aber nie aus der Hand. Das gilt auch für das unterhaltsame "Mount Analogue", das mit enthusiastischen Bläser-Einlagen und schiefen Gitarren einen auf schräge Rockgöre macht – auch hier sind Blur nicht fern. Country-getünchte Mini-Rocker wie "Miracles" lockern zwischendrin die Atmosphäre auf, und dann hauen Idlewild mit "Same things twice" tatsächlich einen knarzigen Grunge-Rock-Ohrwurm raus, als wäre der Kalender auf der Zahl 2002 stehengeblieben. Für alle Fans, die an den Geburtstagskater der beiden ersten Platten noch länger erinnert werden möchten. Und auch wenn Woomble zwischendurch mal der Kitsch-Gaul durchgeht, wie im recht penetranten "Forever new", überrascht dieses Album mit multi-instrumentaler Kurzweil, überschäumendem Ideenreichtum und unverhofften Wendungen über nahezu die gesamte Spielzeit. Nicht nur deswegen wird man sich rückblickend gern an "Interview music" erinnern.

(Eric Meyer)

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Highlights

  • Dream variations
  • There's a place for everything
  • Same things twice
  • I almost didn't notice

Tracklist

  1. Dream variations
  2. There's a place for everything
  3. Interview music
  4. All these words
  5. You wear it secondhand
  6. Same things twice
  7. I almost didn't notice
  8. Miracles
  9. Mount Analogue
  10. Forever new
  11. Bad logic
  12. Familiar to ignore
  13. Lake Martinez

Gesamtspielzeit: 46:24 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

jo

Postings: 5657

Registriert seit 13.06.2013

2024-02-21 21:38:42 Uhr
Also, "Post Electric Blues" mochte ich noch ziemlich... Aber "Everything Ever Written" wäre für mich auch eher hinten in der insgesamt aber auch sehr tollen Diskografie. Ich stimme aber zu, dass "Interview Music" wieder weitaus besser war. Schade nur, dass seitdem bis auf Jubiläumstouren und Solosachen noch nichts wirklich Neues entstanden ist.

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 19947

Registriert seit 10.09.2013

2024-02-21 19:50:38 Uhr
Jo, ist für mich auch klar ihr bestes "Spät"werk. "Same things twice" und "Lake Martinez" können sogar mit ihren besten Songs überhaupt mithalten.

kingsuede

Postings: 4072

Registriert seit 15.05.2013

2024-02-21 19:36:53 Uhr
Muss ich mal wieder hören. Zumindest ist Interview Music hörbarer als die beiden unmittelbaren Vorgänger, was jetzt aber auch nicht als wirklich große Leistung gewertet werden kann, fallen doch sowohl Post Electric Blues als auch Everything Ever Written deutlich in der Diskographie ab.
Neuer Name
2019-04-25 21:42:01 Uhr
Prima Rezension. Freut mich sehr, dass es noch geklappt hat - und natürlich auch, dass die Band weiterhin einige Freunde in der Redaktion zu haben scheint ;). Hat sie sich mit dem Album allerdings auch wirklich verdient.

Schade, dass mein Name (Aber_) nicht mehr funktioniert - daher die Abwandlung...

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2019-04-25 20:38:44 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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