Anderson Paak - Ventura
Aftermath / 12 Tone Music / Rykodisc / Warner
VÖ: 12.04.2019
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Unter der Sepia-Sonne
"Das bist doch nicht Du" heißt nicht nur ein Song von Howard Carpendale, es ist auch ein Satz, den sich Anderson Paak zuletzt sicher häufiger anhören musste. "Oxnard" markierte eine Zäsur, machte aus dem charmanten Beach-Boy einen latent arroganten Rapper mit Hang zum Protz und verlor sich auch musikalisch in seiner gestiegenen Ambition. Vielen Fans stieß das sauer auf, weswegen das ein halbes Jahr später nachgeschobene "Ventura" wie eine Wiedergutmachung wirkt. Als solche kann es zwar nicht konzipiert sein – tatsächlich entstand das Album zeitgleich zum Vorgänger –, doch der junge Kalifornier zeigt sich hier weitaus emanzipierter vom Einfluss seines Förderers Dr. Dre. Wieder auf dem Boden und bei seinem charakteristischen Retro-Soul angekommen, reflektiert er etwa in "Yada yada" bescheiden seinen bisherigen Werdegang: "Lo and behold, my little one / I've been gone for far too long / If I ever take this life for granted, you showed me just how dumb."
Mit Trommelwirbeln führt sich "Come home" großspurig ein, doch das organische, harmonische Arrangement mit Jazz-Flöten und hellen Chören gibt sich selbst ganz viel Luft zum Atmen. Paak hat seine Vorbilder von Funkadelic bis Outkast schon immer offen vor sich her getragen und so ist es mehr als passend, dass André 3000 hier selbst ein paar wahnwitzige Verse beisteuern darf – ein Kontrast, aber einer, der sitzt. "Ventura" strebt vor allem nach Beständigkeit, auch in der Liebe, Paak gockelt nicht mehr von Blowjobs in fahrenden Autos, sondern versucht in "Make it better" eine langfristige Beziehung vor dem Aus zu retten. Unterstützt von Motown-Legende Smokey Robinson kooperieren hier zwei Größen des alten und neuen Soul in einem wohlig-anschmiegsamen Genre-Stück. Selbst wenn das knappe "Good heels" eine kleine Anekdote der Untreue erzählt, geschieht das eher mit einem amüsierten als einem prahlerischen Unterton.
Passend zu seiner Rückbesinnung auf alte Tugenden profiliert sich Paak auch wieder verstärkt als Sänger. Wenn er doch mal rappt, dann nur um überraschende Reizpunkte zu setzen – mit seinen energischen Doubletime-Versen war inmitten der süßen Werbejingle-Vocals von "Winners circle" eher nicht zu rechnen. Auch "Chosen one" hat so einen Part – nicht das einzige Überbleibsel von "Oxnard". Es ist auch musikalisch das aufwändigste Stück von "Ventura", herausgehoben von hallenden Gitarren, einem plötzlichen Piano-Zwischenstück und virtuosem Bassspiel. An dieser Stelle sei auch die Produktion herauszustellen, die allen Instrumenten und Stimmen immer ihren Platz einräumt. Das Brandy-Feature "Jet black" schielt indes vielleicht etwas zu sehr in Richtung der Strahlkraft vergangener Hits wie "Tints", verdient sich als deutlichster Pop-Song der Platte aber auch das Recht, aus offenen Fenstern in der erdballweiten Mittagssonne von Kalifornien bis Mittelfranken zu ertönen.
Und trotzdem lässt sich nicht endgültig von einer Rückkehr zur alten Form sprechen. "King James" konzentriert das, was dem Rest des Albums manchmal fehlt: Ganz im Geiste eines Marvin Gaye oder Curtis Mayfield ist es ein politischer Protestsong im Gewand einer treibenden Funk-Nummer, in der Paak seine aufrichtige Bewunderung für den Aktivismus LeBron James' ausdrückt. Nicht immer kann er seine Genre-Blaupausen mit so viel Leben füllen, dazu fallen ein paar einzelne Songs runter. Es gibt keinen Grund, warum die Disco-Verbeugung "Reachin' 2 much" sechs Minuten lang sein muss, und der von Pharrell produzierte Bläser-Beat in "Twilight" geht schon beim ersten Hören auf die Nerven. Paak mag wieder näher bei sich sein, doch die Eigenständigkeit und Persönlichkeit, die "Malibu" bei aller Nostalgie so stark machten, kommen auf "Ventura" nicht vollständig raus. Da hilft es auch nichts, dass für den Closer "What can we do?" sogar Nate Dogg seine Stimme aus dem Totenreich erhebt – es ist zwar wieder Sommer bei Anderson Paak, doch der war auch schon mal wärmer.
Highlights
- Come home (feat. André 3000)
- King James
- Chosen one (feat. Sonyaè Elise)
Tracklist
- Come home (feat. André 3000)
- Make it better (feat. Smokey Robinson)
- Reachin' 2 much (feat. Lalah Hathaway)
- Winners circle
- Good heels (feat. Jazmine Sullivan)
- Yada yada
- King James
- Chosen one (feat. Sonyaè Elise)
- Jet black (feat. Brandy)
- Twilight
- What can we do? (feat. Nate Dogg)
Gesamtspielzeit: 39:40 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Frage ich mich |
2019-04-18 21:50:32 Uhr
Ist schon en gutes Stück besser als Oxnard.Ne 7/10 wäre da schon drin gewesen. Hätte man beide Alben fusioniert und die schwachen Songs rausgenommen wäre das ein sehr guter Nachfolger zu Malibu geworden. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27644 Registriert seit 08.01.2012 |
2019-04-18 21:00:04 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
Prince; Marvin Gaye; Curtis Mayfield; Stevie Wonder; Sly & The Family Stone; Isaac Hayes; Outkast; Childish Gambino; Donny Trumpet & The Social Experiment; Blood Orange; Bruno Mars; Frank Ocean; BJ The Chicago Kid; NxWorries; The Internet; Smino; SZA; Ravyn Lenae; Noname; Hiatus Kaiyote; Erykah Badu; Janelle Monáe; Sa-Ra; Maylee Todd; Funkadelic; Parliament; Kendrick Lamar; Dr. Dre; Chance The Rapper; Mac Miller; Rejjie Snow; Aminé; A$AP Rocky; Vince Staples; Earl Sweatshirt; IsaiahRashad; GoldLink; Kaytranada; Kanye West; Kamasi Washington; The Roots; Flying Lotus; Tokimonsta; Michael Jackson; Jamie Woon
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