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The Chemical Brothers - No geography

The Chemical Brothers- No geography

Virgin / Universal
VÖ: 12.04.2019

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

The need for speed

Vroom!

Das waren mal eben 15.000 Beats pro Minute. In etwa so viele Umdrehungen bringt ein Rad an einem Formel-1-Wagen auf die Piste – und nicht viel anders klingt's im Video ja auch. Dass The Chemical Brothers ihren Song "We've got to try" im Dienste der Turbosport-Promotion remixen, erscheint angesichts des zugehörigen neunten Albums "No geography" ungemein stimmig, denn nicht selten wähnt man sich im Soundtrack eines beliebigen Rennspielklassikers der Neunzigerjahre. Die beiden Elektro-Veteranen aus Manchester seien zu ihren Ursprüngen zurückgekehrt, heißt es, ohne das Brimborium drumherum. Tatsächlich ist die Gästeliste im Vergleich zur Drehtür des Vorgängers "Born in the echoes" oder gar den Klassikern "Dig your own hole" und "Surrender" ziemlich geschrumpft. Die talentierte norwegische Nachwuchskraft Aurora taucht immer wieder am Mikro auf, der japanische Rapper Nene polstert den Opener "Eve of desctruction" aus. Hauptsächlich stützen sich Tom Rowlands und Ed Simons aber auf Sample-Konfetti zur Unterfütterung.

Das führt auch dazu, dass der songorientierte Aufbau von "Born in the echoes" einem Soundteppich weicht, der eher als Endlosmix anstatt als Hitparade fungiert. Der hat durchaus seine ekstatischen Momente, etwa wenn "Got to keep on" in der Mitte seinen Gospel-Dance vergisst, um standesgemäß draufloszubrutzeln. "MAH" – kurz für "mad as hell" – drillt die Füße mit dem paranoiden Shout-Sample von alleine Richtung Dancefloor und lässt die Wände noch einmal richtig beben. Und auch die einleitende Suite aus drei Stücken weiß trotz verhaltenem Beginn zusehends ihre Reize einzusetzen und gipfelt im befreit klingenden Titeltrack, der zwischen pathetischem Ratgeber-Gesabbel und psychedelischer Eskalation alterniert. The Chemical Brothers fahren dabei tatsächlich allerdings weniger eine Besinnung aufs Frühwerk, sondern vermischen ihre üblichen Big-Beat-Kompositionen mit den jammigen Momenten von !!! oder den jüngsten Studioeskapaden von Soulwax.

Dass auf dem Sound von "No geography" bereits jetzt schon eine gewisse Patina liegt, ist dabei gar nicht das Problem – musikalische Zeitempfindungen sind schließlich eher im Begriff, sich aufzulösen. Dass dem Duo an vielen Stellen die Ideen ausgegangen sind, jedoch schon mehr. "Free yourself" schwächt mit den leider äußerst unmotivierten Vocals die Pumper-Attitüde des protzigen Beats, "The universe sent me" säuselt gerade so am Ohr vorbei. Allerorten warten hinter der dicken Produktion doch nur Genre-Standards. Da bringt auch der sehr hübsche, deutlich ruhiger aufgespannte Closer "Catch me I'm falling" den Karren nicht mehr ins Spitzenfeld: "No geography" ist letztlich nicht mehr als ein unterhaltsamer Instant-Snack, dessen Eindruck jedoch von kürzester Dauer ist und der nur wenige Momente ohne Abnutzung zu bieten hat. Man mag fast behaupten, dass der schwindelige, pfeilschnelle Remix dafür ein Omen war.

(Felix Heinecker)

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Highlights

  • Got to keep on
  • MAH
  • Catch me I'm falling

Tracklist

  1. Eve of destruction
  2. Bango
  3. No geography
  4. Got to keep on
  5. Gravity drops
  6. The universe sent me
  7. We've got to try
  8. Free yourself
  9. MAH
  10. Catch me I'm falling

Gesamtspielzeit: 46:50 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Croefield

Postings: 1710

Registriert seit 13.01.2014

2020-06-03 12:16:09 Uhr
Was MACHINA sagt, kann ich auch wirklich nur nochmal zu 100% unterschreiben. "We've got to try" ist für mich vielleicht sogar in den Top 10 Chemical Brothers-Songs, das ist einfach ein ziemlich perfekt (produzierter) Hammer.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 29815

Registriert seit 07.06.2013

2020-06-01 16:33:40 Uhr
Gestern aufgrund des Threads mal wieder gehört und gefällt mir auf voller Länge echt gut. Könnte gesamt wirklich ihr bestes seit 'Button" sein. Es passiert einiges. Highlight bleibt für mich klar "we've got to try".

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 29815

Registriert seit 07.06.2013

2020-05-30 21:04:01 Uhr
Kann ich einerseits ein Stück weit teilen. War damals in den 90ern neben Prodigy, Fatboy Slim, Propellerheads etc. diejenige elektronische Musik, die am heftigsten in einer nicht so weit von Punk und Alternative Rock entfernten Ästhetik auf die Glocke gehaut hat. Wird ja nicht umsonst oft als elektronische Musik für Rockhörer beschrieben und das ist ja auch per se gar nix Schlechtes.

Schön beschrieben. Ging mir ähnlich. Bin erst spät noch zu anders gelagerter elektronischer Musik gekommen. Ich würde übrigens noch Massive Attack dazu zählen, auch wenn die natürlich mehr Instrumente verwendeten als die hier genannten.

cipo

Postings: 24

Registriert seit 13.06.2013

2020-05-30 13:21:23 Uhr
Ja, beeindruckend, wie sie ihre eigene Nische geschaffen und darin durchgängig relevanten und qualitativ hochwertigen Output geschaffen haben.

Zur Zeit von Music for the Jilted Generation und Exit Planet Dust waren The Prodigy für mich die visionären Vorreiter und die Chemical Brothers waren irgendwie auch da (ich war auch noch sehr jung ;)). Aber während ich The Prodigy spätestens seit Always Outnumbered künstlerisch nicht mehr ernst nehmen kann (wozu auch ihre völlig überdrehten Live Shows beigetragen haben), sind die Brothers wirklich in Würde gealtert.

Croefield

Postings: 1710

Registriert seit 13.01.2014

2020-05-30 13:06:23 Uhr
Ja genau. Die sind für so - musikalisch vielleicht etwas in eine Einbahnstraße geratene - (Rock-)Musikhörer wie mich ein super "door oponer".
Big Beat ist da natürlich auch, wie erwähnt, sehr dankbar.

Wobei ich Anfang der 2000er auch eine sehr unangenehme Trance-Phase hatte, aber da war ich halt auch noch ein Kind. :D
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