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Katu Kaiku - Luna

Katu Kaiku- Luna

Svart / Cargo
VÖ: 29.03.2019

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Grenzgänger

Den idealen Gemütszustand des Menschen vergleicht Epikur mit dem ruhigen Meer. Der gesunde Mensch ist ausgeglichen, bei sich und frei von unnötigen Begierden. Das Cover von Katu Kaikus zweitem Album "Luna" zeigt nun eine Musikerin und zwei Musiker, die diesen Rat vollauf zu beherzigen scheinen. An der sonnigen Küste richten sich die Blicke in die Weite oder ins Gewässer. Vom Meeresidyll des Artworks sollte man sich jedoch nicht täuschen lassen. Die vermeintliche Ruhe weicht schon nach den ersten Hörminuten dem Wellengang, wächst mal zur Flut und verebbt in der nächsten Minute. Mit Epikur gedacht, erweisen sich Katu Kaiku also als echte Therapiefälle. Für Leute mit Faible für lebendigen Ambient-Jazz, der den eigenen Begleitfilm wie von selbst aufs innere Auge projiziert, ist die Band dagegen ein wirklicher Glücksgriff.

Ein erstes Ausrufezeichen setzen die Finnen mit der Vorabsingle "1000 sails". Mit scheinbarer Leichtigkeit erkundet die Band Grenzbereiche zwischen Melancholie und Euphorie, um anschließend mit einer derart verspielten Saxofonlinie um die Ecke zu kommen, dass sich sogar das amerikanische Jazz-Aushängeschild der 2010er, Kamasi Washington, warm anziehen dürfte. Dabei sind Katu Kaiku nicht im opulenten Orchestersetting, sondern im intimen Bandkontext beheimatet. Lärm machen können sie trotzdem, wie das treibende "Meteora" eindrucksvoll unter Beweis stellt. Zentrum des Stücks ist auch hier Saxophonistin Adele Sauros. Dennoch sind es Schlagzeuger Erik Fräki und Bassist Mikael Saastamoinen, die dem Song seine packende Dynamik verleihen. Ohne sich in den Vordergrund zu drängen, sorgen sie mit gezielt gesetzten Stopps und Rhythmuswechsel für gehörig Fahrtwind. Katu Kaiku funktionieren wie ein gut eingespieltes Fußballteam, bei dem sich die einzelnen Spieler_innen gegenseitig antreiben, aber im richtigen Moment keine Probleme damit haben, den Ball abzugeben. Wie die Amerikaner von The Cinematic Orchestra schreiben Katu Kaiku Filmmusik – allerdings nicht als bloßes Hintergrundgeräusch im Hollywood-Blockbuster, sondern als eigenständige Komposition, die gut ohne Drehbuch auskommt.

Gibt es neben sinnlicher Wahrnehmung auch so etwas wie sinnliche Erkenntnis? Katu Kaiku scheinen es wissen zu wollen und laden in "The colours of minds" zum knapp achtminütigen Erkundungsgang durch die menschliche Seelenwelt. Da schreit das Saxofon schon einmal – das Innenleben ist eben nicht immer eitel Wonne. Adele Sauros lässt teilhaben an hektischer Betriebsamkeit und gleichzeitigen Orientierungsversuchen, bei denen man zuweilen sogar die Atemzüge der Musikerin mitverfolgen kann. In "Last corals" greift Sauros auch als Sängerin zum Mikrofon und erzählt von verflossener Liebe die wortwörtlich nachklingt. Sauros versucht Gespräche zu rekapitulieren, so lange, bis sich die Instrumente losreißen und im letzten Songviertel noch einmal alles über den Haufen werfen. Zu viel Grübeln hilft schließlich auch nicht weiter.

Ihrem Stilprinzip bleiben Katu Kaiku auf Albumlänge treu und präsentieren ein ständiges Hin und Her zwischen Tagtraum und vorsichtiger Euphorie, zwischen Trübsinn und Aufbruchsstimmung. So gelingt es den Finnen, auch Tracks jenseits der Sechsminutengrenze zum spannungsgeladenen Hörerlebnis hochzusteigern. Selbst der wohl farbenprächtigste Track des Albums "Into the purple" offenbart nach einem leichten und ungebundenen Auftakt eine brütend bis skeptische Grundstimmung. Während die stark zurückgenommenen Instrumente im Mittelteil noch mit den Erwartungshaltungen der Hörer_innen spielen, setzen Sauros, Fräki und Saastamoinen schon zum nächsten Streich an. Das beschwingte Anfangsmotiv wird lediglich angedeutet und zum weitaus zaghafteren Ausklang umgeformt. Fräkis stark rhythmisiertes Schlagzeugspiel steht dabei im maximalen Kontrst zu Sauros' fließenden Melodien. Eines ist also sicher: Langeweile kommt mit Katu Kaiku nicht auf.

(Katharina Bruckschwaiger)

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Highlights

  • Meteora
  • Into the purple
  • 1000 sails

Tracklist

  1. Moon lake
  2. Quote you
  3. Meteora
  4. Into purple
  5. 1000 sails
  6. Last corals
  7. Escapism
  8. The colours of our minds

Gesamtspielzeit: 45:00 min.

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Armin

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Registriert seit 08.01.2012

2019-03-21 20:28:46 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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