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Avey Tare - Cows on hourglass pond

Avey Tare- Cows on hourglass pond

Domino / GoodToGo
VÖ: 22.03.2019

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Plötzlich nüchtern

Wenn man es einem Künstler schon als Zugeständnis an den Mainstream anrechnen muss, dass er nur eines seiner bisherigen Alben rückwärts aufgenommen hat, dann hat man es mit einem ganz besonderen Mitglied des Animal Collective zu tun. Das Pop-Verständnis von David Michael Portner alias Avey Tare unterscheidet sich nicht wesentlich von dem seiner Hauptband, wirkte verworren in Obskuritäten von Struktur und Sound – oder zuletzt auf "Eucalyptus"auch in Naturgeräuschen – aber immer noch undurchdringlicher. Das Präteritum ist hier wichtig, denn "Cows on hourglass pond", Portners drittes Solo-Album ohne Kollabo- oder Band-Zusatz, relativiert so einiges. Aufgenommen mit einer alten Tascam-48-Bandmaschine, die man heute öfter in Museen als in aktiven Tonstudios findet, wahrt er sich zwar einen Teil seiner Exzentrik, doch passt er auch die überraschend zugängliche Musik an seine sepia-gefärbte Nostalgieschau an. Die Horrorfilm-Geräusche des Interludes "Chilly blue", die eher zum Konzept von "Enter the slasher house" gepasst hätten, sind da noch das Merkwürdigste, was es in dieser Dreiviertelstunde auf die Ohren gibt.

Nicht falsch verstehen, Portner hat hier zwar gewissermaßen sein Singer-Songwriter-Album gemacht, eine Sammlung simpel geformter Electro-Folk-Stücke mit Strophe-Refrain-Schemata braucht man allerdings trotzdem nicht zu erwarten. Im Grunde hat er sein Klangbild wenig verändert und nur die Regler etwas verschoben – die Akustikgitarre steht etwas mehr als sonst im Vordergrund, dafür wurden die Effekte und Beats auf ein Minimum reduziert. Trotzdem ist der Unterschied zu früher wesentlich: Seine Melodien formuliert er jetzt aus und zelebriert sie, statt sie nach ein paar Sekunden Andeutung abzuhacken und einer neuen Idee hinterherzujagen. Der Opener "What's the goodside?" irritiert mit seinem Sample-Wirrwarr zu Beginn noch ein wenig, doch spätestens, wenn sich der Song nach der Hälfte der Sonne und dem Pop öffnet, offenbart sich eine neue Qualität der Klarheit in der Musik von Avey Tare. Diese hängt womöglich mit dem dahinterstehenden Konzept zusammen: Zwar wird man aus den kryptischen Lyrics nicht wirklich schlau, doch im Promo-Text erinnert sich Portner verklärt an die Neunziger zurück, an Roadtrips und seine erste Zusammenarbeit mit Animal-Collective-Kollege Geologist. Die Wärme, die "Cows in hourglass pond" ungewohnterweise ausstrahlt, erscheint nachvollziehbar.

Wo "Eucalyptus" noch berauscht durch den Urwald spazierte, bleibt sein Nachfolger also lieber zu Hause und nippt höchstens ein bisschen am Whiskeyglas beim Blick auf den moderat bewucherten Kleingarten. Das funktioniert größtenteils, weil Portner insgesamt griffigere Songs als sein anderer Bandkollege Panda Bear auf dem vergleichbar zurückhaltenden "Buoys" schreiben kann, ein bisschen beraubt er sich aber schon seiner Stärken. Das Album hat auch seine drögeren Momente, etwa die verkappte Flaming-Lips-Ballade "Our little chapter" mit ihrem laschen Anti-Refrain, die ein lebendigeres Arrangement besser hätte verdecken können. Da ist es gleichzeitig Fluch wie Segen, wenn das absurd phänomenale "K.C. yours" – Portners bester Solo-Song – aufzeigt, wie eine perfekte Verbindung alter und neuer Tugenden hätte klingen können: klar strukturiert, aber voll beladen mit Fake-Bläsern und zig Gitarren- und Synthie-Schichten, dazu ausgestattet mit einer intensiven, melodisch mitreißenden Coda. Wenn der 39-Jährige hier plötzlich in einen manischen Schreigesang verfällt, bringt er schließlich auch den Wahnsinn zurück, den eigentlich jeder gute Animal-Collective-Release immer gebraucht hat. Gefassten Pop gibt es ja auch schon genug auf der Welt.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights

  • What's the goodside?
  • K.C. yours

Tracklist

  1. What's the goodside?
  2. Eyes on eyes
  3. Nostalgia in lemonade
  4. Saturdays (again)
  5. Chilly blue
  6. K.C. yours
  7. Our little chapter
  8. Taken boy
  9. Remember Mayan
  10. Hors_

Gesamtspielzeit: 45:48 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Pöbelnder Besucher
2019-03-22 00:49:54 Uhr
Hier geht’s um Egos und Nonsens
dude83
2019-03-22 00:48:06 Uhr
Geht hier ums Avey Tare oder? Das neue Album ist besser als alles was Animal Collective und der Panda in den letzten 10 Jahren gemacht haben. Gebt dem Album eine Chance.

PS: Wieso kloppen sich die Autoren hier vermehrt mit pöbelden Besuchern? Gehts hier noch um Musik oder nur noch um Egos und nonsense?
MoinMoin
2019-03-15 21:43:49 Uhr
Marvin ist öfters angepisst als die Fans von R. Kelly

Marvin

Plattentests.de-Mitarbeiter

Postings: 67

Registriert seit 27.04.2018

2019-03-15 17:52:29 Uhr
Fail. These New Puritans bestehen nur aus zwei Männern, die Frau ist längst raus, ein Drittel passt also schon mal nicht ins "Muster". Zu Avey Tare hab ich mich schon ausreichend geäußert, die 6 fällt ebenso wenig aus dem Rahmen wie die 8 für die überall (zurecht) gefeierte Little Simz.

Das einzige Muster, zu dem ich mich bekenne: Ich bewerte in meinen Ohren bessere Musik besser als schlechtere. Skandalös!
Der postmoderne Kritiker
2019-03-15 17:46:52 Uhr
Diese Woche:

Avey Tare ( ein weißer Mann) : 6/10
These New Puritans (weiße Männer plus eine weiße Frau) : 7/10
Little Simz (schwarze Frau): 8/10

Erkennen sie mein Muster?
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