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Megadeth - Warheads on foreheads

Megadeth- Warheads on foreheads

AG / Universal
VÖ: 22.03.2019

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Schlagkräftig

Es gibt wohl nicht allzu viele Bands, die ihre Existenz einer zünftigen Backpfeife verdanken. Es gehört zu den frühen Anekdoten des Heavy Metal, dass Metallica 1983 kurz vor den Aufnahmen zu ihrem Debütalbum "Kill 'em all" ihrem hoch begabten Gitarristen Dave Mustaine ein paar Dollar für ein Busticket in die Hand drückten und ihn achtkantig aus der Band warfen. Warum? Laut eigener Aussage war Mustaine stinkbesoffen darüber in Rage geraten, dass James Hetfield – ebenfalls nicht eben nüchtern – seinen Hund getreten hatte. Worauf der hitzköpfige Rotschopf dem Frontmann gepflegt eine zimmerte. Den nicht nur aus diesem Grund fälligen Rausschmiss konnte Mustaine allerdings nie richtig verkraften, und so gründete er kurzerhand kurz darauf mit ein paar Kumpels eine Band, die er erst "Fallen Angels", später "Megadeth" nannte. Immer getrieben davon, der Welt zu zeigen, dass der Rausschmiss zu Unrecht erfolgte und er selbstverständlich viel besser sei als seine alten Kollegen. Der Rest, so sagt man so schön, ist Geschichte.

35 Jahre später sind Mustaine und der Rest von Metallica längst wieder versöhnt, und auch Megadeth durften für den Titeltrack des begeisternden aktuellen Albums "Dystopia" endlich einen Grammy in Empfang nehmen. Dass der Weg dahin durchaus holprig war, zeigt "Warheads on foreheads", die martialisch betitelte von Mustaine eigenhändig zusammengestellte Anthologie der Band, bei der die Verlesung der ehemaligen Mitglieder eine abendfüllende Veranstaltung werden könnte. Dankenswerterweise chronologisch sortiert, erhalten zunächst die Alben Aufmerksamkeit, mit denen die Amerikaner ihren Ruf als wütende Thrasher auf technisch höchst ansprechendem Niveau zementieren sollten. Dass "Mechanix", das auf dem selben Demo basiert wie Metallicas "The four horsemen", dabei vertreten ist, überrascht dabei keineswegs, eher schon die Songauswahl der Vertreter des zweiten Albums "Peace sells... but who's buying?". Denn während der Titeltrack erstaunlicherweise fehlt, kommt tatsächlich "The conjuring" zu Ehren – ein Song, den Mustaine nicht mehr live spielen mag, da er "schwarze Magie" weckt. Nun ja.

Auch die Platten des großen kommerziellen Durchbruchs kommen mehr als angemessen zur Geltung: Die komplette zweite CD besteht aus Songs der legendären Platten "Rust in peace", "Countdown to extinction" und "Youthanasia", als Mustaine mit dem renommierten Gitarristen Marty Friedman, seinem langjährigen Freund und Mitgründer Dave Ellefson am Bass sowie dem 2016 verstorbenen Nick Menza am Schlagzeug die wohl technisch höchst qualifizierte Bandbesetzung aufbieten konnte. Es spricht für Mustaine, dass er auch die Jahre des Absturzes und der ewigen Besetzungswechsel mit zumindest einem Song je Album nicht unerwähnt lässt. Und der Absturz war tief – immer wieder der Versuch, den Drogen zu entkommen, der chronisch verklemmte Nerv im Arm, die Angst, nie wieder Gitarre spielen zu können – so manche Platte zu Beginn des neuen Jahrtausends ähnelte mehr einem Versuch, irgendwie im Gespräch zu bleiben, als einem künstlerischen Statement. Und ja, dazu gehört auch der Umstand, dass der ob seines ausgeprägten Selbstbewusstseins gerne einmal "Megadave" genannte Frontmann keinen Hehl daraus machte, einen großen Teil seiner Kraft aus seiner Mitgliedschaft in der Gemeinschaft der Wiedergeborenen Christen schöpfte. Homophobe Sprüche und die Weigerung, auf Festivals gemeinsam mit Bands wie Dissection oder Rotting Christ aufzutreten, inklusive.

Denn eines muss klar sein: Megadeth sind das alleinige Herrschaftsgebiet ihres Frontmanns. Dazu gehört unweigerlich dessen Ambivalenz. Auf der einen Seite begnadeter Musiker, der in den Olymp der größten Metal-Gitarristen der Geschichte gehört – über seinen Gesang durfte man seit jeher eher den Mantel des Schweigens legen – und auf der anderen Seite reaktionärer Dummbeutel, der sich nicht zu blöde war, zu behaupten, Barack Obama habe diverse Amokläufe in den USA inszeniert, um schärfere Waffengesetze durchzusetzen. Doch dann kam wie aus dem Nichts 2016 "Dystopia", und plötzlich war angesichts dieses Meisterwerks jeglicher Groll verflogen. Natürlich ist die Sinnfrage bei einer solchen umfassenden Zusammenstellung von Bandklassikern so naheliegend wie abgedroschen. Zumal "Warheads on foreheads" keine wirklichen Anreize in Form von Bonustracks gibt, so dass die Playlist-Virtuosen angesichts von 35 Songs aus dem Standard-Fundus eher müde lächeln werden. Vielleicht muss dies aber auch nicht mehr die Aufgabe einer Compilation im Jahre 2019 sein. "Warheads on foreheads" zumindest ist mehr als eine Mixtape-Hilfe. Sondern eine beeindruckende Chronik über eine Band, die wie nur wenige andere die Geschichte des Heavy Metal beeinflusst haben. Und das auch ohne Prügel.

(Markus Bellmann)

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Highlights

  • Killing is my business... and business is good!
  • Hangar 18
  • Symphony of destruction
  • Train of consequences
  • Dystopia

Tracklist

  • CD 1
    1. Rattlehead
    2. Mechanix
    3. Killing is my business... and business is good!
    4. The conjuring
    5. Wake up dead
    6. Devil's island
    7. Good mourning / Black Friday
    8. Set the world afire
    9. In my darkest hour
    10. Holy wars... the punishment due
  • CD 2
    1. Hangar 18
    2. Tornado of souls
    3. Rust in peace... Polaris
    4. Five magics
    5. Take no prisoners
    6. Skin o' my teeth
    7. Angry again
    8. Symphony of destruction
    9. Sweating bullets
    10. A tout le monde
    11. Train of consequences
    12. Reckoning day
  • CD 3
    1. Trust
    2. She-wolf
    3. Wanderlust
    4. Dread and the fugitive mind
    5. Blackmail the universe
    6. Washington is next!
    7. Head crusher
    8. Public enemy no. 1
    9. Kingmaker
    10. The threat is real
    11. Poisonous shadows
    12. Death from within
    13. Dystopia

Gesamtspielzeit: 166:49 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Die Perücke von Robert Plant
2019-04-06 00:53:45 Uhr
"Sudden Death" muss eigentlich auch sein. Der ist wohl ein bißchen außen vor, weil er damals exklusiv für Guitar Hero geschrieben wurde und sie spielen ihn wohl leider auch nie live. Aber voll der Killertrack.
Die Perücke von Robert Plant
2019-04-06 00:42:00 Uhr
Habe mir mal meine eigene Version dieser Zusammenstellung gemacht, die ich noch um einige Songs erweitert habe. Bin mal gespannt auf wie viele Durchgänge mit Wiederholungsschleife im Autoradio es hinauslaufen wird. :D

Markus

Plattentests.de-Mitarbeiter

Postings: 18

Registriert seit 12.06.2013

2019-03-19 14:44:31 Uhr
@Perücke:
Ziemlich sicher war das auch nicht der alleinige Grund, sondern eher ein willkommener Anlass, da der gute Dave schon damals ein leichtes Beherrschungs-Problem hatte. Aber das zu erläutern, hätte den Rahmen der ohnehin schon ziemlich langen Rezi mal komplett gesprengt...
El Loco
2019-03-18 22:49:19 Uhr
Danke für diese Rezension. Ein perfekter Anlass mal wieder ein paar alte Meisterwerke der Thrash-Helden aufzulegen. Und ja Peace sells fehlt, aber auch My Last Words, Hook in Mouth, Foreclosure of a Dream, Countdown to Extinction etc. weitere Klassiker und Favoriten der Fans...
Die Perücke von Robert Plant
2019-03-14 22:37:33 Uhr
Da ich gerade sowieso auf einem Megadeth-Trip bin, habe ich diese Rezi sehr interessiert gelesen. Wusste gar nicht, dass Hetfield (der Mann hat sicherlich auch seine Schattenseiten) vorher seinen Hund getreten hatte und das der Grund für die Backpfeife von Mustaine war.

Was die Greatest Hits angeht: Für jemanden, der die Band noch nicht kennt und nicht vorhat, sich ohnehin nahezu die gesamte Diskographie zuzulegen, ist das sicherlich eine sehr gute Zusammenstellung! Deutlich umfassender als die bisherigen Greatest Hits. Schön, dass von jedem Album (selbst von den schwächeren) was dabei ist. Mit "Wanderlust" von der viel geschmähten "Risk" und "Kingmaker" von der schwächelnden "Super Collider" hat er da auch Gespür bewiesen. Toll, dass "Set The World Afire" von der unterschätzten "So Far, So Good" dabei ist. Und völlig zurecht sechs Songs vom Überalbum "Rust In Peace"!

Wieso "Peace Sells ... But Who's Buying?" fehlt, ist mir allerdings auch völlig schleierhaft. Eigentlich doch neben "Holy Wars" und "Symphony Of Destruction" einer DER absoluten Klassiker. Für mich das einzige ganz große Fragezeichen dieser Hits-CD. Muss eine Laune von Mustaine gewesen sein. Ich hätte ansonsten vielleicht noch Songs wie "44 Minutes" oder "Die Dead Enough" dazu genommen, aber insgesamt ist das schon eine sehr gelungene Zusammenstellung.

Also wer die Band tatsächlich noch nicht kennen sollte, bekommt hier einen sehr umfassenden Eindruck.

Persönlich bin ich natürlich mehr auf das neue Album gespannt, das in Arbeit ist. Hoffentlich lässt Mustaine Kiko Loureiro genügend Freiräume, dann könnten sie vielleicht da weitermachen wo das Meisterwerk "Dystopia" aufgehört hat.
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