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Efdemin - New Atlantis

Efdemin- New Atlantis

Ostgut Ton / Rough Trade
VÖ: 15.02.2019

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Techno, aber ...

Es ist immer gut, seine Hörer erst mal zu verblüffen. Da lässt Efdemin, bürgerlicher Name Phillip Sollmann, vor allem bekannt für seinen Leftfield-Techno, den Künstler William T. Wiley zu Beginn seiner Platte "New Atlantis" einen verwitterten Lobgesang auf die Schönheit des Todes anstimmen. Man rechnet nun mit Americana, Goth-Folk, vielleicht auch damit, dass Johnny Cash von den Toten wiederkehrt. Mit Techno dagegen rechnet man eher weniger, aber genau der kommt zunächst. "Good winds" pumpt motorisch vor sich hin, zieht sein Publikum unmerklich in die Tiefen der rhythmischen Hypnose. Glockenklingen, unaufdringliche Synth-Klangflächen und Echos aus Stimmen dringen zum Hörer vor, doch der wird schnell ganz Resonanzkörper für die Percussion, die eine unterbewusste Geschäftigkeit in Gang setzt. Gleichzeitig sanft und fordernd ist das, von Minimal zu reden, geht leicht an der Sache vorbei, da die wenigen Klangelemente vielseitige Aufgaben übernehmen. Kleine Brüche sind eingearbeitet, aber auch sachte Verstärkungen der eingeschlagenen Richtung.

Noch tiefer steigt man in das fast viertelstündige Titelstück ein. Während das rhythmische Spektrum auf einen musikalischen Herzschlag heruntergebrochen wird, sinniert das Stück den Drones und dem Gewaber nach und kommt scheinbar immer ein bisschen zu spät. Dieser Track ist ein Koloss des Spartanischen, es reichen dieses Pochen, die daran andockenden, unbestimmten Klangspuren und man ist gefesselt von so viel Reduktion. Trotzdem sprechen diese Klänge und Taktungen zum Hörer. Die Seele findet sich ein im kargen Grau der Mechanik und die Machinen fangen an zu lächeln. Davon künden zum Beispiel die ins Melodische reinzwinkernden Percussions aus organischem Material in "At the stranger's house" oder die ganz vom Techno befreite Exotik beim abschließenden "The sound house." Hier findet traditionelle indische Folklore einen warmen Platz an der Sonne, wo vorher eher nüchterne Motorik herrschte.

Das Album ist nach einem Romanfragment von Francis Bacon aus dem 17. Jahrhundert benannt, in dem durch das Zusammenspiel von Künsten, Wissenschaften und Technologie ein soziales Utopia auf einer Insel entstehen soll. Und dieser Idealismus findet sich auch auf dieser Platte des langjährigen Berghain-Residents. Dadurch, dass der funktionale, clubtaugliche Techno immer wieder durch genüsslich ausgebreitete Drones oder eben jene besagte Folklore ergänzt wird, erhält "New Atlantis" wirklich etwas Universelles, zumindest jedoch ein unheimlich breites Spektrum. Die indisch angehauchten Drones zu Beginn von "A land unknown" machen mit der ihnen innewohnenden Kontemplation langsam Platz für einen pumpenden Bass und Modular-Synths, die ganz schnell wieder den urbanen Dancefloor ins Gedächtnis rufen, den vorherigen Ausflug in ein analoges Kulturfeld aber nicht vergessen machen. Und so sucht "New Atlantis" die Reichhaltigkeit des Begriffes Musik an Beispielen zu erfassen, da ein allumfassendes Wiedergeben unmöglich wäre, und kommt so zu Kombinationen aus Fläche und Bewegung, die beide Faktoren vertiefen, aber auch einen leicht spielerischen Effekt erzeugen. Und einen durchaus verblüffenden.

(Martin Makolies)

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Highlights

  • New Atlantis
  • A land unknown
  • The sound house

Tracklist

  1. Oh, lovely appearance of death
  2. Good winds
  3. New Atlantis
  4. At the stranger's house
  5. A land unknown
  6. Temple
  7. Black sun
  8. The sound house

Gesamtspielzeit: 50:00 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Mike Modano
2019-02-28 21:27:06 Uhr
Der Longtrack "New Atlantis" gehört so mit zum Besten was ich in diesem Bereich seit Saturn Strobe von Pantha du Prince so gehört habe.
Die langsam anschwelenden Orgeltöne, das Acidblubbern, der treibende Beat. Ist auf jeden Fall mehr als hat was. Geniestreich.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28017

Registriert seit 08.01.2012

2019-02-28 20:22:21 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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