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Avril Lavigne - Head above water

Avril Lavigne- Head above water

BMG / Warner
VÖ: 15.02.2019

Unsere Bewertung: 4/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Die Seichtmatrosin

Damals, als rote Kappen in Mode waren, gab es dieses Mädchen. Es sang von skatenden Jungs und komplizierten Beziehungen. Musik von einem Teenager für Teenager. Avril Lavigne hieß die junge Dame, die jenes Publikum abholte, dem Britney zu profan und Alanis zu erleuchtet war. Lavigne sammelte Hits, bis das Unvermeidliche geschah: Sie wurde älter. Gefangen im Image der Rotzgöre verlor sie sich im Nirgendwo des Bubblegum-Pop. Doch mit Misserfolg kann man umgehen. Eine lebensbedrohliche Erkrankung stellt eine ganz andere Herausforderung dar. Lyme-Borreliose lautete die Diagnose, die die Kanadierin jahrelang aus dem Sattel warf und sogar um ihr Leben fürchten ließ. Dass Lavigne wieder singt, ist daher ein kleines Wunder. Und ganz ehrlich: Ein bisschen toll war sie damals ja schon. Songs wie "I'm with you" sind auch heute noch charmant. Ihr neues Album ist sinnigerweise "Head above water" betitelt. Denn genau darum geht es, wenn man glaubt, ertrinken zu müssen. Den Kopf oben halten, egal, wie aussichtslos die Lage erscheint.

Die Grundstimmung des Comebacks ist deutlich introspektiver als noch auf "Avril Lavigne". Balladen und Midtempo-Songs dominieren, wobei sich nach anfänglicher Freude recht schnell Ernüchterung breit macht. So ist "Head above water" ein melodisch ausgefuchster Song, der trotz des generischen Arrangements zu gefallen weiß. Besonders der Refrain lädt zum Schwelgen ein. Weitaus weniger spannend sind Songs wie "Tell me it's over" und "Crush". Lavigne ist vieles, aber ganz sicher keine Sängerin, der Soul-Balladen stehen. Allerdings war sie stimmlich nie besser als im Jahr 2019. Vorbei sind die Tage der Kiekserei. Deutlich gereifter und selbstsicherer geht die Vokalistin zu Werke, was in Anbetracht der Vorgeschichte des Albums schlicht erfreulich ist. Lavigne deutet immer wieder an, dass in ihr jede Menge Potenzial schlummert.

Doch so ganz kann sie die Finger dann doch nicht vom Kaugummi lassen. Gemeinsam mit der unvermeidlichen Nicki Minaj verkündet sie: "I ain't no dumb blonde / I ain't no stupid Barbie doll" und macht sich damit bewusst angreifbar. Leider wird nicht ganz klar, an welches Publikum sich der Song richtet. Ein Fremdkörper ist er so oder so, wenn auch einer der eingängigen Sorte. Was dagegen wirklich nervt, ist die schleimige Produktion des gesamten Albums. Kaum ein Song bekommt die nötige Luft zum Atmen. Stattdessen kommen Chöre, Synthies, Streicher und allerhand sonstiges Gedöns zum Dauereinsatz. Wenn in Songs wie "Souvenir" eine nachdenkliche Strophe in einen heillos überfrachteten Refrain – Millenial Whoop inklusive – mündet, bleibt für Fantasie kein Platz. Lavigne gibt sich dabei alle Mühe, nur leider wird jede Emotion vom klinischen Sound im Keim erstickt.

Was tun? Diese Frage dürfte im Studio vor allem seitens der Produzenten beantwortet worden sein. Dabei deutet ein Track wie "Goddess" an, was möglich gewesen wäre. Mehr als Gitarrenbegleitung und ein wenig Hall auf der Stimme braucht Lavigne nicht. Doch schon die erste Minute "Bigger wow" macht jede Hoffnung zunichte. "Nanana" lautet die zentrale Textzeile des Chorus. Gewiss darf Pop auch mal banal daherkommen, dann aber bitte mit Melodien, die im Ohr bleiben. Das eigentliche Problem von "Head above water" ist nämlich, dass das Album vorbeidudelt, ohne ernsthaft Spuren zu hinterlassen. Was ein Neustart hätte sein können, mutiert so zum Rohrkrepierer. Dass man mit 34 nicht mehr das Kajal-Girlie sein kann und will, ist nachvollziehbar. Zum Freischwimmer reicht es jedoch hinten und vorne nicht. Schwimmflügel bitte wegschmeißen.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights

  • Head above water
  • Goddess

Tracklist

  1. Head above water
  2. Birdie
  3. I fell in love with the devil
  4. Tell me it's over
  5. Dumb blonde (feat. Nicki Minaj)
  6. It was in me
  7. Souvenir
  8. Crush
  9. Goddess
  10. Bigger wow
  11. Love me insane
  12. Warrior

Gesamtspielzeit: 41:46 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Wer ist hier der Boss?
2019-02-21 23:29:44 Uhr
Das " Kajal-Girlie". Schöner Beitrag zur MeToo-Debatte!
Satz mit x
2019-02-21 22:49:07 Uhr
Ja.

Mit dem titeltrack hat sie den besten song seit mehr als einer Dekade veröffentlicht. Vereinzelt schöne melodien und auch lyrische Verbesserungen.

Im gesamtkontext ist das album mit einer 4 gut bedient. Schade, dass sie es wieder nicht geschafft hat an under my skin ranzukommen.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2019-02-21 20:14:47 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?
Hut ab!
2019-02-12 20:52:15 Uhr
Was für ein schönes Albumcover

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31659

Registriert seit 07.06.2013

2019-02-12 19:52:52 Uhr
Gar nicht mal so schlimm.
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