Lou Doillon - Soliloquy
Barclay / Universal
VÖ: 01.02.2019
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
In her own right
Wirft man einen Blick auf die nähere Verwandschaft der Französin Lou Doillon, kann man schon mal etwas abgelenkt werden von der Hauptaufgabe, über ihre Musik zu sprechen. Also: Ihre Mutter heißt Jane Birkin, ihr Vater ist der Regisseur Jacques Doillon und zu allem Überfluss gesellt sich auch noch Charlotte Gainsbourg als Halbschwester dazu. Das macht sich gut für RTL Exclusiv, ist aber eventuell hinderlich, wenn man darauf abzielt, mit der eigenen Kunst ernstgenommen zu werden. Im Heimatland stellt sich das Problem nicht, da gab es für Doillon schon einen französischen Grammy für ihre Musik, doch außerhalb der engen Landesgrenzen wird die Songwriterin nicht so recht beachtet. Schade, denn wenn man das neue Album "Soliloquy" heranzieht, erlebt man, wie sehr Doillon und ihre Songs im Gegensatz zum früheren Output gereift sind und wie sie mit feinen Kunstgriffen aus einfachen Kompositionen etwas mit großem Langzeitwert erschafft.
Der Opener "Brother" gleitet zum Beispiel durch ein Streicherspalier in ein gewitterwolkiges Midtempo hinein und auch der variantenreiche Einsatz von Analog-Synth und Cembalo an anderer Stelle ist äußerst bemerkenswert. Doillons leicht verrauchte Stimme hat eine milde Autorität, und ihre Erfahrung, Weisheit aber auch Nachsicht machen immer wieder deutlich, dass hier kein unreifes Mädchen am Steuer sitzt. Beim Groove von "The joke" blitzt ein schelmisches, burleskes Lächeln auf, das aber in seinem eher heruntergekommenen Setting nicht einer alltäglichen Tragik entbehrt.
Man denkt bei diesen Songs an rohbelassene Materialien, einen unlackierten Holzschrank oder gußeisernes Hauswerk – so rustikal und geerdet wirkt das meiste auf "Soliloquy". Da überrascht es fast, wie leicht "Too much" über die Nervenenden streicht, mit einem Nachgeschmack von Whiskey im Atem. Im folgenden "It's you" hat Doillon als kleine Überraschung Gesangspartnerin Cat Power mit an Bord und die beiden Künstlerinnen umschmeicheln sich gegenseitig mit ihren mal rauen, mal lieblichen Einlagen, dazu träumt die Akustikgitarre und lässt sich von der Mundharmonika sanft schaukeln. Wenn sich hier noch Joan Wasser dazugesellen würde, man hätte eine neue Supergroup.
Aber großartige Songs bekommt Doillon auch ganz alleine hin, der leergeräumte Beginn des Titelstücks holt sich einen standhaften Beat dazu, lässt das Klavier ein paar dramatische Akzente setzen und ergötzt sich ansonsten am fesselnden Gesangsvortrag seiner Erschafferin. Im Gegensatz zu ihrem ersten Album "Places" denkt man eher weniger an Doillons Heimat, denn "Soliloquy" beschwört Bilder von weiten Prärielandschaften herauf, mit fernem Grollen am Himmel. In Doillons Stimme, aber auch im oftmals dunkel eingefärbten Klavierspiel oder den rustikalen Drums steckt schon jede Menge Gothic, doch wenn die Französin gesanglich im abschließenden "Snowed in" auf zärtliches Terrain gleitet, ist da auch unheimlich viel Wärme und Geborgenheit. Erstaunlich also, wie viel diese eigentlich einfachen Songs letztlich offenbaren. Frauke Ludowig und ihr Team würden aber wahrscheinlich ganz andere Sachen interessieren.
Highlights
- Too much
- It's you
- Soliloquy
Tracklist
- Brother
- The joke
- All these nights
- Last time
- Too much
- It's you
- Burn
- Flirt
- Nothings
- Soliloquy
- Widows
- Snowed in
Gesamtspielzeit: 39:48 min.
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Referenzen
Cat Power; Joan As Police Woman; Feist; Martha Wainwright; Neko Case; Case/Lang/Veirs; Anna Calvi; Charlotte Gainsbourg; Carla Bruni; Alela Diane; Adrianne Lenker; Marissa Nadler; Laura Veirs; Karen Dalton; Cass McCombs; Bill Callahan; Damien Jurado; Angel Olsen; Laura Marling; Sophie Hunger; Jesca Hoop; John Grant; Beth Orton; Lucy Dacus; Jane Weaver
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