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Witt & Orchester - Refugium

Witt & Orchester- Refugium

Meadow Lake / Rough Trade
VÖ: 22.02.2019

Unsere Bewertung: 1/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Vergeigt

Die Beziehung zwischen Witt und Plattentests.de ist zugegebenermaßen nicht ganz einfach. Aber hey, alle zwei Jahre stellen wir uns trotzdem der Aufgabe, das jeweils neue Album des brummenden Altmeisters zu rezensieren, auch wenn dieses Amt meist einem Schreiber zufällt, der zuvor irgendetwas aufgefressen hat. Womit ich das nun also verdiene? Ich weiß es nicht genau, kann nur vermuten, dass ich wohl einmal zu oft des Chefredakteurs Vorliebe für Dreiviertelhosen durch den Kakao gezogen habe. Jetzt sitzt man also im fensterlosen, fünfeinhalb Quadratmeter großen Kellerbüro, dem sogenannten "Strafbunker", und muss sich durch "Refugium" arbeiten. Witt nun also live und mit vielviel Streicher-Unterstützung? Kann das gut gehen?

Natürlich nicht. Ende der Rezension.







Spaß. Ab hier geht es natürlich erst richtig los, denn man muss "Refugium" mit Humor nehmen, genauso wie man eine Wurzelbehandlung oder einen Marderschaden am Neuwagen mit Humor nehmen muss. Es kann ja freilich kein Zweifel daran bestehen, dass die Kombination aus Witts urwüchsigem Teutonenpop und filigran-wuchtigen Streichern keine gute Idee ist, wobei die armen Streicher ja auch irgendwie nix dafür können. Gerne würden wir nun schreiben, dass wir neue Seiten an Joachim Witt erkennen, eine originelle, nie geahnte künstlerische Tiefe, eine musikalische Vision, die über das hinausreicht, was wir bis dato zu begreifen im Stande waren. Aber am Ende bietet "Refugium" dann doch nur den alten Quatsch mit neuen Mitteln, so fair müssen wir zu uns selber sein. Zu Euch selbstverständlich auch.

Und damit rein ins Album. Was direkt auffällt: "Refugium" baut zwar auf Songs aller Schaffensphasen des gebürtigen Hamburgers, doch ein besonderer Fokus liegt auf Witts letztjährigem Album "Rübezahl", das mit einer fast schon sensationellen 2/10 die höchste Punktzahl des Künstlers hierzuseits erreicht hat. Das restliche Set ist prinzipiell recht bunt gemischt, wobei die Streicherarrangements sämtliche stilistischen Unterschiede ausradieren: Egal ob NDW-Witt, Bayreuth-Witt oder Neue-Deutsche-Härte-Witt, alle Witts klingen unter Dreingabe von Tam-Tam-Orchestrierung gleich pompös. Festliche Stimmung will sich dabei selbstredend nicht einstellen: Zu ungelenk knödelt sich Witt durch seine meist eher stumpfen Stücke. Von den Lyrics reden wir dabei noch gar nicht, schließlich spotten jene in der Regel jedweder Beschreibung.

"Jetzt und ehedem" brettert zu Beginn dramatisch los, Witt klingt wie ein oller Braunbär, dem man den Honigtopf geklaut hat und der nun unerbittlich auf Rache sinnt. "Dämon", eines der verhältnismäßig neuen Stücke, schließt die klaffende Lücke, die Unheiligs Ende in unser aller Herzen hinterlassen hat. Im Ernst: Unverhältnismäßig oft nölt Witt mit einer ähnlich übertriebenen Dringlichkeit wie der Graf befindlichkeitsfixierte Nichtigkeiten in den Orbit. Die einzelnen Songs wirken dabei beliebig, austauschbar. "Goldrausch" startet immerhin wie ein veritabler Bond-Song, doch auch dieses Stück bekommt Witt kurz und klein gehackt. Seine Stimme ist die Axt im Walde, die aus sämtlichen Streichern Brennholz macht. Kalt wird's dann immerhin schon mal nicht.

Wie machen sich derweil die großen Hits im neuen Gewand? "Goldener Reiter" verliert durch die dicke, üppige Instrumentierung seinen minimalistisch-verpeilten Charme. Und "Die Flut", der große Comeback-Hit, der Witt gemeinsam mit Wolfsheim-Kopf Peter Heppner 1998 fast an die Spitze der deutschen Single-Charts spülte, verliert in der siebenminütigen Orchesterversion seine ursprüngliche Bedrohlichkeit. Bedrohlich ist lediglich die Plattheit, mit der sämtliche Eigenheiten der wenigen wirklich akzeptablen Stücke nivelliert wurden. Die restlichen Kompositionen gefallen sich in ihrer schnulzigen Schlagerhaftigkeit, Streicher und Chöre mutieren die Witt-Songs nicht selten zu disneyhaften Schmonzetten. Eine Lektion, die mir hoffentlich eine Lehre sein wird.

(Kevin Holtmann)

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Highlights

  • -

Tracklist

  1. Jetzt und ehedem
  2. Dämon
  3. Goldrausch
  4. Das geht tief
  5. Wintermärz
  6. Eisenherz
  7. Bis ans Ende der Zeit
  8. Gloria
  9. Ich will leben
  10. Wenn der Winter kommt
  11. Die Flut (mit Peter Heppner)
  12. Was bleibt (mit Peter Heppner)
  13. Mein Diamant
  14. Goldener Reiter
  15. Wieder bin ich nicht geflogen

Gesamtspielzeit: 76:30 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Robert2.0
2019-02-27 11:44:10 Uhr
...Witt ist ein Genie...Das verstehen die PT-Schwachmaten leider nicht...

Pivo

Postings: 1284

Registriert seit 29.05.2017

2019-02-27 11:41:08 Uhr
Ach kommt Leute. Es ist einfach ein Running Gag hier bei PT. Es muss sich ja niemand persönlich angegriffen fühlen.... Ich selbst fand die Bayreuth-Reihe von Witt damals richtig stark bin dann aber danach irgendwann ausgestiegen, da in meinen Ohren nichts mehr wirklich neues kam. Die Texte sind Geschmackssache. Früher fand ich die Texte ansprechend, dann bin ich aber älter geworden und dann hört man ein bisschen genauer hin und dann sind sie schon ein wenig platt und "erzwungen lyrisch"...

Der Fairness halber muss ich aber ein wenig Kritik an PT loswerden, da mir die schlechten Witt-Bewertungen schon ein wenig zu selbstverständlich sind. Ich schätze schon, dass man hin und wieder ein wenig objektiver sein könnte, andererseits finde ich es auch immer ganz lustig, wenn der obligatorische Einser kommt.... Ach ja, ich bin hin- und hergerissen....
Ehemaliger Mitleser
2019-02-27 11:26:50 Uhr
"Ich bin auch kein Fan vom Witt aber 100 Mal den gleichen Witz bringen ist halt einfach traurig."

True.
huuuubert
2019-02-27 01:57:47 Uhr
Ach ja die Nerds von Plattentests müssen sich Mal wieder besonders lustig und intellektuell vorkommen indem sie Mal wieder auf dem Witt rumhacken. Der Witz ist halt einfach durch. Genauso wie Armins Pilzrahmsuppenscheisse. Das ist alles genauso witzig wie Fips Asmussen oder Mario Barth . Ich bin auch kein Fan vom Witt aber 100 Mal den gleichen Witz bringen ist halt einfach traurig.
tjaaa
2019-02-27 01:51:37 Uhr
Plattentest - Wo der Humor schon vor Jahren gestorben ist
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