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Cleaning Women - Intersubjectivity

Cleaning Women- Intersubjectivity

Svart / Cargo
VÖ: 15.02.2019

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Ist das Kunst oder kann das auf die Bühne?

Avantgarde hat einen schweren Stand in der kommerzialisierten Popwelt. Verpflichtet sich der Künstler ausschließlich dem Ideal der Suche nach dem Neuen, Ungewohnten, so besteht die Gefahr, etwas zu schaffen, das zwar Musikologen nächtelang wach hält, dem Durchschnittshörer aber ziemlich genau überhaupt nichts vermittelt. Das ist auch alles in Ordnung, solange der Künstler seine Message adäquat artikuliert sieht, der Wissenschaftler Freude an der Analyse hat und der Pop-Hörer sich einfach eingängigere Kost sucht. Aus künstlerischer Sicht wäre eine Anpassung an den Massengeschmack aus reiner Profitgier ohnehin nicht zu vertreten. "Eine größere Zielgruppe wäre trotzdem nicht schlecht", denkt der Avantgardist und unterwirft sich im nächsten Schritt gleich allen Regeln des Marktes. "Die Musik sollte durchaus eingängig sein, fast schon Pop und trotzdem anders", sinniert er. "Ein Alleinstellungsmerkmal muss her!“ Der Geistesblitz folgt kurz darauf und wenig später bastelt der Avantgardist, der sich nun nur noch Cleaning Robot 01 nennt, zusammen mit seinen Freunden, die er der Einfachheit halber schlicht als Cleaning Robot 03 und Cleaning Robot 04 bezeichnet, auf der Suche nach neuen Klängen an allerhand Haushaltsgegenständen rum. "Was ist die Standardstimmung für einen Wäscheständer?", fragt er noch, während er bereits begreift: "Wir betreten Neuland! Zeit, dem Pop-Bürgertum in den Arsch zu treten!"

Wer weiß schon, ob es sich nicht wirklich so zugetragen hat? Sicher ist jedenfalls, dass die drei Finnen Risto Puurunen,Timo Kinnunen und Tero Vänttinen sich ein ziemlich abgefahrenes Konzept für ihre 1996 gegründete Band haben einfallen lassen. In Form der Cleaning Robots 01,03 und 04 vom Planeten Clinius tritt die Band mit selbstgebastelten Instrumenten auf und spielt live ihren eigens komponierten Soundtrack zu einem parallel laufenden Stummfilm. Zwar sind Cleaning Women nicht ausschließlich in diesem Kontext zu erleben, einen Namen haben sie sich aber vor allem durch genau dieses Konzept gemacht. Das neueste Album "Intersubjectivity" versteht sich jedoch eher als Stand-alone-Werk, was sich insofern bemerkbar macht, dass die Songs darauf verhältnismäßig eingängig sind und beinahe nur die ungewöhnliche Instrumentierung auf den Hintergrund der Band schließen lässt.

Zusätzlich verraten reihenweise Zitate und Reminiszenzen die Einflüsse des Trios. Mal versteckt, mal so deutlich wie in "Shadows in the air", das sich ganz ungeniert an Kraftwerks "Radioactivity" anlehnt. Spaß macht "Intersubjectivity" vor allem durch die Mischung aus Eingängigkeit und dem erfrischenden Klangspektrum, das irgendwo zwischen Blue Man Group, Kraftwerk und Einstürzende Neubauten liegt. "We work it out" stützt sich beispielsweise auf einen repetitiven Rhythmus, dessen Klangerzeuger stark nach PVC klingt. Der hypnotische und gleichzeitig monotone Gesang gibt sich alle Mühe, den Hörer einzulullen, bis der Beat plötzlich anzieht, verzerrte Klänge ins Bild treten und die Snare dem Klang von berstendem Glas weicht. Das ganze Album hindurch schüren Cleaning Women Erwartungen beim Hörer, wiegen ihn scheinbar in Sicherheit. So beginnt "Living in the streets" als Gitarrenstück, schafft mit ein paar Slide-Akkorden beinahe so etwas wie eine spannungsvolle Dramatik, nur um sich Sekunden später völlig unvermittelt in die Geschlossene einweisen zu lassen. Allzu ernst nehmen sich die Spielereien des Trios auf "Intersubjectivity" also nicht, wie kurz vor Schluss das auf Deutsch vorgetragene "Party Teufel" noch einmal klar macht: "Ich möchte tanzen / In dunklen Zimmern / Ich möchte frei sein / Und heute leben / Ich möchte meine Dämonen treffen." Im Grunde fasst diese Zeile das ganze Album recht knapp, aber doch treffend zusammen. Und während sich der Musikologe noch fragt, ob hier ein tieferer Sinn vergraben liegt, sind alle anderen längst auf der Tanzfläche.

(Christopher Padraig ó Murchadha)

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Highlights

  • Leap of faith
  • We work it out
  • Party Teufel

Tracklist

  1. Playoff
  2. Leap of faith
  3. Shadows in the air
  4. We work it out
  5. Je n'y crois pas
  6. Life among the concrete dust
  7. Living in the streets
  8. Input output
  9. Party Teufel
  10. Intersubjectivity

Gesamtspielzeit: 37:04 min.

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Armin

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2019-02-14 21:23:10 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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