RYD - RYD
37 Adventures / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 18.01.2019
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Wenn Betten reden könnten
Das Bett ist schon ein sonderbarer Ort. Einerseits ist es ein Sinnbild für Entspannung und Geborgenheit. Andererseits ist es der Platz, an dem wir am verletzlichsten sind – Räubern, Wölfen und allerlei nächtlichen Ungeheuern schutzlos ausgeliefert. Auch den Monstern im eigenen Kopf. Gerade weil das Bett wie kein anderes Möbelstück Intimität speichert, wird man hier leicht von Albträumen, Gedankenstürmen und schmerzlichen Erinnerungen heimgesucht.
Für immer mehr Musiker wird das Bett außerdem noch zur künstlerischen Wirkstätte. Ryan Downie alias RYD zum Beispiel hat sein selbstbetiteltes Debüt komplett in einem Nordlondoner Schlafzimmer geschrieben, eingespielt und produziert. Diese Vorgehensweise bietet den menschenscheuen Allroundern im Musikgewerbe handfeste Vorteile – so können sie in aller Ruhe und Abgeschiedenheit basteln, ohne sich um irgendjemandes Meinung kümmern zu müssen. Downies Erstling merkt man seinen Entstehungsort durchaus an: Eine tiefe, melancholische Ruhe wohnt dem Album inne, mit viel Hall und verträumten elektronischen Experimenten. Darüber liegt die zerbrechliche Falsettstimme des Briten, und es ist leicht zu erraten, dass dieser Bon Iver zu seinen Lieblingskünstlern zählt. Es ist ein Trennungsalbum, die Songs handeln von der Überwindung, die es kostet, sich seiner Trauer zu stellen, oder der Schwierigkeit, sich nach einer tiefen Verletzung wieder neuen Menschen zu öffnen. Gemütslagen, die den meisten Hörern bekannt sein dürften und die hier weniger originell als vielmehr wahrhaftig und geduldig ausbuchstabiert werden.
In "Work it out" spielt eine Dreampop-Gitarre ein sanftes Wiegenlied, zugedeckt von entspanntem Beat und Bass in Ambient-Manier. "Could've been" ist besonders reduziert und entschleunigt, akkurater Harmoniegesang schafft eine sinnliche Stimmung, und man kann sich gut vorstellen, wie das Schlafzimmer zum Schauplatz für Zärtlichkeiten wird. Die Songs enthalten je nur eine winzige Prise unerwarteter Synthie-Effekte – bei "I see u" ahnt man verhaltene Schreie im Hintergrund, in "Plans" ein metallisches Pochen, das sich hin und wieder aus der Ferne nähert und wieder zurückzieht, bei "Leaves" ein feines Sirren wie von einer überhitzen Nachttischlampe. Beim genauen Hinhören lassen sich immer wieder neue Spielereien entdecken. Man kann sie aber auch einfach überhören und sich von der getragenen, einheitlichen Geräuschkulisse zu einem Nickerchen verführen lassen. Egal, was man im Bett so vorhat: Dieses Album passt dazu.
Highlights
- Work it out
- Away
- Leaves
Tracklist
- Don't
- Work it out
- I see u
- Plans
- Away
- Could've been
- You only had one look back
- Leaves
- Holding back
- Retain
Gesamtspielzeit: 44:12 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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2019-02-27 07:42:06 Uhr
Tolles Album, passend zu meiner Stimmung/Lebenslage. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 26212 Registriert seit 08.01.2012 |
2019-01-31 20:42:39 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
Bon Iver; Bonobo; Four Tet; Flume; The xx; Ásgeir; Bombay Bicycle Club; Kiasmos; Låpsley; José González; Fyfe; Ben Howard; Jeff Buckley; Justin Vernon; Indians; Søren Juul; Barbarossa; John Grant; Kings Of Convenience; Teitur; Nick Drake; Simon & Garfunkel; Marius Ziska; Newton Faulkner; Junip; Patrick Wolf; Múm; Sigur Rós; Perfume Genius; Aqualung; Simple Kid; Empire Of The Sun; Jack Beauregard; Jens Lekman; Maximilian Hecker; Patrick Watson; MGMT; Peter Broderick; Fionn Regan; Syd Matters; Hercules And Love Affair; The Postal Service; Underworld; Mount Kimbie; Thom Yorke; Atoms For Peace