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The Toten Crackhuren Im Kofferraum - Bitchlifecrisis

The Toten Crackhuren Im Kofferraum- Bitchlifecrisis

Destiny / Broken Silence
VÖ: 01.02.2019

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Asi im Ärmel

Ungefähr fünf Minuten. In etwa so lange darf man noch glauben, dass alles wie immer ist bei The Toten Crackhuren Im Kofferraum, die nach fünfeinhalb Jahren Sendepause ihr drittes Album "Bitchlifecrisis" veröffentlichen. "Scheiße" ist das erste vernehmbare Wort im Der-Name-ist-Programm-Opener "Wir sind keine Band (Wir sind ne Selbsthilfegruppe)" und es geizt auch im weiteren Verlauf nicht damit. Die Selbstbestimmung als Loser-Truppe erfolgt akkurat: "Wir schreiben keine Singles und wir schreiben keine Hits / Außer über diesen Gaul, der schon lange in der Wurst ist." Samt dem düster brodelnden Big Beat ist das gut und erwartbar. Ebenso die flotte, kurze Erstauskopplung "Jobcenterfotzen", das zwar lediglich "Amt" vom Debüt "Jung, talentlos & gecastet" mit Perspektivwechsel wiederkäut, dabei aber den ungleich größeren Treffer landet.

An dieser Stelle hätten die Vorgänger vielleicht schon so langsam an den ersten Füllsong gedacht, aber "Bitchlifecrisis" dreht danach erst richtig auf. "Minus 1" wäre beispielsweise die noch bessere erste Single gewesen: ein unbedingt mithüpfbarer songgewordener Türsteher. "Du stehst auf der Liste leider minus eins! / Minus eins! Minus eins! / Du und Deine Opfer-Freunde kommen nicht rein." Da passt auch Rapper Juse Ju als schwäbische Landpomeranze inmitten der Berliner Clublandschaft perfekt. "Behindert" rasiert davor politisch unkorrekt den Ex zu traurigem Elektrosoul-Pop: "Du bist einfach behindert / [...] / Hab Deine Dickpics gelöscht / Tinder wieder installiert." "Crackhurensöhne", eine Absage an jegliche Fortpflanzungswünsche der Mama, beginnt derweil im gewohnten Elektroclash und endet mit dem rasanten Punk von Luise Fuckfaces Nebenprojekt Lulu & Die Einhornfarm.

So weit, so launig, so vielfältig. Aber "Bitchlifecrisis" trägt seinen Namen nicht zu Unrecht. Denn wo die Crackhuren ihre Stücke zuvor oft stumpf auf den maximalen Konzert-Eskalationsfaktor trimmten, der sich selten auf Platte retten konnte, zeigen sie nun eine schwarzhumorige Düsternis, die gar nicht zum Feiern einlädt. "OK ciao" verpackt apokalyptische Fantasien in den süßesten Refrain, der ihnen zwischen zwei Sternis eingefallen ist. Mit "Heute ist ein schöner Tag" werden lodernde Feuerwände und zerstörende Wirbelstürme kommentiert. Im beeindruckenden Stimmungstief "Hämatom" wird der Humor dann ganz gestrichen. "Ich wünsch' mir ein Hämatom / Grün und blau auf meinem Herz / Das du mir im Wahnsinn verpasst!", kreischen die Damen über einem trostlosen, scharfkantigen Beat. "Ich liebe einen Asi, ein ekliges Schwein / Was soll ich machen? / Alles immer noch besser als allein zu sein", bleibt später nur die Feststellung, wenn im von Akustikgitarren dominierten Song "Auf einem Bett aus Pizzaschachteln" mit der ungepflegten Liaison der Liebesakt vollzogen wird.

Aber bildet man sich die Abgründe in diversen Songs am Ende nur ein? Crackhuren und Tiefgründigkeit – geht das überhaupt zusammen? Der Slogan "Solange es Freibier gibt, brauchen wir keine Liebe" klingt auf Platte eben nicht wie ein euphorisch gelalltes Saufbekenntnis. Die bedrückte Instrumentierung vermittelt Resignation, einsames Sitzen am bierresteverschmierten Tresen. Songs wie der Closer "Keine von uns ist krank" könnten mit brutalerem Text als Horrorcore funktionieren. "Kinder fangen an zu weinen, denn wir sind ungeschminkt", heißt es anderswo. Makeuplos erscheint auch "Bitchlifecrisis" in der Gesamtheit. Die Banger haben sie noch drauf, sie sind jedoch nur vereinzelte Einstiegspunkte zu etwas, das diesmal tiefer schürft. Aus der Neon-Trainingsjacke flutschen den Crackhuren Asse aus den Ärmeln, dass man sich wundert, wo sie die denn bislang versteckt hatten. Kein einziger Füller, dafür Feelings im Pöbel-Gewand. Krise statt Party – hier die überraschend bessere Alternative.

(Felix Heinecker)

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Highlights

  • OK ciao (feat. Pöbel MC)
  • Minus 1 (feat. Juse Ju)
  • Hämatom
  • Auf einem Bett aus Pizzaschachteln

Tracklist

  1. Wir sind keine Band (Wir sind ne Selbsthilfegruppe)
  2. Jobcenterfotzen
  3. OK ciao (feat. Pöbel MC)
  4. Behindert
  5. Minus 1 (feat. Juse Ju)
  6. QVC gegen Geilheit
  7. Crackhurensöhne
  8. Hämatom
  9. Keine Liebe
  10. Auf einem Bett aus Pizzaschachteln
  11. Ihr kriegt mich nicht
  12. Patschuliöl
  13. Rumlaufen Stress machen
  14. Keine von uns ist krank

Gesamtspielzeit: 44:13 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

peppermint patty

Postings: 1904

Registriert seit 07.05.2019

2020-05-11 00:37:27 Uhr
Ich kenn zwar nur "Ich und mein Pony" von denen, aber das passt natürlich wie .irgendwie perfekt
nanu
2019-02-10 11:56:08 Uhr
der link von armin vom 24.1. ist falsch.
Peinlich
2019-02-10 11:33:17 Uhr
...aber irgendwer muss doch stigmatisiert werden?
Nix mit stigmatisiert..
2019-02-09 12:02:41 Uhr
Lulu hat sich zuletzt aber als wham-fan geoutet, die steht auf den alten Kram, vor allem Club Tropicana feiert sie noch heute.
Klara
2019-02-09 11:47:46 Uhr
Platz 52 in den Charts
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