Listen




Banner, 120 x 600, mit Claim


Mike Krol - Power chords

Mike Krol- Power chords

Merge / Cargo
VÖ: 25.01.2019

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Immer mitten in die Fresse rein

Gar nicht zurückhaltend gibt sich "Little drama", sondern haut richtig auf die Pauke, bis der Putz von den Wänden bröckelt und die Lampen bedrohlich hin- und herwackeln. Astrein und viel zu kurz liebkosen sich Gitarre und Schlagzeug in der Mitte des Stücks, kurz bevor sie sich auch schon wieder gegenseitig Prügel androhen. Minimal versöhnlicher, aber ebenso stürmisch gibt sich "I wonder" mit Gastsängerin Allison Crutchfield von dem aus Philadelphia stammenden Alternative-Rock-Kollektiv Swearin'. Trotz kleinerer, ruhiger Passagen sollte das imaginäre Starkstrom-Schild nicht einfach übersehen werden, es sei denn, man steht als Hörer auf zu Berge stehende Haare und den einen oder anderen elektrischen Schock, der durch Mark und Bein geht. An eine Verschnaufpause ist hier jedenfalls nicht zu denken, denn wenn sogar ein Stück namens "Nothing to yell about" sich ungeachtet seines Titels die Seele aus dem geschundenen Leib brüllen kann, weiß man Bescheid: Hier ist vielleicht nicht Fledermausland, aber wild wird es trotzdem.

Aber Moment – worum geht es denn überhaupt? Da wird die Einleitung der Rezension glatt übersprungen und direkt zum Album übergangen. Einen Grund dafür gibt es auch nicht wirklich. Das reinste Chaos! Ist denn nun gar nichts mehr heilig? Kurze Antwort: nein. Nicht bei Mike Krol, Profi-Schreihals und -Schrammler aus dem beschaulichen Wisconsin, der sich schon auf seinem letzten Album "Turkey" von 2015 weder für etwas Dreck unter den Fingernägeln noch für richtig bescheuertes Artwork zu schade war. Und auch "Power chords", sein sehr präzise auf den Inhalt eingehend betiteltes viertes Werk, versucht sich an einer ganz eigenen Form der Ästhetik, um nicht zu sagen: möchte rein äußerlich gar nicht mal unbedingt vor Schönheit sterben. Krol, mit Völlig-Panne-Haarschnitt und beeindruckendem Veilchen, sitzt im Siebzigerjahre-Schlafzimmer – Blümchentapete inklusive –, und noch schlimmer als die rosafarbene Bettwäsche sind wohl nur die hervorblitzenden weißen Socken. Dieser Mann hat den Anti-Geschmack für sich gepachtet.

Immerhin: So doll, wie Krol auf dem Cover wohl auf die Fresse bekommen hat, so sehr haut auch das Album in eben selbige der Hörerschaft. Die wird trotzdem nach mehr verlangen. Zu herrlich ist es einfach, wie der Opener und Titeltrack von "Power chords" schon zu Anfang durchs Haus fegt und die hässliche Tapete von den Wänden reißt. Oder wie "Left for dead" quicklebendig und gar nicht komisch riechend zeigt, dass nicht nur die Berichte über Mark Twains Tod übertrieben waren. Ein wenig poppiger, aber mindestens genauso stark als Rohrreiniger kommt "Blue and pink" in der Album-Mitte daher, dessen Refrain beinahe Stadionhymnen-Charakter aufweist. Um das nur kurz erwähnt zu haben: Zu diesem Zeitpunkt wäre der Vorgänger "Turkey" schon fast wieder zu Ende gewesen. Von 18 auf knapp 34 Minuten Spielzeit steigert sich "Power chords" also ohne Probleme, ansonsten bleibt bei Krol alles beim Alten und damit eben alles auch etwas chaotisch. Zum Schluss, wenn "The end" sich ein letztes Mal verausgabt und das letzte bisschen Ordnung vom Regal fegt, rast das Herz. Klar, man könnte sich jetzt einfach eine Runde ins rosa Bett legen und ein Nickerchen machen. Oder man versucht, sich selbst noch ein zweites Veilchen hinzufügen. Wie wir bereits gelernt haben: Nicht für alles braucht man einen guten Grund.

(Jennifer Depner)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Bestellen bei Amazon / JPC

Highlights

  • Power chords
  • Left for dead
  • Blue and pink

Tracklist

  1. Power chords
  2. What's the rhythm
  3. An ambulance
  4. Little drama
  5. Left for dead
  6. Blue and pink
  7. I wonder
  8. Wasted memory
  9. Nothing to yell about
  10. Arrow in my heart
  11. The end

Gesamtspielzeit: 33:48 min.

Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)

Einmal am Tag per Mail benachrichtigt werden über neue Beiträge in diesem Thread

Um Nachrichten zu posten, musst Du Dich hier einloggen.

Du bist noch nicht registriert? Das kannst Du hier schnell erledigen. Oder noch einfacher:

Du kannst auch hier eine Nachricht erfassen und erhältst dann in einem weiteren Schritt direkt die Möglichkeit, Dich zu registrieren.
Benutzername:
Deine Nachricht:
Forums-Thread ausklappen
(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Kornetti
2019-01-24 14:09:45 Uhr
Bestes rock alternative album des jahres.supergepflegter fuzz mit tollen lo-fi und coolen refrains. Topdreck von krol

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2019-01-17 21:09:28 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?
Zum kompletten Thread

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Bestellen bei Amazon

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Plattentests.de-Forum

Anhören bei Spotify