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Papa Roach - Who do you trust?

Papa Roach- Who do you trust?

Membran / Sony
VÖ: 18.01.2019

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Compilation ohne Best-Of

Was tut eine Band, die in der Hochzeit eines mittlerweile toten Genres berühmt geworden ist und trotzdem noch Relevanz im aktuellen Zeitalter erhaschen will? Die diversen Vertreter der glorreichen Nu-Metal-Legionäre haben darauf ganz unterschiedliche Antworten gefunden. Linkin Park experimentierten immer wieder ein wenig mit ihrem Sound und landeten schließlich im belanglosen Mainstream-Pop der späten 2010er-Jahre. Limp Bizkit blieben ihrem Stil weitgehend treu, fokussierten sich aber zunehmend auf die ausgedehnte Live-Ausschlachtung ihrer alten Hits, anstatt sich auf das Schaffen neuer Musik zu konzentrieren. Disturbed arbeiteten sich in Richtung klassischer Metal-Spielarten vor und entdeckten kürzlich außerdem den pathetisch-grauenhaften Balladen-Kitsch für sich. Und Papa Roach? Die versuchen auf "Who do you trust?" zur Sicherheit alles gleichzeitig.

Beeindruckenderweise ist das größte Problem des mittlerweile zehnten Studioalbums der Kalifornier nicht eine hinsichtlich der Diskografie der Band durchaus zu erwartende Eintönigkeit, sondern vor allem seine absurde Konzeptlosigkeit. Hatte etwa das 2015 erschiene "F.E.A.R." mit seinen arg gleichförmig-ausladenden Alternative-Konstrukten noch den Eindruck gemacht, Papa Roach würden sich wie viele ihrer Zeitgenossen mit der uninspirierten Belanglosigkeit zufrieden geben, kann man "Who do you trust?" diesen Vorwurf nur noch bedingt machen. Tatsächlich gelingt es dem Quartett, auf seinem neuen Album ein breites Spektrum musikalischer Stilrichtungen und damit Abwechslung abzubilden. Trotzdem wäre es deutlich überzogen, der Band hier ernsthaften Mut zuzusprechen. Eine "Bravo hits" gewinnt ja auch nicht an Qualität, nur weil sie so divers ist.

Tatsächlich lassen sich die zwölf Songs auf "Who do you trust?" in ziemlich genau drei Kapitel à vier Tracks unterteilen. Der erste Abschnitt widmet sich den ungestümen Nu-Metal-Ursprüngen der Band und stellt tatsächlich den mit Abstand besten Teil der Platte dar. Der ironischerweise "The ending" betitelte Opener funktioniert als pathetische Rock-Hymne durchaus, wenn man über Jacoby Shaddix' dünne Rap-Einlagen hinwegsehen kann. Das folgende "Renegade music" stellt als kompromissloser Moshpit-Soundtrack sogar ein kleines Highlight dar, dem man sogar verzeiht, dass die Rage-Against-The-Machine-Anleihen spätestens beim überdeutlich an "Killing in the name" erinnernden "Motherfucker"-Ausruf etwas zu offensichtlich werden. Auch der Titeltrack groovt sich mit geschickt forciertem Aufbau in seinen Power-Refrain und weiß eine Art von Nu-Metal zu inszenieren, die noch überraschend frisch klingt.

Hätten Shaddix und Konsorten ab diesem Punkt einfach so weiter gemacht, wäre "Who do you trust?" möglicherweise sogar ein kleines Comeback einer eigentlich stinkend-faulenden Musik aus den späten Neunzigern gelungen. Bittererweise beginnt die Band aber genau hier mit dem mit Abstand am schwersten zu ertragenden Teil ihrer neuen Platte. Aus erfindlichen Gründen wollen Papa Roach nämlich plötzlich zeigen, dass sie auch im belanglosesten Mainstream-Pop zu Hause sind, und verbrechen mit "Elevate" ein Gruselkabinett zeitgenössischer Nichtigkeiten, das zunächst mit Imagine-Dragons-Klatschern und Nonsens-Chören einsetzt, um dann in eine Art EDM-Rock abzudriften. Auch die folgenden Tracks machen das Grausen kaum besser und inszenieren Pop bis Pop-Punk auf einem Niveau zwischen Blink-182 und The Chainsmokers. Da kann auch der wenig befriedigende dritte Abschnitt nur etwas Versöhnung schaffen, der sich Alternative-Hymnen zur Grundlage nimmt und zumindest an die besten Momente von Good Charlotte erinnert. Völlig aus der Reihe fällt hier nur der eineinhalbminütige Punk-Brecher "I suffer well!!!", der sich kein Bisschen in den Gesamtkontext der Platte einfügen kann und wohl nur als zusätzliches Argument für die gut zu bewerbende Abwechslung auf diesem Album existiert.

Schlussendlich lässt einen "Who do you trust?" mit der Frage zurück, wer Papa Roach eigentlich sein wollen. Unerbitterliche Verteidiger einer vergangenen Generation, die sie selbst geprägt haben? Ein schnell vergessenener Stadion-Headliner für den Massenmarkt der zeitgenössischen Pop-Fraktion? Eine unangepasste Underground-Band, die in schwitzigen Hardcore-Schuppen vor allem den schnellsten Weg auf die Fresse sucht? Oder eine brav recyclende Alternative-Gruppe, die vor allem durch die Hits alter Tage ihre Konzerte bis zur Rente konstant füllt? "Who do you trust?" liefert letztendlich nur schrecklichen bis guten Stoff für ein breites Spektrum von Spotify-Playlisten, versagt als Album jedoch durch die völlige Abwesenheit eines roten Fadens. Die einzige Gewissheit, die diese Platte daher liefert, ist die Erkenntnis, dass Abwechslung nur dann eine Tugend ist, wenn die einzelnen Songs dabei in ihrer Qualität nicht ebenfalls eine Achterbahnfahrt einlegen.

(Jakob Uhlig)

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Highlights

  • Renegade music
  • Who do you trust?

Tracklist

  1. The ending
  2. Renegade music
  3. Not the only one
  4. Who do you trust?
  5. Elevate
  6. Come around
  7. Feel like home
  8. Problems
  9. Top of the world
  10. I suffer well!!!
  11. Maniac
  12. Better than life

Gesamtspielzeit: 38:31 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Go to ....
2019-01-22 18:50:03 Uhr
Album ist gut geworden, ich würd ne tolle 6 zücken. Gute Mischung, paar Hits, hätte schlimmer kommen können. Klasse!
laut.de
2019-01-17 18:36:21 Uhr
4/5
olliuf
2019-01-16 00:38:18 Uhr
Blink182 sind unhatebar.
alte Regel
2019-01-15 15:06:36 Uhr
Alle erfolgreichen Bands biedern sich irgendwann dem Mainstream an.
Frank Drebin
2019-01-15 15:03:56 Uhr
Hier wollte wohl jemand seinen Frust an einer tollen Rezension loswerden. Schade aber objektiv ist anders!

Aber im Ernst: Dass sie kein neue Infest oder Lovehattragedy mehr hinbekommen würden, war ja klar, aber wenn sie an ihren vorhandenen Stärken festhalten würden, könnten wenigstens noch gute Alben dabei rauskommen und nicht nur solch uninspirierter Schmonz. Elevate ist in der Tat ziemlich grauenhaftes EDM-Radio-Gedudel, ohne das heute wohl leider niemand mehr auskommt. Da wünscht man sich ja schon fast, sie würden sich weiterhin auf ihren alten Nu Metal-Sound konzentrieren, das wäre immer noch weniger peinlich als sich so dem Mainstream anzubiedern.
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