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The Delines - The imperial

The Delines- The imperial

Decor / Indigo
VÖ: 11.01.2019

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Charlie, Holly und alle anderen

Alle Twens und Teens hören jetzt mal weg: Es schadet nicht, für den Genuss des Albums "The Imperial" der in Portland / Oregon ansässigen Band The Delines bereits das 30., besser noch das 40. Lebensjahr vollendet zu haben. Denn diese Platte spricht all jene an, die auf die Wankelmütigkeit des Lebens nur noch mit einem routinierten Schulterzucken reagieren. Bestes Beispiel ist dieser Charlie aus dem eröffnenden Stück, die Frau ist weg, der Job bald auch, aber irgendein gutmütiger Freund wird sich finden, der den nächsten Drink zahlt. In diesem Fall ist das Amy Boone, Frontfrau der Delines, die, unterstützt von einer potenten Band, jenem Charlie gleich noch ein paar nützliche Weisheiten in den biergetränkten Vollbart countryrockt. Dazu braucht es eine samtige Orgel und glitzerndes Fingerpicking auf der Vintage-Gitarre und ganz viel Balsam aus Boones Stimme. Wenn dann noch die gesamte Band zu einem leutseligen Chor anstimmt, ist der gute Charlie fürs Erste gerettet.

Mit festem Blick und gewappneter Stimme berichtet Boone von den ganz normalen Zeitgenossen. Das vom Schicksal hart rangenommene Menschenkind "Holly, the hustle" weiß selbst nicht, was sie falsch macht. Dass sie bei einem angezählten Trunkenbold landet, scheint in der Erzählweise der Delines genauso tragisch wie unausweichlich. Im Titelsong wiederrum nimmt Boone die Rolle der erzwungenermaßen starken Frau ein, der Liebste sitzt im Knast, ausgestattet nur mit den Erinnerungen an diese magischen, gemeinsam verbrachten Nächte im Motel "The Imperial". Die nüchternen Geschichten dieser Band sind das eine, was sie jedoch an anrührender Musik drumherum zaubern, ist einfach unerhört. Besagter Titelsong schwebt erst arglos dahin, doch dann schält sich ein Über-Refrain in Techni-Color heraus, der unumwunden ins Mark trifft. Selten wurde man derart durchgeschüttelt und gleichzeitig sanft gestreichelt. Oder wie sich in "Where are you Sonny" zunächst die sinistre Orgel vorantastet, im bluesigen Interieur dann jedoch Platz für herrschaftliche Bläser freigeräumt wird ... Ein ganz zarter Erweckungsmoment, bei dem man nicht weiß, ob es sich nun um einen Triumph oder einen finalen Abgesang handelt.

Schaut man sich Bilder dieser Band an, kommt man nicht umhin zu bemerken, dass hier das Leben Spuren hinterlassen hat: Falten rahmen die wachen Augen, im Haar dominiert grau. Dies scheint den Delines jedoch genau die Autorität zu verleihen, über die Eitelkeit in einer knospenden Teenagerliebe wie in "Eddie & Polly" zu berichten. Die leidenschaftlichen Irrfahrten dieser Jungspunde werden mit Gelassenheit aber viel Mitgefühl aufgezeichnet, ohne Hast, aber mit Herz. Was dieses Album allzeit zu einem wundervollen Begleiter macht, ist der Mut der Delines, ihr ganzen Vertrauen auf die Wirkmacht dieser wundervollen Melodien zu legen. Man muss nicht zwanghaft modische Brüche oder Kanten einbauen, wenn das Grundgerüst mit seinem Schönklang so weit trägt. The Delines liefern in aller Abgeklärtheit Geschichten aus der Mitte, ohne diese Mitte betonen zu müssen. Dies ist Folk-Rock oder auch Country, der ein unerschütterliches Fundament besitzt und in den meisten Momenten unheimlich anrührt. Es braucht keine kompositorischen Tricks, eine Band erzählt und spielt ihre Lieder, ganz einfach.

(Martin Makolies)

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Highlights

  • Cheer up Charlie
  • The Imperial
  • Eddie & Polly
  • Holly the hustle

Tracklist

  1. Cheer up Charlie
  2. The Imperial
  3. Where are you Sonny
  4. Let's be us again
  5. Roll back my life
  6. Eddie & Polly
  7. Holly the hustle
  8. That old haunted place
  9. He dont't burn for me
  10. Waiting on the blue

Gesamtspielzeit: 41:33 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Der Richter
2019-01-13 22:10:54 Uhr
Ändern sich Präferenzen für Musik automatisch im Alter? Muss man in einem gewissen Alter sein, um gewisse Arten von Musik zu schätzen?

Sick

Postings: 268

Registriert seit 14.06.2013

2019-01-13 02:35:46 Uhr
Sehr gutes Album.

Otto Lenk

Postings: 772

Registriert seit 14.06.2013

2019-01-11 11:32:50 Uhr
Die Musik/Texte entsprechen absolut den Gedanken der Rezension.

Otto Lenk

Postings: 772

Registriert seit 14.06.2013

2019-01-11 11:30:51 Uhr
Starke Rezi!

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2019-01-10 20:40:53 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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