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Pedro The Lion - Phoenix

Pedro The Lion- Phoenix

Polyvinyl / Big Scary Monsters / Al!ve
VÖ: 18.01.2019

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Gruppenregression

Die Psychoanalyse hat einen griffigen Namen für das, was David Bazan widerfahren ist: Regression. Damit meint sie einen Abwehrmechanismus, mit dem der Mensch auf schwierige Lebensphasen reagiert. Statt progressiv vorzugehen, also die Probleme mit dem Kopf durch die Wand gehend zu lösen, setzt der Mensch sich in sein Kinderzimmer und spielt mit altem Playmobil. Er versetzt sich in frühere Entwicklungsstadien, um Stress zu vermeiden. Bazan befand sich als Solo-Künstler Mitte 2016 auf einer Tour, die ihn auch in seine Heimatstadt Phoenix, Arizona, führte. Im Haus seiner Großeltern realisierte er, dass all die Probleme, die ihn 2006 zur Aufgabe seiner Band Pedro The Lion bewegt hatten, weiterhin Bestand hatten: Es war ihm immer noch nicht gelungen, eine stabile Band hinter sich zu versammeln, und glücklich war er auch nicht. Er transportierte sich gedanklich allerdings nicht nur in seine alte Band zurück, sondern während einer Tour durch die Nachbarschaft auch in seine Kindheit. Diese Regression war die Inspiration für neue Musik. Nachdem er sich, wie zu alten Pedro-The-Lion-Zeiten, alleine hinsetzte, um Songs aufzunehmen, war auch der Name wieder da. Bazan war wieder der Löwe, suchte sich zwei Mitmusizierende – und die Musik wurde feinster Indie-Rock.

Für die Comeback-Platte, die sinnigerweise den doppelbödigen Titel "Phoenix" trägt, hat Bazan zwar thematisch in die Vergangenheit gegriffen, soundtechnisch allerdings einen großen Schritt nach vorne gemacht. Den Lo-Fi-Touch der ehemaligen Veröffentlichungen wie "Achilles heel" oder "Control" hat er gegen einen cleaneren, straighteren Sound eingetauscht, der stellenweise an die jüngeren Platten von Car Seat Headrest erinnert. Bazans Gesang hat in der knapp 14-jährigen Pause eine gutturale Qualität hinzugewonnen, die jedes Wort mit einem fetten Unterstrich zu versehen scheint. Mit dem Einstieg beeilt er sich allerdings nicht. Der Instrumental-Opener "Sunrise" klingt eher nach Beerdigung als nach Wiederauferstehung und gibt keinen Hinweis darauf, was den Hörer auf dem Rest der Platte erwartet. Mit "Yellow bike" beweist Bazan im Anschluss aber, dass er immer noch ein toller Erzähler ist, der gerne deskriptiv arbeitet. "On a desert Christmas morning 1981 / One month shy of six years old / In the valley of the sun / My first two-wheel bicycle stood by the tree / My heart thumping in my chest / Though I tried I couldn’t ride one yet", heißt es da, und als Hörer muss man staunen, was für schöne Songs man über seine Weihnachtsgeschenke schreiben kann. Die ausgelassene Rückbesinnung auf die kindliche Naivität und Lebensfreude entlockt Bazan sogar ein kleines "Woo", während ein brummender Bass und launige Gitarren-Riffs die Erzählung untermalen.

In dem damit abgesteckten Rahmen bewegt sich auch der Rest der Songs. Bass und Drums bauen ein mal treibendes, mal angenehm-schlurfendes Grundgerüst, die Gitarre zimmert abwechselnd rhythmisch oder mit einfallsreichen Schnörkeln mitreißende Indie-Rock-Bretter draus. Mit Tracks wie "Clean up" oder "Powerful taboo" haben Pedro The Lion sogar veritable Ohrwürmer in petto, die sich mit nachdenklicheren Stücken wie "Leaving the valley" oder "Circle K" abwechseln. Ersteres stellt in alter "Blowin’ in the wind"-Manier große Lebensfragen: "How do you stop a rolling stone? / How will you know you’re finally home? / How many canyons will you roam / Before your face warms in the sun?" Der zweitgenannte Song erzählt davon, dass Bazan sich das in der Kindheit sehnlichst gewünschte Skateboard nicht leisten konnte, weil er sein Erspartes immer an der Tankstelle für Süßigkeiten ausgegeben hat. Genau diese Anekdoten sind es, die das Album so großartig machen. Es fühlt sich an wie das gemeinsame Schwelgen in der Vergangenheit, die gemeinsame Regression, mit einem Freund, den man lange aus den Augen verloren hat. David Bazan war zwar nie weg, aber es ist schön, dass er endlich wieder da ist.

(Simon Conrads)

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Highlights

  • Yellow bike
  • Clean up
  • Circle K
  • Tracing the grid

Tracklist

  1. Sunrise
  2. Yellow bike
  3. Clean up
  4. Powerful taboo
  5. Model homes
  6. Piano bench
  7. Circle K
  8. Quietest friend
  9. Tracing the grid
  10. Black canyon
  11. My Phoenix
  12. All seeing eye
  13. Leaving the valley

Gesamtspielzeit: 44:54 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Ed
2019-02-22 22:58:20 Uhr
Verdientes Album der Woche, bisher mein Album des Jahres

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 25215

Registriert seit 08.01.2012

2019-01-10 19:08:14 Uhr - Newsbeitrag
PEDRO THE LION - PHOENIX
Für Fans von: Cursive, Bright Eyes, Rainer Maria, The New Year


”Phoenix” heißt das erste Pedro The Lion-Album in 15 Jahren und das obwohl David Bazan, Songwriter und die einzige Konstante der Band nie weg war. Unter dem Namen Pedro The Lion machte Bazan seit Mitte der 90er Jahre bereits schon Musik, veröffentlichte vier Alben bevor er die Band anschließend in den Vorruhestand schickte, jedoch als Solokünstler und als Teil unzähliger Bands weiterhin Musik veröffentlichte.

Nächste Woche Freitag (18.01.) erscheint mit ”Phoenix” das erste neue Album seines Emo-Alter Egos Pedro The Lion auf Big Scary Monsters in Deutschland. Nach ”Yellow Bike”, ”Model Homes“ und einer fantastischen NPR Tiny Desk-Session, gibt es das komplette Album ab heute in voller Länge exklusive bei NPR First Listen zu hören.
https://www.npr.org/2019/01/10/676403121/first-listen-pedro-the-lion-phoenix

Zudem präsentiert die Band ein weiteres Video zum Song ”Quietest Friend”, das ihr euch hier anschauen könnt:


Auf ”Phoenix” präsentieren Pedro The Lion laut Plattentests.de "feinsten Indie-Rock", die das Album jüngst auch gleich zum ersten "Album der Woche" 2019 gewählt haben. Auch das VISIONS Magazin ist Fan des Alums, bezeichnet es als "prachtvolles Exemplar von Emo, Americana und US-Indie" und gibt dem Album 10 von 12 Punkten in der aktuellen Ausgabe.

Cinori
2019-01-05 21:59:25 Uhr
Ihr vergebt eine 8/10 weil der Typ Stories aus der Kindheit erzählt? Ist mir alles schleierhaft, jedenfalls musikalisch nichts grossartiges. Sagen wir 5/10. Es ist Indie-Rock wie jeder andere.
lol
2019-01-04 19:20:05 Uhr
Und erstmal alle Beiträge löschen, die freundlicherweise darauf hinwiesen.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 25215

Registriert seit 08.01.2012

2019-01-04 18:35:40 Uhr
VÖ jetzt auch korrigiert, da stand noch 2018.
Zum kompletten Thread

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