Van Morrison - The prophet speaks
Exile / Caroline / Universal
VÖ: 07.12.2018
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Das schwierige 40. Album
2013 veröffentlichte der amerikanische Wissenschaftler David Graeber einen Artikel in einem kleinen Magazin, in dem er das Phänomen sogenannter "Bullshit jobs" beschrieb. In der Folge meldeten sich bei dem Magazin so viele Betroffene, dass Graeber seinen Untersuchungen dieses Jahr ein ganzes Buch gewidmet hat: "Bullshit jobs: A theory". Der Kern seiner Theorie ist, dass es in unserer kapitalistischen Gesellschaft eine Vielzahl von unsinnigen Jobs gibt, die die sie ausführenden Arbeitskräfte zwar finanziell entlohnen, aber eben nicht sonderlich fordern. Wenn man den Blick über die letzten Veröffentlichungen von Van Morrison schweifen lässt, liegt der Gedanke nicht fern, dass auch die irische Legende inzwischen in einem "Bullshit job" gefangen ist.
Der Mann veröffentlicht ständig neue Alben (fünf Stück waren es seit 2015), die zwar keine großen Wellen schlagen, aber mit Sicherheit seine Taschen füllen. Als ihm 2016 ein Journalist anlässlich der Veröffentlichung seines Albums "Keep me singing" einen ganz besonderen Drive zusprechen wollte, korrigierte Morrison, diesen Drive gäbe es nicht, er bräuchte schlicht Geld. Zwei Jahre später ist der Sänger 73 und bringt mit "The prophet speaks" sein 40. Album auf den Markt. Vierzehn absolut solide Jazz- und Blues-Stücke nutzt "Van the man" vor allem dazu, seine einzigartige Stimme zur Schau zu stellen. Die Tatsache aber, dass acht der Songs Cover sind und alles scheinbar bewusst viel braver und unaufgeregter gehalten ist, als noch beim 2017er Album "Roll with the punches" , beschert der Musik vor allem ein wenig schmeichelhaftes Prädikat: stört nicht. Das ist besonders deshalb bedauernswert, weil seine besten Alben "Astral weeks" und "Moondance" fest im Kanon der wichtigsten Veröffentlichungen des letzten Jahrhunderts verankert sind und Morrisons Alterswerk weit von der Qualität dieser Meilensteine entfernt ist.
Eine wohlige Nostalgie kommt aber trotzdem auf, wenn Morrison schöne Sätze wie "Got to go where the love is" knödelt und danach ein Saxophon Erinnerungen an alte Stücke wie "Tore down a la Rimbaud" wach bläst. Die eigenen Kompositionen wie "5am Greenwich mean time", "Love is hard work" oder der Titeltrack fügen sich stilistisch blendend in die Sammlung von Jazz- und Blues-Klassikern ein, weil es Morrison gelingt, sich Stücke wie Sam Cookes "Laughin' and clownin'" so sehr zu eigen zu machen, dass man fast vergessen könnte, dass sie ehemals von einer anderen Stimme gesungen wurden. Die mystischen Anwandlungen seiner frühen Texte hat Morrison ansonsten ohnehin schon länger gegen universellere Altersweisheiten eingetauscht: "Love is hard work / That's a fact / Think you're moving forward / But it's setback after setback" singt er in "Love is hard work" und der Hörer kommt nicht umhin, den zurückgelehnten Jazz-Sound mit wippenden Füßen und leichtem Kopfnicken zu begleiten. Mit dem bittersüßen "Spirit will provide" kontert Morrison kurz vor Ende des Albums den zu Beginn geäußerten Vorwurf mit dem "Bullshit job": Das klavierbasierte Slow-Jazz-Stück zeigt den Iren von seiner besten Seite und lässt auch den Verdacht zu, dass der Mann doch noch einen Drive in sich hat und Geld hier nicht die einzige Motivation ist.
Highlights
- Got to go where the love is
- Laughin' and clownin'
- Spirit will provide
Tracklist
- Gonna send you back to where I got you from
- Dimples
- Got to go where the love is
- Laughin' and clownin'
- 5am Greenwich mean time
- Gotta get you off my mind
- Teardrops
- I love the life I live
- Worried blues / Rollin' and tumblin'
- Ain't gonna moan no more
- Love is a five letter word
- Love is hard work
- Spirit will provide
- The prophet speaks
Gesamtspielzeit: 68:49 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Dabougi |
2018-12-22 05:21:13 Uhr
Bei den besten Alben fehlt Veedon Fleece :-) |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27875 Registriert seit 08.01.2012 |
2018-12-20 20:49:10 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
Them; Bob Dylan; Jackson Browne; Crosby, Stills & Nash; Paul Simon; The Band; James Taylor; Neil Young; J. J. Cale; Warren Zevon; Boz Scaggs; Eddie "Cleanhand" Vinson; John Lee Hooker; Sam Cooke; Solomon Burke; J.D. Harris; Willie Dixon; Steely Dan; Jim Croce; Ry Cooder; Carole King; Bonnie Raitt; John Hiatt; Rickie Lee Jones; Cat Stevens; John Martyn
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