The Wave Pictures - Look inside your heart
Moshi Moshi / Rough Trade
VÖ: 09.11.2018
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Routiniert wie eh und je
Wie muss sich das nur anfühlen, seit mehr als 20 Jahren Musik zu machen, 16 von der Kritik meist gefeierte Alben veröffentlicht zu haben und trotzdem maximal Geheimtippstatus zu genießen? The Wave Pictures müssen es wissen. Das Trio um Texter und Sänger Dave Tattersall spielte schon diverse Europa-Tourneen, und wer die sympathischen Briten bei einem ihrer Auftritte erlebt hat, beginnt nachzuvollziehen, warum sie immer noch im selben Erfolgsstadium herumdümpeln und kommt zu dem Schluss: Genau da gehören sie hin. In den kleinen Clubs, in denen auch die letzte Reihe von den energievollen Performances auf der Bühne mitgerissen wird, entfalten die Songs ihre größtmögliche Wirkung. Auf die zähen Moll-Ausflüge von "Brushes with happiness", das erst diesen Juni erschienen ist, lassen sie mit "Look inside your heart" nun den ausgelasseneren Konterpart folgen.
Alle Lieder wurden live eingespielt und werden durch kurze Einspieler von Geplänkel und Lachen im Studio voneinander getrennt, was eine Atmospähre der Spontaneität und Gelassenheit beschwört. Weil aber alle Sympathie der Welt und die Verdienste vergangener Tage nicht gegen Kritik feien, muss eines direkt erwähnt werden: Mit ihren besten Alben "Instant coffee baby" und "City forgiveness" kann die neue Platte bei weitem nicht mithalten. Bei aller Experimentierfreude, die The Wave Pictures in den letzten Jahren bewiesen haben, haben sie es nie geschafft, sich neu zu erfinden, und auch "Look inside your heart" hat zum Bandsound wenig Frisches beizusteuern. Das ist zu verkraften, weil Tattersall immer noch geistreich und gewitzt erzählen kann und die zwölf Stücke den verspielten Indie- und den ruppigen Blues-Rock der bisherigen Veröffentlichungen vereinen.
Das leichtfüßige "Roosevelt Sykes" erinnert etwa an das fantastische "We come alive" aus dem Jahr 2008, und bluesigere Nummern wie der Titeltrack finden ihre geistigen Vorläufer auf dem Album "Bamboo dinner in the rain" von 2016. Etwas frischen Wind bläst dagegen "Hazey moon" aus den Lautsprechern, hier klingen The Wave Pictures wie die Stones zu "Some girls"-Zeiten. Das Stück ist lässiger Rock'n'Roll, wie man ihn heutzutage selten hören kann. Dass die Briten ihre Kreativität diesmal besser bündeln können und die Songs nicht wie noch auf "Brushes with happiness" in leicht schleppende Sechsminüter ausufern lassen, bekommt dem Album gut. Wenn eine Band nach so langer Zeit ein solch kurzweiliges, wenn auch etwas unspektakuläres Album vorlegen kann, ist das unbedingt zu würdigen.
Über die Wortgewandtheit und das narrative Gespür von Tattersall kann man ohnehin immer wieder nur staunen. Er braucht nicht viele Worte, um seine Geschichten einzuleiten: "In the soft green folds of a tent / in the shadow in the yard / Bobby made his way / Like a spider to Clarissas arms." So beginnt die Geschichte von Bobby und Clarissa in "Tell me that you weren't alone", und der Hörer hängt am Haken von Tattersalls quengelndem Gesang. Hier und da lässt der Texter seinen cleveren Witz durchscheinen, so etwa in dem blendend gelaunten "Sugar": "I went through fire just to get to you / Well, I guess that that isn't strictly true / I walked a hundred yards / In the rain without a hat on." Wem die Instrumentals also schon bekannt vorkommen, der kann sich an den feingeistigen Erzählungen erfreuen – lohnen tut sich das Hören auf jeden Fall.
Highlights
- Roosevelt Sykes
- Sugar
- Hazey moon
- Tell me you weren't alone
Tracklist
- Roosevelt Sykes
- House by the beach
- Shelly
- Look inside your heart
- Sugar
- I came to you once
- Dodge city blues
- Hazey moon
- Close your eyes Mike
- Brian
- Goodbye Spiderman
- Tell me that you weren't alone
Gesamtspielzeit: 46:25 min.
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Referenzen
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