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Laura Jane Grace & The Devouring Mothers - Bought to rot

Laura Jane Grace & The Devouring Mothers- Bought to rot

Bloodshot / Rough Trade
VÖ: 09.11.2018

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Entgifte Dich

Laura Jane Grace hat keinen Bock mehr darauf, keinen Bock mehr auf alles zu haben. Es ist nicht so, dass der unermüdliche Transrechts-Aktivismus der Against-Me!-Frontfrau mittlerweile nicht mehr gebraucht würde – tatsächlich ist das Gegenteil der Fall –, das dauerhafte Angepisstsein wurde ihr schlicht zu viel: "I don't want to write about these same things anymore […] I want to write some positive, happy songs, and I wanted that to be inspired by positive, happy living, too." Um dies zu verwirklichen, entledigte sie sich temporär des Ballasts des großen Bandnamens, formte aus Against-Me!-Drummer Atom Willard und ihrem Hausproduzenten Marc Jacob Hudson kurzerhand die Devouring Mothers und veröffentlicht nun "Bought to rot": das Quasi-Solo-Debüt einer der lautesten, wichtigsten Stimmen des modernen Punkrock, auf dem sie ihr Megafon zugunsten eines schonungslos intimen Blicks in ihr Innenleben ein wenig leiser dreht.

Allzu sehr auf die musikalische Grundausrichtung ausgewirkt hat sich der thematische Fokus allerdings nicht, das Album ist weiter von akustischem Singer-Songwriter-Gezupfe entfernt als die USA von einer angemessen mit Diskriminierung umgehenden Innenpolitik. Und doch ist nicht nur der neue Optimismus klar herauszuhören, sondern auch die eher überraschende Haupt-Einflussquelle – "Full moon fever", Tom Pettys Solo-Debüt und der erste Langspieler, den Grace je besessen hat. Das frühe Highlight "Born in black" fokussiert den Sound vielleicht am besten: Ein melodischer Midtempo-Stampfer, in dem die Stimme der 38-Jährigen so gut wie nie zur Geltung kommt, der seine trotzdem rotzige, energetische Attitüde aber nicht mal hinter einem großartig käsigen Gitarrensolo verbergen kann. "Bought to rot" zelebriert eine Verbindung aus Punk und ur-amerikanischem Classic-Rock, bei der The Gaslight Anthem oder das diesjährige Titus-Andronicus-Album "A productive cough" als erste Referenzpunkte in den Sinn kommen.

Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit, denn Grace hat hier nicht weniger als ihre stilistisch vielfältigste Platte überhaupt gemacht. Der Opener "China beach" zeigt sich mit Stakkato-Gitarren und Screamo-Refrain noch widerspenstig, verbirgt aber hinter seiner Kratzigkeit eine astreine Hymne an die Selbstakzeptanz. "Reality bites" ergeht sich elegisch in millennialer Melancholie, die Garagen-Rastlosigkeit von "Amsterdam hotel room" lässt sich bis zu den Stooges zurückführen und "Screamy dreamy" konterkariert passend zu seinem Namen Schlafwandel mit Hochgeschwindigkeits-Ausbrüchen. Am allerstärksten wird "Bought to rot" jedoch, wenn es seiner persönlichen Ebene den größten Raum zur Entfaltung gibt. So erzählt der famose "The airplane song", ein wunderbar treibendes Stück 00er-Indie-Rock, hinter Flugzeug-Metaphern die Geschichte einer zerrissenen Liebe, während der Akustikgitarren-Schunkel-Punk von "Apocalypse now (& later)" als entwaffnend direkte Ode an die Zweisamkeit der reinste Glücklichmacher ist, den Grace je geschrieben hat.

Allzu weit weg von Against Me! ist das alles nicht – Country-Einflüsse wie im fast schon pädagogischen "The friendship song" hantiert, hatte ja auch schon die Hauptband –, doch mit ihrer launigen Luftigkeit verdienen sich die Devouring Mothers auf jeden Fall ihre Eigenständigkeit. Das eindeutige Herzstück stellt indes "I hate Chicago" dar: In auf links gedrehter Liedermacher-Manier giftet sich Grace durch eine unverblümte Hasstirade auf ihre Wahlheimat – inklusive Bonmots wie "I could give a shit about the Pumpkins, Slint or Wilco / Learn how to make a pizza you fucking jack offs / Say "hello" back when someone says "hello" you asshole" –, doch offenbart sie später, dass sich dahinter nur die Trauer um eine verflossene Liebe verbirgt. Da ist der explizite Entschuldigungs-Rundumschlag des abschließenden "The apology song" eigentlich nicht mehr notwendig, die kathartische Dringlichkeit hat sich hier schon längst in aller Ausdrücklichkeit manifestiert. "Bought to rot" ist nicht unbedingt das Album, das die Welt in ihrer aktuellen Lage gebraucht hat, jedoch Grace selbst so sehr wie nichts anderes.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights

  • Born in black
  • The airplane song
  • Apocalypse now (& later)
  • I hate Chicago

Tracklist

  1. China beach
  2. Born in black
  3. The airplane song
  4. Apocalypse now (& later)
  5. Reality bites
  6. Amsterdam hotel room
  7. The friendship song
  8. I hate Chicago
  9. Screamy dreamy
  10. Manic depression
  11. The acid test song
  12. The hotel song
  13. Valeria Golino
  14. The apology song

Gesamtspielzeit: 38:21 min.

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User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

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Registriert seit 08.01.2012

2019-06-18 19:32:20 Uhr - Newsbeitrag

Ende 2018 erschien mit "Bought To Rot" das gefeierte Debüt von Against Me!-Sängerin Laura Jane Grace und ihrer neuen Band The Devouring Mothers bei Bloodshot Records. Neben einem neuen Musikvideo wurden nun auch endlich Livedates für Deutschland angekündigt. Der Vorverkauf startet am Freitag.

Lange mussten wir auf Livedates zu "Bought To Rot" hierzulande warten, doch im September ist es endlich soweit. Laura Jane Grace & The Devouring Mothers kommen für fünf Konzerte nach Deutschland. Damit nicht genug: gemeinsam mit Frank Iero von My Chemical Romance und seiner neuen Band The Future Violents und dem kanadischen Punkrock-Duo Mobina Galore versprechen die Shows in Köln, Hamburg, Berlin, Leipzig und München absolute Highlights des Konzertjahres zu werden.

"Wir sind überglücklich, 'Bought To Rot' endlich auch nach Europa bringen zu können. Wir werden jeden Abend das komplette Album spielen und dann noch einige Überraschungen auspacken. Außerdem haben wir fantastische Gesellschaft mitgebracht", so Grace.

Tickets für die folgenden Konzerte sind ab Freitag, dem 21.06.2019, ab 10:00 Uhr erhältlich. Bitte kündigt die Livedates ab sofort nach euren Möglichkeiten an - Danke!

LAURA JANE GRACE & THE DEVOURING MOTHERS
FRANK IERO AND THE FUTURE VIOLENTS
Support: Mobina Galore

04.09. Köln, Club Volta
05.06. Hamburg, Knust
06.09. Berlin, SO36
07.09. Leipzig, Conne Island
08.09. München, Backstage

Erst letzte Woche war ein weiteres Musikvideo erschienen: der animierte Clip zu "The Hotel Song" visualisiert eine Nacht in einem Hotelzimmer, die Laura auf jahrelangen Touren immer wieder einen Rückzugsort bieten. "Der Hotel Song ist mein Tribut an die Hotels und Motels überall auf der Welt. Egal wie abgeranzt die Betten, egal wie mies das Shampoo oder das Wifi ist: ich bin dankbar für diese gemieteten Räume, die mir überall auf der Welt ein Gefühl von Zuhause geben" sagt Laura Jane Grace.

Laura Jane Grace & The Devouring Mothers - "The Hotel Song" (Musikvideo)



Armin

Plattentests.de-Chef

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Registriert seit 08.01.2012

2019-04-25 18:40:54 Uhr - Newsbeitrag
Laura Jane Grace & The Devouring Mothers veröffentlichen Video zu "I Hate Chicago"

Ende 2018 erschien mit "Bought to Rot" das erste Album von Against Me!-Sängerin Laura Jane Grace mit ihrer neuen Band "The Devouring Mothers". Zum großartigen Hassliebe-Song "I Hate Chicago" ist jetzt eins der untehaltsamsten Musikvideos des Jahres erschienen. Schnell wird klar, dass der Clip "Wayne's World" persifliert. Welcome to "Jane's World"!

Laura Jane Grace & The Devouring Mothers - "I Hate Chicago" (Musikvideo)

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

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Registriert seit 10.09.2013

2018-11-21 22:12:40 Uhr
Das ist höchst unhipsterige Musik.
Britta Helm
2018-11-21 12:28:14 Uhr
Muss man als Trendhipster unbedingt hören. Go veggie!

Affengitarre

User und News-Scout

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Registriert seit 23.07.2014

2018-11-21 10:34:18 Uhr - Newsbeitrag
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