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Therapy? - Cleave

Therapy?- Cleave

Marshall / Rykodisc / Warner
VÖ: 21.09.2018

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Wut und Empathie

Es fühlt sich beinahe schizophren an, dieses 2018. Während zeitgemäße Menschen zum Chai Soia-Latte die neuesten Food- und Yogatrends bequatschen und die üppig gesäten Sonnenstunden genießen, sieht man selbst hierzulande wieder Nazis auf den Straßen und verstärken sich an anderen Orten des Planeten die politischen Konflikte. Werden Krisen zu brutalen Kriegen ohne Aussicht auf diplomatische Lösungen, flüchten mehr und mehr Menschen aus ihren Ländern oder ertrinken gar im Mittelmeer. Therapy? haben in ihrer nordirischen Heimat blutige religiöse Auseinandersetzungen miterlebt und in ihrer bald dreißigjährigen Laufbahn viele Aufs und Abs. Andy Cairns und seine beiden Mitstreiter haben nicht zu Unrecht das Gefühl, dass die Gesellschaft trotz – oder gar wegen? – manch futuristischer Erfindung mit offenen Augen wieder in dunkle vergangene Zeiten abdriftet.

Somit steht "No sunshine", diese den Jahrhundertsommer wunderbar kontrastierende, halbdunkle Rock-Hymne, nicht zufällig am Schluss der 15. Platte des Trios aus Larne. Wer den Frühlingsputz trotzdem ein halbes Jahr vorverlegen möchte, wird die Wut zu schätzen wissen, mit der sich der Opener "Wreck it like Beckett" um sein markantes Public-Enemy-Riff windet. Beckett? Samuel Beckett? Die Referenz zum berühmten irischen Schriftsteller wählte Cairns bewusst, da auch dieser seinen Schreibtisch stets mit Schmackes zu räumen wusste, bevor er zu neuen Projekten aufbrach. Gänzlich neu ist der Therapy?-Sound indes natürlich nicht. Trademarks wie die prägnant scheppernde Snaredrum, von Chris Sheldon nicht zufällig ähnlich wie beim 1994er-Megaseller "Troublegum" in Szene gesetzt, und die jaulenden, zackigen Gitarrenriffs gibt es allerorten, bloß wurde "Cleave" weniger oft in den Harmonie-Topf getaucht als der sehr gute Vorgänger "Disquiet".

Mit Ausnahme des Closers, der tollen Single "Callow" und des Sleaze-Happens "Crutch" mangelt es ein wenig an Stücken, die neben großartiger Wucht auch mal eine feine Melodie voranstellen. Ob das manchen vielleicht besser schmeckt, werden die treuen Fans am besten ausdiskutieren können. "Success? Success is survival" hebt währenddessen den mahnenden Zeigefinger, weil da draußen natürlich etwas nicht stimmen kann, wenn Politiker allerorten vom dauerhaften Wohlstand sprechen, der ungezügelte Kapitalismus sich jeglicher Kontrollinstanzen aber längst entzogen hat: Die Zeilen "Some of us have nothing left / Some of us take it all / Divided, vulnerable" lassen den Hörer schulterzuckend und nickend zurück. Während Therapy? schon längst das nicht minder begeisternde "Kackistrocracy" aufs Feld gelassen haben, einen Brecher, der die alten Helmet-Zeiten auf den Plan ruft und eine der unangenehmsten Fragen unserer Zeit stellt: "It's ok not to be okay / But is this the end of empathy?!"

(Eric Meyer)

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Highlights

  • Kackistocracy
  • Callow
  • No sunshine

Tracklist

  1. Wreck it like Beckett
  2. Kackistocracy
  3. Callow
  4. Expelled
  5. Success? Success is survival
  6. Save me from the ordinary
  7. Crutch
  8. I stand alone
  9. Dumbdown
  10. No sunshine

Gesamtspielzeit: 32:48 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Hogi

Postings: 522

Registriert seit 17.06.2013

2018-10-01 11:49:11 Uhr
Hatte die Band auch schon fast abgeschrieben, aber die letzten beiden Alben gefallen mir wieder sehr.

Robert G. Blume

Postings: 898

Registriert seit 07.06.2015

2018-10-01 11:12:22 Uhr
Schade, dass die Band kaum noch jemanden interessiert. Mir macht das Album auch viel Spaß.
Michael2018
2018-09-28 14:25:52 Uhr
Mir gefällt das Album. Es macht Spaß und geht wieder in die richtige Richtung, zwischen Eingängigkeit und Härte.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2018-09-26 20:26:40 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?


Robert G. Blume

Postings: 898

Registriert seit 07.06.2015

2018-09-10 11:03:28 Uhr
Geil, Wreck It Like Beckett klingt volle Möhre nach Helmet.
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