The Mighty Mighty Bosstones - While we're at it

Big Rig / Rude / Cargo
VÖ: 27.07.2018
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10

Der Pausensnack
Was hat Ska-Core bitteschön mit Pausen zu tun? Sammeln wir doch einmal im Umfeld der Urväter dieses wunderbaren Subgenres in der Schnittmenge zwischen Ska und Hardcore-Punk, nämlich The Mighty Mighty Bosstones. Die zum Beispiel kurz nach der Jahrtausendwende eine mehrjährige Bandpause (aha!) einlegten, weil damals einerseits der Single-Hit "The impression that I get" von 1997 schier übermächtig alle folgenden Veröffentlichungen überschattete und zum anderen keine Trompete mehr nach ursprünglichem Ska trötete. Wir können aber auch die Pause von mittlerweile sieben Jahren seit der letzten Studioplatte "The magic of youth" heranziehen, nur dass die Band derweil zumindest mal live aktiv war. Auf den Bühnen also, auf denen das neun Mann starke Kollektiv ohne Pause (haha!) seinen schweißtreibenden Sound präsentiert, bei dem man nicht weiß, ob man nun tanzen oder pogen soll. Und meistens irgendwie beides tut. Worauf zumeist dringend eine – richtig! – Pause nötig ist.
Aber, bevor diese einleitenden Worte so verwirrend werden wie das Gewusel, wenn sich neun Menschen eine Bühne teilen, von denen einer gar die überragende Rolle des Eintänzers innehat: The Mighty Mighty Bosstones sind aktiver denn je. Und wenn sie schon einmal dabei sind (sic!), darf dann auch endlich eine neue Platte den Markt beglücken. Einen Markt, der leider immer kleiner wird. Ganz groß hingegen ist "Green Bay, Wisconsin", der Opener des zehnten Studioalbums "While we're at it", das nicht etwa eine Hymne auf selbiges Football-Team ist, sondern die bittersüße Geschichte einer Jugendlichen, die ihren Ska-Idolen durch die Welt hinterher reist. Viel wichtiger: "Green Bay, Wisconsin" vereint alles, wofür die Truppe aus Boston schon seit mehr als 35 Jahren steht: giftige Punk-Attitüde, gerne garniert mit sarkastischen Lyrics, unterfüttert durch eine über die Jahrzehnte nahezu konstant hochwertig agierende Bläsersektion.
Wenn dann die erste Single "Wonderful day for the race" auch noch durch einen famosen Singalong-Refrain überzeugen kann, steht dem kollektiven Ausrasten nichts mehr entgegen – sofern man sich der dezenten Kritik am derzeit amtierenden Präsidenten der USA anschließen mag. Oder besser: Sofern man Gefallen am unverhohlenen POTUS-Bashing bei "Divide" findet. Soviel Politik ist für das ansonsten betont unpolitische Ska-Genre eher ungewöhnlich, doch die Bostoner betonen hier umso intensiver ihre Punk-Wurzeln, ohne zu punkrockig zu klingen. Wie nahe dabei Genie und Wahnsinn beieinanderliegen, zeigt das Doppel aus "Closer to nowhere" und "Walked like a ghost": Während zuerst die Ententanz-Orgel noch amüsant ist, übertreiben es später vor allem die Bläser und landen plötzlich in den Untiefen des Altherren-Swing.
Songs wie diese verdeutlichen das Dilemma von "While we're at it". Denn es ist nicht nur der Umstand, dass nicht alle Ideen zünden. Schwerer wiegt, dass mit zunehmender Spieldauer das Gefühl aufkommt, The Mighty Mighty Bosstones würden mit gebremstem Schaum agieren. Immer wieder wünscht man sich, der großartige Frontmann Dicky Barrett würde endlich aus sich herausgehen und die tobende Masse aufpeitschen, wie er es live stets bravourös vormacht. Manch anderer Song hingegen, besonders im hinteren Teil des Albums, rauscht schlicht am Hörer vorbei, ohne nachhaltig Eindruck zu hinterlassen. Dann wiederum ist die Band eine Institution des Genres, hat es geprägt und populär gemacht wie vielleicht nur noch Madness. Vielleicht sollten sich The Mighty Mighty Bosstones also darauf beschränken, ihren unbestrittenen Ruf auf Konzerten unter Beweis zu stellen. "While we're at it" ist wahrlich keine schlechte Platte. Aber das immer noch vorhandene Potenzial macht viel zu oft was? Richtig, eine Pause.
Highlights
- Green Bay, Wisconsin
- Wonderful day for the race
- Here we are
Tracklist
- Green Bay, Wisconsin
- The constant
- Wonderful day for the race
- Unified
- Divide
- Closer to nowhere
- Walked like a ghost
- The west ends
- Here we are
- The mad dash
- Absolutely wrong
- In honor of
- Hugo's wife
- After the music is over
Gesamtspielzeit: 48:05 min.
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Nachfrager |
2018-08-02 19:31:52 Uhr
Doch so gut ? |
Mei-Nung |
2018-07-30 19:35:52 Uhr
Beste Platte seit der Letzten. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28474 Registriert seit 08.01.2012 |
2018-07-29 20:30:21 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
Madness; Operation Ivy; Sublime; NOFX; Didjits; Buck-O-Nine; Mustard Plug; Pietasters; Reel Big Fish; Less Than Jake; Goldfinger; Rocket From The Crypt; Smash Mouth; The Busters; Save Ferris; The O.C. Supertones; Kemuri; The Toasters; The Hotknives; Mr. Review; The Skatellites; The Pietasters; Rancid; Peter And The Test Tube Babies; Hepcat; Fishbone; The Specials
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