Phantastic Ferniture - Phantastic Ferniture
Transgressive / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 27.07.2018
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Vermöbelt
Jedes Puzzleteil sitzt hier an seinem Platz. Nicht nur auf dem Cover ergeben die einzelnen Teile ein harmonisches Ganzes, auch musikalisch legen Phantastic Ferniture ein extrem stimmiges Debütalbum vor. Dabei ist die Band mit dem ulkigen Namen nicht gänzlich unbekannt: Julia Jacklin, ihres Zeichens Singer/Songwriterin und bereits Album-der-Woche-Titelträgerin steht dem Trio als Frontfrau vor, ergänzt wird sie von Elizabeth Hughes und Ryan K Brennan. Statt also eine zweite Soloplatte vorzulegen, schiebt Jacklin mal eben so ein kleines sympathisches Bandprojekt dazwischen, eine als Schnapsidee geborene Herzensangelegenheit gewissermaßen: Melancholisch marmorierter Indierock trifft auf spätsommerliche Untergangsstimmung. Ob damit die Welt oder nur die Sonne gemeint ist? Suchen Sie es sich aus.
Nein, die bittersüße Wehmut, sie ist auf diesem unbetitelten Album allgegenwärtig: In Jacklins sehnendem Gesang, den gedankenverlorenen Gitarren, den honigartigen Pop-Melodien. Mit einer unwahrscheinlichen Leichtigkeit gehen die Australier zu Werke, ihre Stücke wirken fragil, haben aber genug Sommersprossen auf der Nase, um mehr zu sein als triste Stubenhockermucke. Der Opener "Uncomfortable teenager" klingt nach Aufbruch, insbesondere wenn Jacklins Stimme in der Bridge frei schwebt. Ohnehin ist ihre Präsenz in den Kompositionen stark, ihre butterweichen Vocals variieren zwischen Schwer- und Übermut, verleihen den Songs ihren jeweiligen Charakter.
Nach dem fantastischen Opener geht es prächtig weiter: Die erste Albumhälfte überzeugt mit luftig-leichtem Indierock, den man auch als einen akustischen Roadtrip über menschenleere Landstraßen oder einen sprudelnden Jungbrunnen charakterisieren könnte. Zu Songs wie der Single-Auskopplung "Fuckin 'n' rollin" möchte man sich steile Hügel runterkullern, dem Eiswagen hinterher radeln oder stundenlang Purzelbäume schlagen, bis einem ganz schwindelig ist. Wem Courtney Barnett bei allem Humor manchmal zu kratzbürstig ist oder Angel Olsen zu verschroben, der könnte hier also ganz genau richtig liegen. "Bad timing" seufzt und trommelt sich im Folgenden dann selbst ins Delirium, die Stimmen schwirren wild umher wie nächtliche Glühwürmchen, die Drums marschieren stoisch voran. Frage: Hit? Antwort: Hit.
Im weiteren Verlauf nehmen Phanatastic Ferniture das Tempo etwas raus, insbesondere beim langsamen Post-Grunge-Song "Take it off", der eher gemächlich aus dem Quark kommt, sich den strubbeligen Kopf reibt und letztlich doch dezent losrockt. Mit einigem Nachdruck intoniert Jacklin die Titelzeile, ist schließlich kein Spaß hier. Hintenraus werden die Stücke ein wenig lärmiger, die Gitarren dürfen ihr Feedback von der Leine lassen, die Stimmung wird dezent düsterer. "Mummy y pappa", der Abschluss-Song, erinnert mit seinem treibenden Beat an die etwas lebensbejahenderen Nummern von Warpaint. Gegen Ende erhebt sich gar ein Chor aus dem melodischen Noise. Ein Schlusspunkt wie gemalt. Wenn nicht gar: gepuzzelt.
Highlights
- Uncomfortable teenager
- Bad timing
- Fuckin 'n' rollin
Tracklist
- Uncomfortable teenager
- Bad timing
- Fuckin 'n' rollin
- Gap year
- Take it off
- Parks
- I need it
- Dark corner dance floor
- Mummy y pappa
Gesamtspielzeit: 35:12 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
saihttam Postings: 2459 Registriert seit 15.06.2013 |
2018-08-18 13:03:53 Uhr
Man kanns bei Sonnenschein auf jeden Fall gut runterhören. Macht Spaß. |
MopedTobias (Marvin) Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion Postings: 20059 Registriert seit 10.09.2013 |
2018-07-28 21:22:02 Uhr
Echt gut. Von all den Schrammel-Indie-Künstlerinnen dieses Jahr wohl die mit dem besten Gefühl für konzise Pop-Hits, dazu diese Angel-Olsen-Stimme... Kann man schon feiern, auch wenn's nicht allzu distinktiv ist. |
Kevin Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 1033 Registriert seit 14.05.2013 |
2018-07-18 00:32:10 Uhr
Mir wäre extrem männlicher Metal-blablabla auch lieber, aber in den heutigen Zeiten geht's halt nicht anders. Sorry! ;______; |
Lel |
2018-07-17 17:48:35 Uhr
Schon wieder weiblicher Indie-blablabla.Was ist los mit euch? |
Ja |
2018-07-17 17:09:42 Uhr
Langweilig. |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Julia Jacklin; Angel Olsen; Courtney Barnett; Waxahatchee; S; Jenn Champion; Sharon Van Etten; Wye Oak; Jessica Lea Mayfield; Cat Power; Mirel Wagner; Gemma Hayes; Grouper; Torres; Jessica Pratt; Julia Holter; Julianna Barwick; She Keeps Bees; Eleanor Friedberger; Laura Marling; Feist; Gabriella Cohen; Anna Calvi; Marissa Nadler; Rozi Plain; Fiona Apple; Emily Jane White; Karen O; Tara Jane O'Neil; Neko Case; Laura Gibson; Warpaint; Vivian Girls; Mazzy Star; Joni Mitchell; Stevie Nicks; Willis Earl Beal; Cass McCombs; Alex G; Sandy Alex G; Amen Dunes; J Mascis; Dinosaur Jr; Pavement; Hole; Courtney Love; The Breeders; Kevin Morby; Chris Cohen; Whitney; Car Seat Headrest
Bestellen bei Amazon
Threads im Plattentests.de-Forum
- Phantastic Ferniture - Phantastic Ferniture (6 Beiträge / Letzter am 18.08.2018 - 13:03 Uhr)