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We Are Muffy - The charcoal pool

We Are Muffy- The charcoal pool

Tapete / Indigo
VÖ: 20.07.2018

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Die Banalität des Schönen

Musiker sind für gewöhnlich Großstadttiere, oder aber sie entscheiden sich bewusst für die Konzentration und Isolation, die ihnen die Auseinandersetzung mit der Natur bietet. Dass sich zwei Herrschaften im abgeschiedenen Cornwall treffen und sich musikalisch die Großstadt herbei träumen, dürfte hingegen ein Sonderfall sein, sogar unter Folkmusikern. Nick Duffy and Angeline Morrison, beide zuvor in diversen anderen Formationen unterwegs, haben sich bei den Aufnahmen zu Duffys Soloplatte getroffen, das Projekt We Are Muffy gegründet und nun ihr erstes gemeinsames Album "The charcoal pool" bei Tapete am Start. Das Werk durchströmt ein Gefühl warmer Nostalgie. Die gilt in diesem Fall ihrer Heimatstadt Birmingham und manifestiert sich, für Nostalgie nicht unüblich, an scheinbar belanglosen, unscheinbaren, ja, sogar abstoßenden Dingen. Die Katze, die mal wieder eine tote Taube anschleppt, der Wäschetrockner, der den Geist aufgegeben hat, Bauarbeiter, die Pylonen aufräumen, die Predigt in der Mädchenschule, die günstige Kantine, die mittwochs geöffnet hat. Diese Welt, 14 Bushaltestellen vom Stadtzentrum entfernt, wird in "Outskirts" und "Milk bar" heraufbeschworen und im angenehm unaufgeregten Folkstil vertont. Duffys weiche, sanft schwingende und präzise akzentuierende Vortragsweise lässt diese wahllosen Assoziationen wie ein Gedicht klingen.

Tatsächlich schaffen die beiden Musiker mit ihrem langsamen Melodiegesang eine mystische Atmosphäre, in der alles eine höhere symbolische Bedeutung haben könnte, die sich dem Hörer aber nicht immer ganz erschließt. "Hair and chairs and dogs and skin, lathers horses, winter trees, Diesel smoke and coal and milk, under-passage, fading shade" heißt es zum Beispiel in "Coloured pencils", was ein spielerischer Abzählreim sein könnte, aber auch eine Ansammlung sorgfältig ausgewählter Begriffe, die in einem geheimen Bedeutungszusammenhang zueinander stehen. Manchmal nehmen die sprachlichen Bilder geradezu märchenhafte Züge an. In "The charcoal pool" singt Morrison mit geheimnisvoller Stimme, nur spärlich von Streichern und Glockenspiel begleitet, von einem pechschwarzen, bodenlosen Wasser, das gerade durch seine Unheimlichkeit unwiderstehlich anziehend wirkt.

In "Unsuitable footwear" wird die vergebliche Suche nach dem perfekt sitzenden Schuhwerk zur großen Metapher für das Leben. Als musikalische Untermalung der beschwerlichen Reise wählen We Are Muffy eine archaische, volksliedhafte Melodie mit Borduntönen und zunehmend verspielter agierendem Glockenspiel. "Frosted candy" ist schon mondäner, es handelt von der kindlichen Faszination mit der Kosmetikabteilung des örtlichen Drogeriemarktes. Die Lippenstifte, Lidschatten und Nagellacks schimmern und leuchten in der Erinnerung wie Farben des Regenbogens, einladend und verheißungsvoll. Der Song ist mit seiner naiven Spielautomaten-Melodie der am besten gelaunte des Albums. Die Cornwaller Gegenwart der beiden Birminghamer findet aber doch immer wieder Eingang auf das Album. Das liegt daran, dass es in Duffys Garagenstudio aufgenommen wurde, und immer mal wieder Kirchenglocken, Kinderlachen, vorbeifahrende Züge und Möwengeschrei aus der Nachbarschaft zu hören sind. Die scheinbaren Störungen fügen sich aber gut ins Bild, als klangliche Bereicherung und als Erinnerung daran, dass Nostalgie immer zuerst durch den Filter des Hier und Jetzt sickern muss.

(Eva-Maria Walther)

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Highlights

  • Outskirts
  • Frosted candy
  • Unsuitable footwear

Tracklist

  1. Civil service
  2. Precious things
  3. Outskirts
  4. Frosted candy
  5. Milk bar
  6. The charcoal pool
  7. Jacobean reggae
  8. Unsuitable footwear
  9. The map and the light
  10. Black attracts heat
  11. Strange admixture
  12. Coloured pencils
  13. The lost carpenter

Gesamtspielzeit: 45:56 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
TheMagneticField
2018-07-01 17:11:56 Uhr
Die Band die da als Erstes bei den Referenzen steht soll doch bestimmt The Lilac Time sein. Nein?

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28503

Registriert seit 08.01.2012

2018-07-01 11:59:50 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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