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Kids See Ghosts - Kids See Ghosts

Kids See Ghosts- Kids See Ghosts

Getting Out Our Dreams / Def Jam / Universal
VÖ: 08.06.2018

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Gute Besserung

Treffen sich zwei therapiebedürftige Musiker im Aufnahmestudio. Keine Pointe – zumindest keine abschließende. Die gemeinsame Vergangenheit von Kanye West und Kid Cudi erstreckt sich bis ins Jahr 2008, als der erstere den letzteren als Mentor unter seine Fittiche nahm. Seitdem war Kid Cudi auf jedem Kanye-West-Album zu Gast, jüngst erst auf dem konfusen "Ye", das ebenso wie nun das Debüt des gemeinsamen Projekts Kids See Ghosts Teil einer Fünf-Alben-Serie aus Wests Produzentensessel ist. Außerdem hatten und haben beide mit ihren inneren Dämonen zu kämpfen, mit bipolaren Störungen, Suizidgedanken, mentaler Instabilität. Die gemeinsamen Leiden schafften eine tiefe Verbindung zwischen den beiden, es überrascht beinahe, dass eine gemeinsame Platte erst nach gut einem Jahrzehnt entstanden ist. Die Erwartungen daran zuvor: eher gemischt. Wests Alben wurden in den letzten Jahren zunehmend willkürlicher, während Cudi mit dem exzessiven, gitarrenlastigen "Speedin' bullet 2 Heaven" eine komplett verwirrte, kaum anhörbare Bauchlandung probte und sich auch mit "Passion, pain & demon slayin'" nicht so recht davon erholen konnte.

"Kids See Ghosts" kann durchaus als Schritt nach vorne in beiden Karrieren gesehen werden. Wie zu erwarten war, drehen sich die Lyrics um das Hadern mit den eigenen Unzulänglichkeiten, um Berichte aus der persönlichen mentalen Hölle. Übrraschend ist dagegen, wie viel Optimismus und Spaß an der Sache auf der anderen Seite aus den sieben Songs strahlt. Um das Pferd von hinten aufzuzäumen: Der einnehmende Closer "Cudi montage" endet nicht umsonst mit einem mitreißenden Appell an die höhere Kraft, er klingt jedoch weniger nach einer Bitte, vielmehr nach einer überzeugten Gewissheit: "Lord, shine your light on me / Save me, please." Dass der Song ein Snippet von "Burn the rain" aus Kurt Cobains Leichenfledderei "Montage of heck" sampelt, erscheint anhand der omnipräsenten Thematik als sinnvolle Verwandtschaft, auch wenn es das Original-Projekt nach wie vor nicht symapthischer macht. Selten jedoch hat ein Album so aufmunternd aus der Rotation entlassen.

Dass auf "Fire" mit Napoleon XIVs "They're coming to take me away, ha-haaa!" aus dem Jahr 1966 ein weiterer Song mit Verbindung zu mentaler Instabilität als Grundlage genutzt wird, ist kein Zufall. "Ghost town", auf "Ye" einer der wenigen berührenden Punkte, bekommt derweil mit "Freee" einen zweiten Teil spendiert. Die Unterschiede in der Tonalität sind auch hier offensichtlich: Hieß es vorher noch vage "I feel kinda free", verkehren West und Cudi hier "I am free" in eine mit Nachdruck ausgerufene Feststellung. Der Titeltrack holt Mos Def mit ins Boot und tuckert im Grauschleier umher, bis West einen seiner tightesten Verse seit langer Zeit abliefert. Der Opener "Feel the love" fällt unterdessen zwischen faszinierend und entnervend mit seiner stramm marschierenden Beat-Armada und den komplett durchgedrehten Scat-Vocals, die wie ein Maschinengewehr durch den Song fahren. Cudi bekommt hier wie anderswo deutlich mehr Gesangsanteile, kümmert sich um Hooks und bleibt über die Spielzeit am Mikro deutlich präsenter als West. Der sorgt wiederum an den Reglern mit einer bunten Sample-Palette für Unterhaltung, auch wenn man die Tricks wie das verrauschte Weihnachtslied von Louis Prima in "4th dimension" mittlerweile zur Genüge kennt.

Die Spielfreudigkeit von "Kids See Ghosts" stellt der Platte an manchen Stellen jedoch auch ein Bein. Wie auf "Ye" finden sich hier und da Momente, die einfach ohne jeglichen Plan links und rechts abbiegen und am Ende doch nur vorbeirauschen, wenn auch in deutlich geringerer Frequenz. Und trotz der nicht mal 24 Minuten Dauer gibt es vereinzelt Längen – beispielsweise die endlose Wiederholung des Refrains im Macklemore-artigen "Reborn", das von den mehr als fünf Minuten Spielzeit locker die Hälfte hätte streichen können. Auch kommt man nicht bis zum Ende ohne das ein oder andere peinlich berührende Kanye-Couplet: "She said, I'm in the wrong hole, I'm lost / She said, I'm going too fast, I'm exhausted / Now drop to your knees for the offering." Nichts gegen frivole Wortspiele, aber sie wirken unangemessen und deplatziert, wenn Cudi einen Vers zuvor seine Seele über dunkle Gedanken ausgeschüttet hat. Vielleicht ist die Kontrastierung, welche die Songs zur Achterbahnfahrt macht, aber auch Teil der Therapie. Wenn "Kids See Ghosts" darin die nächste Stufe nach "Ye" darstellen soll, kann man definitiv Besserung konstantieren. In vielerlei Hinsicht.

(Felix Heinecker)

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Highlights

  • Freee (Ghost town, pt. 2)
  • Kids see ghosts
  • Cudi montage

Tracklist

  1. Feel the love
  2. Fire
  3. 4th dimension (feat. Louis Prima)
  4. Freee (Ghost town, pt. 2)
  5. Reborn
  6. Kids see ghosts
  7. Cudi montage

Gesamtspielzeit: 23:52 min.

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User Beitrag

maxlivno

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Registriert seit 25.05.2017

2019-05-21 20:55:46 Uhr
Ultralight Beam
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Saint Pablo

Wäre meine 5 Song EP

Affengitarre

User und News-Scout

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2019-05-21 20:52:46 Uhr
Ultralight Beam
Waves
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Saint Pablo

"Famous" ist zwar cool und wie der Beat sich gegen Ende wandelt, ist richtig gut, aber mit Rihanna wurde ich nie so wirklich warm.

MopedTobias (Marvin)

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2019-05-21 20:51:21 Uhr
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Saint Pablo

TLOP hat noch andere gute bis großartige Songs, aber das wär meine 10/10-EP.

maxlivno

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Registriert seit 25.05.2017

2019-05-21 20:50:19 Uhr
Ich mag Blame Game als Song ganz gern, aber der Chris Rock Skit hat mich dazu gebracht Blame Game zwischenzeitlich bei 2/10 zu haben. Ich find das so schlecht :D

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

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Registriert seit 10.09.2013

2019-05-21 20:49:21 Uhr
Blame Game find ich auch wundervoll, aber den Skit will ich mittlerweile lieber skippen :D Nervt irgendwie ein bisschen inzwischen.
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