Lykke Li - So sad so sexy

RCA / Sony
VÖ: 08.06.2018
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

It's a trap
"If you like the feeling of the hard rain falling / I have a seafull / I can give you an ocean." Wie Regentropfen prasseln diese immer wieder gesungenen Zeilen unermüdlich ins Ohr, in den ersten Momenten des vierten Lykke-Li-Albums "So sad so sexy". Lyrics und Titel sind natürlich typisch für die ewige Liebestrauer der 32-jährigen Schwedin und auch die Klangästhetik dieser Sekunden klingt unmittelbar vertraut. Selbstverständlich trägt ihr immer leicht heiser klingendes Timbre zum Wiedererkennungswert bei. Dabei ist dank der anderen Singles längst raus: Weg ist der Alternative-Schleier, Lykke Li macht jetzt schnöden Trend-Pop! Buh! Natürlich ist das mindestens mal zur Hälfte totaler Quatsch. Klar ist "So sad so sexy" mit seinen Einflüssen von Trap über Rap bis hin zu einigen eingesetzten Vocal-Filtern eine kleine Probe für die bisherigen Fans, und vielleicht werden einige sogar das Handtuch werfen. Aber weder ist "So sad so sexy" glatt genug, um einen Massenerfolg zu feiern, noch gibt sich Lykke Li beim Vortasten in neue Gefilde eine echte Blöße.
Gerade jenes vorab ausgekoppelte "Deep end" lehnt sich zwar am weitesten aus dem Fenster Richtung Trap-Beat, bringt jedoch eine gleichermaßen käsige wie wundervolle Idee für den Refrain mit nach Hause, die mit der Ästhetik der HipHop-Disziplin komplett überkreuz steht. Ähnliches gilt für den abgedunkelten Achtzigerjahre-Mattglanz des Titeltracks. Auch der Gastauftritt von Rapper Aminé in "Two nights" glückt, wenn die beiden eine von Eifersucht zerfressene Beziehung theatralisch nachstellen. "Two nights in a row / Where'd you go? / [...] / Now I know that it's broken", klagt Lykke Li an, bevor Aminé "When's the last time when you danced on me? / Shit, when's the last time you even loved?" zurückgiftet. Mine & Fatoni, your move. "Jaguars in the air" dreampoppt sich lieber durch eine eskapistische Fantasie: "We could tear down the stars / Jaguars in the air / You and me are psychedelic." "Bad woman" mag hingegen kurzzeitig durch den etwas einfältigen Refrain irritieren, die wundervolle Bridge macht das allerdings wieder wett. Und "Last piece" entflieht seiner anfänglichen Lethargie durch eine musterhafte dynamische Steigerung. Selbstverständlich mit der gewohnten Portion Pathos: "So let me keep the last piece of my heart / Before you tear it apart."
Und doch möchte man an mancher Stelle in die anfangs erwähnten Unkenrufe miteinstimmen. Geschenkt zwar noch, dass die emotionale Tiefe und Vielfalt des Referenzwerks "Wounded rhymes" oder die Klasse des Debüts "Youth novels" nicht erreicht wird – und man wiederum auch die Schmissigkeit des Magician-Remixes von "I follow rivers" vergebens sucht. Entscheidender ist, dass so mancher Song klar auf Autopilot läuft. Das glücklicherweise nur zwei Minuten kurze "Sex money feelings die" verrät schon im Titel, dass eine lust- und ideenlose 08/15-Nummer wartet, während "Better alone" eindeutig zu lange ziellos mit sich hadert, bevor es aus dem Quark kommt. Die Schwäche von "So sad so sexy" gegenüber den Vorgängern ist weniger der stilistische Wandel, sondern ein paar holpernde Stellen im Songwriting, die nicht selten an die schwächeren Momente von Lana Del Reys Debüt "Born to die" erinnern – und die Platte etwas unrund wirken lassen. Eigentlich verzeihlich. Blöd eben, dass die Messlatte bei Lykke Li so weit oben liegt.
Highlights
- Deep end
- Jaguars in the air
- So sad so sexy
Tracklist
- Hard rain
- Deep end
- Two nights (feat. Aminé)
- Last piece
- Jaguars in the air
- Sex money feelings die
- So sad so sexy
- Better alone
- Bad woman
- Utopia
Gesamtspielzeit: 34:06 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Dan Postings: 368 Registriert seit 12.09.2013 |
2018-06-20 23:29:37 Uhr
Habe es die letzten paar Tage auch relativ oft gehört, von Anfang bis Ende - und nach dem ersten Schock über diese Kehrtwende, was den Sound angeht, kann ich sagen, dass es auf Albumlänge funktioniert. Gut sogar. Im Albumkontext passen die Singles auch recht gut. |
MopedTobias (Marvin) Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion Postings: 20172 Registriert seit 10.09.2013 |
2018-06-11 17:32:34 Uhr
Ich halte es mit Felix in der Rezension: Das Problem dieses Albums ist nicht der Sound - im Gegenteil schafft sie es eigentlich wunderbar, ihren alten Trademarks neue Einflüsse hinzuzufügen, ohne an Identität einzubüßen, und bewegt sich in allem sehr stilsicher. Nur ist das auf Songwriting-Ebene zu weiten Teilen bestenfalls ganz gut und schlimmstenfalls total egal. Als Songs find ich nur "Bad Woman" und "Utopia" stark, dazu ist "Hard Rain" atmosphärisch super, alles dazwischen ist nur unspektakulärer, solider Pop-Standard. Durchaus schön, macht Spaß und nicht viel falsch, aber die Frau hat sich musikalischen wie emotional einfach schon in ganz anderen Dimensionen bewegt. 6,5/10. |
doe |
2018-06-08 23:19:11 Uhr
Habe mich heute zwei mal durchgequält, und werde es wohl danei belassen.Habe mich wirklich gefreut, dass ein neues Lykke Li Album erscheint und ich bin auch absolut für musikalische Weiterentwicklung, aber so einen Quatsch braucht doch wirklich niemand. Das Album steht in schöner Tradition von "St. Anger" (Metallica) und "The 2nd Law" (Muse) - die habe ich seit dem Erscheinen auch nicht mehr gehört, und man fragt sich im nachhinein was sich eine Band dabei denkt sowas zu veröffentlichen. Schade. |
saihttam Postings: 2624 Registriert seit 15.06.2013 |
2018-06-08 16:42:55 Uhr
Sie ist für mich schon noch auf der guten Seite. Gerade Hard Rain hat eine unfassbar sinnliche Spannung. Aber mal gucken, wie anstrengend der Trap-Sound über die gesamte Platte hinweg ist.PS. Ich finde sie ja schon ziemlich attraktiv, aber das nur am Rande. |
Erste Meinung: |
2018-06-08 11:28:44 Uhr
schlecht |
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Referenzen
Lana Del Rey; Lorde; Robyn; Sia; The Weeknd; Drake; Ellie Goulding; Tove Lo; Tove Styrke; Banks; Låpsley; Vanessa Carlton; The xx; All Saints; Florence & The Machine; Anohni; I Blame Coco; La Roux; Santigold; Cat Power; Zola Jesus; FKA Twigs; Jessie Ware; The Dø; London Grammar; Charlotte Gainsbourg; Goldfrapp; Sinéad O'Connor; Beach House
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