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A$AP Rocky - Testing

A$AP Rocky- Testing

RCA / Sony
VÖ: 25.05.2018

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 4/10

Nach fest kommt ab

Von The Notorious B.I.G. über Mos Def, Jay-Z und Nas bis hin zum Wu-Tang Clan und vielen mehr – keine andere Stadt der Welt hat so viele Rap-Legenden hervorgebracht wie New York. Wenn Rakim Mayers alias A$AP Rocky, eines der jüngeren Wunderkinder des Big Apple, also "I put New York on the map", rappt, reden wir von einem Grad der Selbstüberschätzung, der selbst in einem so auf Schwanzvergleich bauenden Genre nur schwer zu entschuldigen ist. Okay, irgendwo verdient hat es sich Rocky ja schon. 2011 reichte eine visionäre, pulsierende Single namens "Peso", um eine ganze Szene auf den Kopf zu stellen. Im Folgenden positionierte er sich mit dem Mixtape "Live.Love.A$AP" sowie den Alben "Long.Live.A$AP" und "At.Long.Last.A$AP" an der Spitze des Rap-Games. Ob Dirty South, Oldschool, Odd-Future-Lo-Fi oder Trap: Alles, was die Gallionsfigur des A$AP Mob und Ikone moderner HipHop-Ästhetik anfasste, wurde sofort zu Gold.

"If I'm in your top 10, mine better be the first name", gockelt Rocky über die basslastigen Störgeräusche von "Distorted records", dem Intro seines dritten Albums "Testing". Der 29-Jährige ist eben inhaltlich noch immer ein Mann der einfachen Dinge und weiß um seinen Status besser Bescheid als jeder andere. Doch dieses Mal steckt mehr dahinter. Im Vorfeld von "Testing" zog Rocky eine Installation namens "Lab rat" im renommierten New Yorker Auktionshaus Sotheby's auf, stellte sich selbst in einem Glaskasten zur Schau, in dem er sich unter anderem durch ein Meer von Luftballons kämpfte, seinen Kopf in Eiswasser tauchte und an Beats bastelte. Seine zuvor schon begonnene Selbstinszenierung als Kunstfigur führt er ebenso weiter aus wie seine musikalische Experimentierfreudigkeit und Genre-Dekonstruktionen. Wie konsequent zeigt die Lead-Single "A$AP forever", die Moby's – noch ein New Yorker – "Porcelain" so markant sampelt, dass der Urheber sogar als Feature-Gast auftaucht, und deren Kombination aus Uptown-Rap und ätherischen Synth- und Streicher-Texturen sich mit keinem aktuellen oder vergangenen Genre-Trend erklären lässt. Was eine wunderbare Zusammenkunft zweier popkulturell prägender New Yorker und ihrer Sounds hätte werden können, funktioniert aber nicht zu einhundert Prozent, weil T.I. und Kid Cudi dem Song mehr entreißen als ihm etwas Gehaltvolles hinzuzufügen.

Solche Momente, in denen kleinere Makel den guten Ideen im Weg stehen, finden sich auf "Testing" leider häufiger. Das halluzinogen schwebende "Fukk sleep" endet mit einem göttlichen FKA-Twigs-Part, doch Rockys eigenes Autotune-Gemurmel wirkt erschreckend saftlos. Auch auf den Bangern "Buck shots" und "Gunz'n'butter" hinterlässt sein Flow kaum Eindruck, generell wirkt das Songwriting oft ziellos, die Ansätze nicht zu Ende gedacht. "CALLDROPS" treibt die Skizzenhaftigkeit an die Spitze, Rocky singt melancholisch über ein Akustik-Sample und nimmt den Gast-Part des inhaftierten Kodak Black direkt über das Gefängnistelefon auf. Off-Beat und kaum zu verstehen, überwiegt hier nicht nur die Ambition die Hörbarkeit, sondern offenbart sich auch eine ganz andere Problematik: Es ist die eine Sache, wenn sich der New Yorker mit Zeilen wie "Would say, 'Suck my dick!' – but that's sexual harassment" über übertriebene Political Correctness lustig macht, doch wenn er hier explizit die Freilassung Blacks – eines mutmaßlichen Vergewaltigers – fordert, bewegt er sich nicht mehr auf allzu dickem Eis.

Über den Großteil seiner Laufzeit ist "Testing" aber zum Glück mehr Hit als Miss. "Praise the Lord" bringt mit Skepta-Beteiligung und -Produktion den Londoner Grime an die amerikanische Ostküste und sein Flöten-Beat ist einer der besten des Albums. In "Tony Tone" rappt Rocky unter Aufsicht P. Diddys so gut wie vielleicht noch nie in seiner Karriere, während "O.G. beeper" Lil Wayne in dessen Paradedisziplin schlägt und dabei auch nichtssagend-kindliche Lines wie "My whole life I just wanted to be a rapper / Then I grew'd up and the boy became a rapper", verzeihen lässt. Auch in den ruhigeren Momenten überzeugt der A$AP-Mob-Kopf zumeist, erzeugt einnehmende atmosphärische Stimmungsfelder etwa im Retro-Soul von "Brotha man" oder dem Lagerfeuer-Psych-Rock von "Kids turned out fine". Im letzten Drittel kippt der Exzess dann zugunsten von mehr Introspektion. In "Hun43rd" kann Rocky befreit von seiner Jugendzeit erzählen, weil Dev Hynes a.k.a. Blood Orange die himmlische Hook alleine schultert. Auch im unprätentiös produzierten "Black tux, white collar" bekommt er ganz viel Luft zum Atmen, doch zufrieden gibt er sich damit nicht.

"Changes" will mehr sein als die unglückliche Liebesgeschichte, die er zu Beginn andeutet, baut sich in seinen fünf Minuten mit Tempo- und Stimmungswechseln immer wieder auf und ab und pointiert trotz aller musikalischen Klasse das Grundproblem von "Testing". Mit seiner riesigen, größtenteils unkreditierten Feature-Liste aus alten und neuen Genre-Größen sowie seiner destruktiven Ästhetik, die gleichermaßen radikal wie introvertiert ist, scheint es, als habe Rocky sein "The life of Pablo" und "Blonde" gleichzeitig machen wollen. Dass er sich damit überlädt, ist dann nicht mehr als eine selbsterfüllende Prophezeiung. Da hilft es auch nichts, dass Frank Ocean höchst selbst den Klebestift ansetzen darf und dem New Yorker im umwerfend schönen, auf einem Lauryn-Hill-Sample fußenden "Purify" zum wohl intensivsten Song seiner Diskographie verhilft. Unter Innovationsdrang und inmitten der Zerrissenheit zwischen Kunstfigur, Gangster-Rapper und nachdenklichem Millennial hat Rakim Mayers seine Persona selbst in ihre Einzelteile zersplittert. Wie er sie wieder zusammensetzt, dürfte eine der spannendsten Fragen sein, die sich der Rap in näherer Zukunft stellen wird.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights

  • Tony Tone
  • OG Beeper
  • Hun43rd (feat. Dev Hynes)
  • Purify (feat. Frank Ocean)

Tracklist

  1. Distorted records
  2. A$AP forever (Remix) [feat. Kid Cudi, Moby & T.I.]
  3. Tony Tone
  4. Fukk sleep (feat. FKA Twigs)
  5. Praise the Lord (Da shine) [feat. Skepta]
  6. CALLDROPS (feat. Kodak Black)
  7. Buck shots
  8. Gunz'n'butter (feat. Juicy J)
  9. Brotha man (feat. French Montana)
  10. OG beeper
  11. Kids turned out fine
  12. Hun43rd (feat. Dev Hynes)
  13. Changes
  14. Black tux, white collar
  15. Purify (feat. Frank Ocean)

Gesamtspielzeit: 52:18 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Plattenbeau

Postings: 976

Registriert seit 10.02.2014

2021-03-17 18:58:31 Uhr
Ich habe noch immer eine große Abneigung gegen diverse Trap-Elemente, doch "Fukk Sleep" fängt mich total ein. Der Song macht für mich eine Menge richtig.
filet
2019-07-26 07:30:21 Uhr
kranke geschichte. und als sie rocky verfolgten haben sie noch schön frauen begrapscht. kennt man irgendwoher.
Der Präsident:
2019-07-26 01:27:57 Uhr


Give A$AP Rocky his FREEDOM. We do so much for Sweden but it doesn’t seem to work the other way around. Sweden should focus on its real crime problem! #FreeRocky
C.astorp (real)
2019-07-20 20:00:18 Uhr
Die problematische Einwanderung ist den schwedischen Kulturmarxisten zu "verdanken". Jetzt können sogar nicht mal mehr schwarze US-Hip-Hop-Stars sicher durch Schwedens Straßen laufen...einfach nur krank.
C.astorp (real)
2019-07-20 19:57:23 Uhr
Sitzt der immer noch? Das war doch vor Wochen schon. Was treiben die denn da in Schweden?

Kennst du das Video nicht? Hier: https://www.youtube.com/watch?v=8pttdRzTD6U.

Rocky durfte von der unsäglichen (islamischen) Einwanderung in Schweden "kosten" und dass er dafür in Haft kam, ist eine Riesenschweinerei.
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