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Danger Dan - Reflexionen aus dem beschönigten Leben

Danger Dan- Reflexionen aus dem beschönigten Leben

JKP / Warner
VÖ: 01.06.2018

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Alles Gute und danke

Autosuggestion funktioniert: Sag Dir solange, Du seist der Geilste, bis Dus irgendwann glaubst. Das ist ja eine schöne Sache, poliert den Selbstwert auf – fake it 'til you make it. Was aber, wenn Du irgendwann vergisst, wer Du wirklich bist? Könnte problematisch werden. An dieser Stelle kommt Danger Dan ins Spiel: 2017 begab sich das Antilopen-Gang-Mitglied in eine Psychotherapie und erhielt dabei die Aufgabe, seine wichtigsten biografischen Eckpunkte zusammenzufassen. Nur – was war wahr, was frei erfunden? Im Spannungsfeld dieser Fragestellung entstand Daniel Pongratz' Solo-Album "Reflexionen aus dem beschönigten Leben", ein Album voller Anekdoten und Schwänke, deren Wahrheitsgehalt letztendlich völlig unerheblich ist, realitätsnah sind sie schließlich alle.

Das macht sich beispielsweise in "Mein Heroin" bemerkbar, welches die Perspektive eines Suchtkranken einnimmt. "Ich will kein Methadon, ich will mein Heroin", keift Danger Dan dort zwischen kratzigen Saiten-Samples in Moll und stampfenden Beats. Drogenverherrlichung ist hier nicht das Thema, stattdessen aber die lebensnahen Schilderungen eines Substitutionspatienten, die, wenn sie nicht der realen Biografie des Rappers entsprangen, von einer bemerkenswerten Empathie zeugen. Ebendiese entfaltet sich auch in "Sand in die Augen", das ebenso tragisch instrumentiert Sexismus am Beispiel der Kindererziehung auffächert. Danger Dan stellt dabei sich die Frage, wie er seiner Tochter erklären soll, dass sie eines Tages schlechter verdienen wird, dass sie in Schubladen von "sexy" bis "hässlich" gesteckt und wahrscheinlich auch mehr als einmal sexuell belästigt werden wird. "Wir lachen uns tot" hangelt sich am Piano entlang und stellt das Weglachen unangenehmer Umstände an den Pranger, "Seit Du gesagt hast" kritisiert die Verlagerung des eigenen Selbstwerts hin zum Gegenüber: "Seit Du gesagt hast, dass Du mich magst so wie ich bin, komm ich wieder mit mir klar."

Abermals mit federführenden Tasten und zusätzlichen Gitarren überträgt "Mingvase" das Sprichwort vom Elefanten im Porzellanladen in die Wirklichkeit und mündet in einem furios-rockigen Finale. Fast sakral mutet dagegen "Piss in den Käfig" mit seinen Orgeln an, welches Rebellion und Vandalimus gegenüberstellt und dabei in der wunderbaren Zeile kulminiert: "Wenn Du nicht ausbrechen kannst, dann piss in den Käfig." Dabei lässt Danger Dan dennoch den reflexiven Blickwinkel nicht aus und erklärt seine Rage mit der eigenen Verletzung, mit dem Bedürfnis wahrgenommen zu werden, einem der handfestesten Symptome einer Depression. Außerdem hervorzuheben: Das Sebastian-Krumbiegel-Feature "Die Prinzentragödie", in welchem sich der Frontmann der Prinzen selbst aufs Korn nimmt und dabei den ein oder anderen Lacher liefert, genau wie der Battle-Track "Drei gegen einen", welcher mit den Antilopen-Gang-Kollegen Koljah und Panik Panzer eingespielt wurde. Ähnlich wütend präsentiert sich der Closer "Die Verwandlung": Der Song konzentriert den Hass zunächst nach innen und holt schließlich zwischen verzerrten Stimmen zum nach außen gerichteten Gegenschlag aus.

Spätestens hier ist es nicht mehr zu überhören, dass "Reflexionen aus dem beschönigten Leben" ein therapeutisches Werk ist, das als Ausdruck einer zerfahrenen Gefühlswelt sicher bei der Loslösung so mancher Last von den Schultern des Künstlers mitwirken konnte. Als Hörer, der mit ähnlichen Situationen zu kämpfen hat oder hatte, darf man sich indes darüber freuen, dass Danger Dan seine Gedanken hier derart bereitwillig teilt. Zumal das Album, nicht zuletzt durch das häufig vordergründige Klavierspiel des Rappers, auch musikalisch sehr gefällig daherkommt. In diesem Sinne: Alles Gute und danke Dir, Daniel!

(Pascal Bremmer)

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Highlights

  • Mein Heroin
  • Sand in die Augen
  • Piss in den Käfig

Tracklist

  1. Eine aufs Maul
  2. Mein Heroin
  3. Die Grundvoraussetzung
  4. Drei gegen einen (mit Koljah & Panik Panzer)
  5. Sand in die Augen
  6. Wir lachen uns tot
  7. Seit Du gesagt hast
  8. Mingvase
  9. Die Prinzentragödie (mit Sebastian Krumbiegel)
  10. Piss in den Käfig
  11. Private Altersvorsorge
  12. Die Verwandlung

Gesamtspielzeit: 40:38 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Kojiro

Postings: 4192

Registriert seit 26.12.2018

2023-12-04 19:46:49 Uhr
Furchtbare Schmutzmusik. Ganz schrecklich.

Rochen

Postings: 552

Registriert seit 15.10.2022

2023-12-04 17:43:17 Uhr
Fragt sich nur wozu.

nagolny

Postings: 1445

Registriert seit 06.11.2022

2023-12-04 17:24:57 Uhr
Das Album taugt.

Hipster aus Bochum

Postings: 129

Registriert seit 04.01.2017

2018-05-21 11:50:11 Uhr
"Sand in die Augen" ist ganz okay, das Video eher naja.

https://www.youtube.com/watch?v=q1poIN_5x1s

Aufs Album bin ich trotzdem ganz gespannt.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27639

Registriert seit 08.01.2012

2018-05-17 22:22:16 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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