Kate Nash - Yesterday was forever
Girl Gang
VÖ: 30.03.2018
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Teenie-Tagebuch
In dem Video zur Kickstarter-Kampagne ihres vierten Albums "Yesterday was forever" wirkt Kate Nash mit sich im Reinen: "Ich möchte, dass meine Fans mein Plattenlabel sind. Ich vertraue ihnen, und sie vertrauen mir", erklärt die 30-Jährige, die bereits auf ihrem Debütalbum Made of bricks" von 2007 mit Erwartungshaltungen abrechnete: Die Songs trafen den Zeitgeist der 00er Jahre in Großbritannien und lieferten zuckersüße Popsongs mit omnipräsentem Cockney-Akzent, die heute noch die Indie-Discos beschallen. Besonders waren dabei allerdings die Texte, die der twangigen Süße der Musik mit einer trockenen, gar zynischen Spitzzüngigkeit gegenüberstanden und mit schwarzem Humor und Selbstironie von Beziehungen, Trennungen und Liebe erzählten. Das Konzept behielt Nash für den Nachfolger My best friend is you" drei Jahre später bei, spielte ihre Stärken allerdings nicht mehr zielgenau auf den Punkt wie zuvor; ein neues Jahrzehnt brach an, die "Heroes of '05" waren nicht mehr angesagt. Mit dem dritten Album kam die Kehrtwende: Auf Girl talk" gab sich die Musikerin rau, kreischend, feministisch – dem vorherigen Pop fügte sie das Suffix "-Punk" hinzu und machte damit klar, dass Anpassung und das Erfüllen von Erwartungshaltungen keine Optionen sind.
Ganz im Sinne ihrer neu gefundenen Stimme profilierte die Künstlerin sich über die Musik hinaus: In der Netflix-Serie "Glow" über die ruhmreichen Wrestlerinnen der Achtziger gehört sie zum Ensemble der ersten Staffel, bevor es sie wieder zur Musik zurück zog. Aus der Unzufriedenheit mit der Plattenindustrie war die Idee geboren, das vierte Album per Crowdfunding zu finanzieren und selbst zu veröffentlichen. Völlige künstlerische Freiheit – das sei die Sängerin nicht nur sich selbst, sondern auch den Fans schuldig. Die Unabhängigkeit nutzt Nash, um in zweierlei Hinsicht in die Vergangenheit zu schauen: Einmal verbindet sie ihre Pop-Vergangenheit mit ihrer Riot-Grrrl-Facette. Weiterhin geht der Blick des Albums in die persönliche Vergangenheit der Sängerin. Bereits der Albumtitel "Yesterday was forever" stammt direkt aus einem Tagebuch, das sie in ihrer Jugend schrieb – Teenage Angst, Heranwachsen und pubertäre Liebesgeschichten werfen ihre Schatten voraus.
Den Einstieg schafft "Life in pink" zunächst mit trockenen Akustikgitarren und der unaufgeregten, sympathischen Stimme der Musikerin, die allerdings schnell Platz machen für rotzigen Gesang mit Erzählungen von nicht erwiderter Teenagerliebe und Außenseitertum zu sonnigem Pop-Rock. Auch in "Call me", das bereits auf der EP "Agenda" in 2017 erschien, lässt Nash keine Gelegenheit aus, den Kontrast zwischen Elfen- und Rockröhren-Stimme über den Sechziger-Pop auszukosten und eine Ode an die Einsamkeit zu richten. Ihre Einflüsse lassen sich in der Musikgeschichte an allen Ecken finden – Nashs größte Referenz ist allerdings sie selbst mit ihrem bisherigen Werk. "Yesterday was forever" hält viele beeindruckende Momente bereit, und nicht alle davon bauen auf "Foundations"-Nostalgie. So überzeugend die Höhepunkte der Platte aber sind, so fragwürdig sind dabei die Schwächen: "Body heat" macht Taylor Swift mit Top-40-Lieblosigkeit und Vorhersehbarkeit Konkurrenz, der billige Synthie-Pop von "Karaoke kiss" plätschert seicht vor sich hin.
Mit 14 Songs und einer Spielzeit von 50 Minuten ist das Album recht lang, was bei der Finanzierung nachzuvollziehen ist: Für ihren Einsatz möchte Nash ihren Fans verständlicherweise möglichst viel bieten; dass ein kürzeres, dafür konzentriertes und durchdachteres Werk nicht die bessere Wahl gewesen wäre – geschenkt. Denn wer bei solch einer künstlerischer Unabhängigkeit im Nachhinein mit sich im Reinen ist, hat sich selbst nichts vorzuwerfen.
Highlights
- Call me
- Drink about you
- California poppies
Tracklist
- Life in pink
- Call me
- Take away
- Hate you
- Drink about you
- Body heat
- Karaoke kiss
- Musical theatre
- California poppies
- Always shining
- Today
- Twisted up
- My little alien
- To the music I belong
Gesamtspielzeit: 50:54 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Kai User und News-Scout Postings: 3028 Registriert seit 25.02.2014 |
2021-05-20 12:16:22 Uhr
Mag den neuen Song. Im Video sieht sie für ihre 33 Jahre ganz schön "alt" aus. |
Croefield Postings: 1752 Registriert seit 13.01.2014 |
2021-05-20 10:46:16 Uhr
Neuer Song "Misery". Wieder ziemlich poppig, mit merkwürdigem Video. https://www.youtube.com/watch?v=DcjLUuLrpWg |
MopedTobias (Marvin) Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion Postings: 20150 Registriert seit 10.09.2013 |
2018-05-04 17:23:59 Uhr
Ich mags und würde auch ne solide 7 geben. Es ist tatsächlich etwas lang und an manchen Stellen klingt ihre Stimme etwas..."merkwürdig", aber ich finde es in seiner Stilvielfalt eher angenehm abwechslungsreich als zerfahren und es funktioniert eigentlich immer, egal, ob es mehr in Richtung Taylor Swift oder Paramore schielt. Meilenweit weg vom Debüt und auch ein bisschen von "My best friend is you", aber ein einfach gelungenes Pop-Rock-Album und für mich besser als der Vorgänger. Die Texte gefallen mir auch und als Person ist sie eh total super. Höchstens ein bisschen schade, dass mit "Life in pink" und "Drink about you" die beiden besten Songs schon vorab bekannt waren. |
Croefield Postings: 1752 Registriert seit 13.01.2014 |
2018-05-01 14:00:57 Uhr
Wie schon an anderer Stelle erwähnt: "Life in Pink" finde ich super, "Drink about you" und ein paar andere auch, aber insgesamt ist mir das Album auch zu lang (wie in der Rezi angesprochen) und die Ausflüge gefallen mir leider auch nicht. Ich tendiere wohl zu einer 6/10, kann aber die Kritik verstehen, so richtig rund ist es einfach irgendwie nicht. |
Francois |
2018-05-01 12:15:09 Uhr
Gehe mit Kai konform.Überdurchschnittliches und sehr abwechslungsreiches Pop-Album - selbst die Taylor Swift ähnlichen Ausflüge stehen ihr. Gebe dem Album eine solide 7! |
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Referenzen
Lily Allen; Taylor Swift; PJ Harvey; Wolf Alice; Sleater-Kinney; BOY; Lykke Li; Katy Perry; Sia; Lorde; Jessie J; Bikini Kill; Sugababes; The Julie Ruin; Regina Spektor; Madonna; Marina & The Diamonds; Lady Gaga; Carly Rae Jepsen; Sophie Ellis-Bextor; Lana Del Rey; Avril Lavigne; Yeah Yeah Yeahs; Natasha Bedingfield; Courtney Love; Hole; Florence & The Machine; Phoenix; Belle & Sebastian; Kylie Minogue; Arcade Fire; She & Him; The Ting Tings; Tegan And Sara
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