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Perel - Hermetica

Perel- Hermetica

DFA / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 20.04.2018

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Alles geriegelt

"Was singt sie da?" So grübelte eine Tageszeitung über die Maxi "Die Dimension" von Elektronikerin Annegret Fiedler alias Perel – genauer gesagt über Zeilen wie "Es hofft der Mensch, was er nicht glaubt / Doch dort er ist, so hofft er auch". DFA Records, wo Fiedler als erster deutscher Act veröffentlicht, baten ebenfalls um Erläuterung des enigmatischen Philosophierens, nachdem John "The Juan" MacLean die Wahlberlinerin begeistert an das New Yorker Renommierlabel vermittelt hatte. Im Gegensatz zum Inhalt erwiesen sich flirrende Sequenz, hyperaktives Gewobbel und unterkühlte Stimme nämlich schnell als selbsterklärend – ein zwischen unablässig anschwellendem Trancezustand und jenseitiger Schwermut oszillierender Killertrack, den auch MacLean selbst ersonnen haben könnte, hätte er früher mehr Kraftwerk und weniger The Human League gehört. Und stellt man sich das Ganze im Club vor, ergibt zumindest der Satz "Von hier sieht alles ganz anders aus / Von hier will ich nicht fort" einen Sinn.

Nicht verwunderlich, dass dieses Glanzstück auf Fiedlers Debüt nicht fehlen darf – noch besser ist allenfalls das ähnlich nachdrücklich pumpende "Alles", dessen flächig umhüllte, kantige Bassgitarre auf das eisige Post-Punk-Frühwerk der Labelkollegen Factory Floor verweist. Und heißt es darin "Alles, was war, wird nie mehr sein / Und alles, was ist, ist schon jetzt vorbei", facht das die Überlegungen zur eingangs gestellten Frage noch zusätzlich an – wie es sich gehört für ein Album, das die spirituellen Schriften aus dem antiken Griechenland im Titel trägt. Wovon die gebürtige Sächsin nun also singt? Im Grunde lediglich von der matten Tatsache, dass der Weg allen Fleisches zu kurz ist, um die ohnehin zuweilen schwer fassbare eigene Identität in vorgefertigten Filterblasen und Abhängigkeitsverhältnissen zu verplempern – rigider, an elektronischem Kraut, New Romantic und Cold Wave geschulter Minimal-House als geistige Lebensform. Und längst nicht immer so hermetisch abgeriegelt, wie man zunächst denkt.

Da genügt statt richtiggehenden Gesangs und vielseitig interpretierbarer Wortschöpfungen in "Pastarella del limoncello" auch mal ein rhythmisch verschlängelter Spaghetti-Abend zu getupfter Melodie und gedoppelten Vocal-Splittern oder mit "PMS" eine bedrohliche, von Industrial-Tiefschlägen zerteilte Klangillustration der Unwägbarkeiten im weiblichen Organismus. Doch auch die kosmischen Kuriere aus den Siebzigern, die einst permanent durch Fiedlers Elternhaus waberten, ploppen immer wieder auf – am deutlichsten im locker daherschreitenden Siebenminüter "Myalgia", der auf der Krankenstation des Raumgleiters Harmonia etwaigen Muskelkater mittels funkelnder Synthie-Weise sanft wegmassiert, ehe das ambiente Zwischenspiel "Crocus vernus" androide Frühlingsgefühle sprießen lässt. All das macht aus "Hermetica" weniger ein Rätsel denn eine meisterliche Fingerübung mit oft gespenstischen Dimensionen. Tiefenwahrnehmung auf Knopfdruck – und ohne jedes Kopfzerbrechen.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Alles
  • Myalgia
  • Die Dimension

Tracklist

  1. Projekt 3
  2. Pastarella al limoncello
  3. Si
  4. Alles
  5. PMS
  6. Signum viridi
  7. Myalgia
  8. Crocus vernus
  9. Die Dimension

Gesamtspielzeit: 47:05 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Plattenbeau

Postings: 976

Registriert seit 10.02.2014

2018-04-23 15:55:30 Uhr
Am besten gefallen mir die beiden Vocalsongs "Alles" und "Die Dimension", düster-melancholisch, treibender SynthPop mit geheimnisvoll fast gesprochenem Gesang. Das Album insgesamt wird mir immer mal wieder etwas zu technoid.
Suncokret
2018-04-23 14:27:20 Uhr
Bin leicht verliebt in die Dame!

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2018-04-19 20:34:23 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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