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Die Fantastischen Vier - Captain Fantastic

Die Fantastischen Vier- Captain Fantastic

Columbia / Sony
VÖ: 27.04.2018

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Rigga digga ding dong song

Wenn sich die vier Urväter des deutschen Sprechgesangs aufmachen, ein neues Album in den Äther zu pusten, dann muss es groß werden – groß wie eine Arena-Tour und mindestens so unendlich wie der Weltraum. Der Titel des neuen Studioalbums der Fantastischen Vier hat daher nichts mit dem gleichnamigen Kinofilm zu tun und geht auch nicht auf den Output von Elton John zurück. "Captain Fantastic" soll stellvertretend für den musikalischen Kosmos des Stuttgarter Quartetts stehen. Alles, was Michi Beck, Smudo, Thomas D und And.Ypsilon besonders und einzigartig macht, spiegele sich im Titel wider. Der Nachfolger zu "Rekord" aus 2014 beschwört daher nachhaltig das Zusammensein und eine gemeinsame Zeit, die ohne Zweifel als Ära in die Geschichte eingehen wird. Die Platte wirkt wie ein Korrektiv für all das, was zwischen getanzter Gangkriminalität und geübtem Geldzählen im deutschen Rap für wöchentliche Chart-Erfolge sorgt.

Dabei legt der Auftakt noch eine falsche Fährte. Die Weichenstellung verläuft trappig, flowt modern und hievt die Fantas unter dramatischen Streichern ins Jetzt. Solche Ausflüge bleiben aber rar. Die Single "Tunnel" bezeugt zwar in Form der besonderen Videoinstallation den Innovationsgeist der Band, aber zerfasert zum beliebigen Kinderlied. Oder wie Smudo sagen würde: "Junge, Junge, die Pumpe, die pumpt / Rumpedipumpel, pumpeldipumm." Den inzwischen älteren Herren quellen die Lust an der Musik und der ehrliche Umgang mit der HipHop-Kultur aus jeder Pore. Auch vor Verantwortung drücken sie sich nicht und streuen in das Universum von "Captain Fantastic" immer wieder klare Hinweise auf gesellschaftliche Problemstellungen. Dennoch erscheinen die mit gröbstem Werkzeug geklöppelten Wortspiele oft wie aus der Zeit gefallen. "Fantanamera" reimt sich beispielsweise durch diverse Möglichkeiten der Bandnamenverwurstung. Das "Quartett Formidable" behauptet dennoch lautstark, dass ihnen ein "gottverdammter Classic" gelungen sei. Das letzte große Relikt des freundlichen Sprechgesangs für den Mittelstand sorgt aber eher für die eine oder andere Verlegenheit.

Die Gäste auf der Platte geraten demnach gefügig. Es gibt keine wirklichen Überraschungen. Features von Clueso, Flo Mega und Tom Gaebel sorgen für musikalische Abwechslung, aber sind erwartbar. Die auf Hit getrimmten Songs dienen dem Erhalt und der Fortschreibung der musikalischen Geschichte, an der tatsächlich immer noch Bär Läsker als Manager beteiligt ist. Es hat sich nicht allzu viel geändert. Strukturen und Sound reihen sich in mehrere Dekaden Fanta-Sound ein. Die Pose der vier Streiter für das Gute und Wahre im HipHop mischt sich mit allerlei selbstreferenzieller Abfeierei. Die Suche nach dem Funk und nach dem nächsten Arenafunktionssong gerät so unendlich wie die Weiten des Weltraums. Auf "Aller Anfang ist Yeah" präsentiert sich die Gruppe kurz wandelbarer und auf einem Deichkind-artigen Trip. Diese Vorlage nutzt das Gespann leider nicht für ähnliche Experimente, sondern für "Ding-de-Ding-de-ding-de-Ding" in "Das ist mein Ding". Warum es größtenteils so tönt, wie es tönt, wird schnell klar, wenn sich die Beteiligten im Hintergrund enttarnen. Teil des Albumprozesses waren unter anderem Samy Deluxe, Curse, Damion Davis, Denyo – die Richtung war vorgegeben, und in dieser Konstellation betoniert sie sich.

In allen inhaltlichen Rückbezügen und altersweisen Schulterschlüssen offenbart sich die Dinosaurierhaftigkeit der Kombo. Allein schon durch die Pionierstellung der Herren erscheint diese Erfolgsgeschichte unkopierbar. Größtenteils regiert die gute Laune und ein Festhalten an einem Rap über Rap, der um sich selbst kreist. Smudo rockt das Mikrofon, And.Ypsilon schwirrt durch sein "Moduland", Michi Beck ist immer noch back, oder Thomas D reimt irgendwo okay. "Captain Fantastic" ist sehr bei sich und seinen Protagonisten, denen man abnimmt, all das mit vollem Herzen zu tun. Dieser unstoppbare Tatendrang bringt eine verspaßte Platte hervor, die Liebe zum Detail offenbart und sicherlich in jedem Durchgang noch eine clevere HipHop-historische Referenz durchblitzen lässt. Nach dem Comeback der Beginner 2016 mit "Advanced chemistry" galt es, ein Vakuum zu füllen. Diesen Auftrag nehmen Die Fantastischen Vier an und machen genau das, was sie ihnen schon immer lag: "Ticktack, this is how we rock!"

(Michael Rubach)

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Highlights

  • Captain Fantastic
  • Aller Anfang ist Yeah

Tracklist

  1. Captain Fantastic
  2. Tunnel
  3. Zusammen (feat. Clueso)
  4. Fantanamera
  5. Moduland
  6. Hitisn
  7. Watchmen
  8. Alle (Skit)
  9. Endzeitstimmung
  10. Hot (feat. Flo Mega)
  11. Henson J.J. Barkley (Skit)
  12. Aller Anfang ist Yeah
  13. Das ist mein Ding
  14. Affen mit Waffen
  15. Hitisn Reprise (feat. Tom Gaebel)
  16. Weitermachen (feat. Damion)

Gesamtspielzeit: 53:52 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
NickKlickMachtPicknick
2019-01-02 15:15:59 Uhr
Die Rolling Stones des Deutschen Hip Hop. Obligatorische Verklärung der Fanboys inklusive.
Große Zeit? 1995-1998?

kapomuk

Postings: 73

Registriert seit 25.08.2014

2019-01-01 13:32:34 Uhr
Immer noch gut, aber die großen Zeit scheinen vorbei zu sein.
[https://www.peter-hamburger.de/blog/die-fantastischen-vier-captain-fantastic]
In der Bewegung liegt die Kraft
2018-11-19 19:21:35 Uhr
Unglaublich, wie viel Power in den 4 noch steckt - das muss man mit 50 bzw. nach 30 gemeinsamen Jahren erstmal fertigbringen!! Ein Fanta-Klassiker, und trotzdem habe sie sich mal wieder neu erfunden. Lieblingstracks: Watchmen (besonders Michis A-N-N-A-Zitat), Hitisn (+Reprise mit Tom Gaebel!), Endzeitstimmung und Aller Anfang ist Yeah. Zwei Tracks hätte ich nicht gebraucht: Tunnel und Das ist mein Ding. Den Rest finde ich so genial, dass ich trotz einiger Schwächen 10 von 10 Punkten geben würde. Weitermachen wird vor allem Krieger-Fans überzeugen. Nicht so mein Geschmack, aber toll, dass die Fantas auch weiterhin ihre je eigenen Facetten ausdrücken. Ihre Verschiedenheit macht sie aus und für uns interessant, bereichernd und absolut rockbar.
Humanität hat einen Namen: Fanta 4
2018-10-18 23:13:30 Uhr
Die Hip-Hop Gruppe Fantastische 4 hat der Flüchtlingsorganisation „Mission Lifeline“ 30.000 Euro gespendet. Damit ist das Spendenziel von 475.000 Euro für ein neues Schiff erreicht, berichtet die Sächsische Zeitung. Die Musiker erhielten am vergangenen Wochenende den Jacob-Grimm-Preis „Deutsche Sprache“ und gaben das gesamte Preisgeld an die Dresdner Flüchtlingsorganisation weiter.

Robert G. Blume

Postings: 898

Registriert seit 07.06.2015

2018-05-14 15:06:11 Uhr
Ich mag das Album richtig gern. Bin zugegebenermaßen Altfan, aber sie liefern immer noch Hits ab und klingen weder satt noch müde.
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