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Alexis Taylor - Beautiful thing

Alexis Taylor- Beautiful thing

Domino / GoodToGo
VÖ: 20.04.2018

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Stimme ohne Körper

Warum entscheidet man sich als Kopf, Stimme oder anderweitig markantes Mitglied einer noch völlig intakten Band dazu, ein Solo-Album zu veröffentlichen? Eine Vielzahl von Möglichkeiten kommt da in den Sinn. Banalerweise kann der eigene kreative Output einfach höher als der seiner etwas ruhiger arbeitenden Mitstreiter sein, vielleicht fühlt man sich von anderen gleichwertigen Entscheidern auch einfach mal etwas eingeschränkt oder aber man möchte der Öffentlichkeit mal eine neue Seite von sich präsentieren, was mit dem Ballast des Bandnamens unter Umständen so nicht möglich wäre. Letzteres erscheint bei Alexis Taylor naheliegend, zumindest ist es kaum vorstellbar, dass er so zurückgezogene, spärlich instrumentierte Werke wie "Rubbed out", "Await barbarians" oder "Piano" bei Hot Chip durchbekommen hätte, erst recht nicht inklusive aller damit verbundenen Erwartungshaltungen und Enttäuschungspotenziale.

Für Taylors viertes Solo-Album "Beautiful thing" gilt das allerdings nicht mehr, sein prägnantes Falsett ist nicht länger das Einzige, was er sich mit einer der größten Elektro-Indie-Institutionen der letzten 15 Jahre teilt. Dafür steht schon der vorab veröffentlichte, fantastische Titeltrack sinnbildlich: Auf elektronischen Percussion-Loops singt Taylor seine typischen, direkt ins Ohr gehenden Pop-Melodien, bis sich der Song auf einem House-Pianoriff aufbauend zur Disco-Hymne entwickelt, die sich problemlos zwischen "Ready for the floor", "Over and over" und Konsorten einreihen kann – die aber auch mit genug Spielereien und Reizpunkten im Hintergrund aufwartet, um nicht zum Malen-nach-Zahlen-Hot-Chip-Hit zu verkommen. Gemeinsam mit Tim Goldsworthy, Gründungsmitglied von UNKLE und James Murphys DFA-Label, hat der Brite den Spagat geschafft, sich nah am Sound seiner Hauptband zu bewegen und gleichzeitig Ansätze in Songwriting und Produktion zu zeigen, die man so noch nicht von ihm gehört hat.

Was "Beautiful thing" durchaus mit seinen Vorgängern gemein hat, ist das Skizzenhafte und Wagnisreiche. Der Opener "Dreaming another life" klingt wie eine sperrigere Version der Hot-Chip-Großtat "Thieves in the night", kontrastiert Taylors zarte, zugängliche Gesangslinien mit einem hochspannenden Arrangement aus sphärischen Synths, sägenden Gitarren und Bläsern. In "Oh baby" lebt er seine Liebe zu Retro-Soul zum ersten Mal auch außerhalb seiner Balladen in einer schmissigen, wunderbar sonnigen Motown-Nummer aus, während er sich gen Ende mit "There's nothing to hide" und "Out of time" so nah an Ambient herantraut wie noch nie. Wo auf "Await barbarians" und "Piano" die unverwechselbare Stimme noch klar im Fokus war, steht sie hier meistens mit der instrumentalen Ebene auf Augenhöhe. So gehen die Drum-Experimente in "Roll on blank tapes" weit darüber hinaus, nur den Hintergrund zu akzentuieren, beanspruchen stattdessen genauso viel Aufmerksamkeit für sich wie Taylors Organ.

Es ist ein Jammer, dass er sich selbst und seine Hörerschaft nicht mit letzter Konsequenz für seinen Mut belohnen kann, weil leider nicht alles funktioniert und an einigen Schlüsselstellen dann doch die Ideen fehlen. Erwähnte Ambient-Tracks packen, ähnlich wie die zentrale Piano-Ballade "A hit song", nicht auf ihre volle Länge von fünf bis sechs Minuten, "I feel you" klingt wie eine Sam-Smith-B-Seite, während "Suspicious of me" nicht mehr als ein zu wenig ausformulierter Jam bleibt. Soundmäßig mag Taylor mehrere Meter auf seine Hauptband gutgemacht haben, doch qualitativ bleibt "Beautiful thing" im Vergleich zu Alben wie "Made in the dark" oder "In our heads" dann doch auf der Strecke. Solange die Stimme von Hot Chip aber auch ohne ihre musikalischen Mitstreiter noch ausreichend zu sagen hat, ist das überhaupt nicht schlimm, und das macht dann auch die anfangs gestellte Spekulationsfrage ziemlich obsolet. Den Sinn hinter seinen kreativen Erzeugnissen von irgendwelchen Rezensenten hinterfragen zu lassen, hat nun wirklich niemand verdient.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights

  • Dreaming another life
  • Beautiful thing
  • Oh baby

Tracklist

  1. Dreaming another life
  2. Beautiful thing
  3. Deep cut
  4. Roll on blank tapes
  5. Suspicious of me
  6. A hit song
  7. Oh baby
  8. There's nothing to hide
  9. I feel you
  10. Out of time

Gesamtspielzeit: 47:50 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2018-04-12 11:42:47 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?

MM13

Postings: 2354

Registriert seit 13.06.2013

2018-02-22 20:06:40 Uhr
ganz gut,aber irgendwie könnts auch von hot chip sein.
kenne bisher nur sein piano-album das ist schon eine ganz andere richtung.

Felix H

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 9300

Registriert seit 26.02.2016

2018-02-21 09:11:00 Uhr - Newsbeitrag
Neues Soloalbum von Hot-Chip-Sänger am 20.4.



Tracklist:

01 “Dreaming Another Life”
02 “Beautiful Thing”
03 “Deep Cut”
04 “Roll On Blank Tapes”
05 “Suspicious Of Me”
06 “A Hit Song”
07 “Oh Baby”
08 “There’s Nothing To Hide”
09 “I Feel You”
10 “Out Of Time”
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