Le Faux Ensemble - Double bind

Dissociation
VÖ: 07.02.2018
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 3/10

Kognitive Dissonanz
Das ist ein Satz. Das ist ein Satz. Wirkt der zweite Satz anders, weil er nach dem ersten kommt, obwohl er mit ihm identisch ist? Das ist ein Satz. Ein Fragesatz. Auch. Wirkt ein Text anders, wenn er um eine simple Idee herum arrangiert wurde? Musik ist das Thema, nicht die Idee. Musik, die sich im Kreis dreht. Ständige Wiederholungen, Sequenzen. Gespielt von echten Menschen auf echten Instrumenten. Echte Instrumente sind solche, die es wirklich gibt. Le Faux Ensemble nennen sich die Künstler. Eine Übersetzung wirft die Frage auf, ob es sich um echte Menschen handelt. Die Antwort ist irrelevant. Das Klavier ist wichtig. Es gibt einen Puls vor. Allerhand Gebläse und Gestreiche gesellt sich hinzu. Auf und ab und endlos, die Wiederholung ist überall. Und trotzdem geht es voran. Trotzdem steigert sich die Musik Takt für Takt in einen Rausch hinein, bis schließlich das Fragmentarische zu einem Ganzen wird, das dröhnt und ächzt und schreit, bis es schließlich den Weg des Irdischen geht und verendet. Ein Ende, ein Anfang.
Das ist ein zweiter Satz. Er unterscheidet sich vom ersten durch seine Länge. Der zweite Satz. Irgendwo weit weg ist Steve Reich stolz darauf, dass es immer noch Menschen gibt, die seine Musik als Inspiration für Neues heranziehen. Irgendwo ganz nahe ist ein Flirren. Es kommt aus Klarinetten und Geigen, während das Klavier nur sporadisch am Gespräch teilnimmt. Mit wenigen Akkorden verleiht es dem Flirren Struktur. Musik kennt nur eine Richtung. Doch nicht die Monotonie, sondern die Veränderung macht sie berührend. In Kombination. Auf und ab und endlos. Auf das Aufbäumen folgt zwangsläufig das Zusammensacken. Die Verdichtung eines Motivs duch Töne, die nicht zusammenpassen. Das tut nicht nur weh, sondern muss so sein.
Das ist kein Satz. Was für die Pfeife im Wald gilt, ist uns Fischen scheißegal. Der Puls ist brüchig geworden. Aus der Tiefe des Raums gesellt sich nun die Melodie zum Rest des bunten Treibens. Noch immer wagt das Klavier es nicht, sein rhythmisches Korsett abzulegen. Dafür üben sich die anderen Instrumente in Freischwimmerei. Bei aller Liebe zum ewig Gleichen gleicht kein Takt dem anderen. Was Le Faux Ensemble spielen, nennt man offiziell Minimal Music. Was Le Faux Ensemble erreichen, ist eine kurze, aber intensive Tour an die Grenzen akustischer Wahrnehmungsfähigkeit. Der Titel "Double bind" ist programmatisch. Aus der Widersprüchlichkeit der Musik erwächst ein Gefühl. Gerade weil sich Motive binnen kürzester Zeit gegenseitig in den Karren fahren und Momente der Klarheit schneller vorbeiziehen, als man "Aha!" rufen kann, entsteht eine Sogwirkung, der man nur schwer entkommen kann. Ein gutes Gefühl. Das ist der letzte Satz.
Highlights
- Double bind
Tracklist
- Apex's hapax
- Double bind
- Heartless
- End credits
Gesamtspielzeit: 30:05 min.
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Stephan Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 987 Registriert seit 11.06.2013 |
2018-02-15 21:25:14 Uhr - Newsbeitrag
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Referenzen
Steve Reich; Philip Glass; Terry Riley; John Adams; John Cage; Karlheinz Stockhausen; Arvo Pärt; Meredith Monk; William Basinski; Tangerine Dream; Nico Muhly; Györgi Ligeti; Krzysztof Penderecki; Moondog; Harold Budd; Arnold Schönberg; Igor Stravinsky; Robert Fripp; Brian Eno; David Lang; Colin Stetson; Hauschka; Dmitri Shostakovich; Peter Broderick; Max Richter; The Necks; Laraaji; John Zorn; Nils Frahm; My Bloody Valentine; Jonny Greenwood; Dawn Of Midi; Edgard Varèse; Pierre Boulez; Supersilent; Sigur Rós
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- Le Faux Ensemble - Double bind (1 Beiträge / Letzter am 15.02.2018 - 21:25 Uhr)