The Low Anthem - The salt doll went to measure the depth of the sea

Joyful Noise / Cargo
VÖ: 23.02.2018
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Weniger ist Meer
Die Geschichte der amerikanischen Folkrock-Band The Low Anthem ist eine mit vielen Höhe- und einigen Tiefpunkten. Die erste, in Eigenregie veröffentlichte Platte "What the crow brings" bekam beispielsweise kaum Aufmerksamkeit, der Zweitling "Oh my God, Charlie Darwin" dafür umso mehr: Nicht selten fiel ihr Bandname in einem Atemzug mit Fleet Foxes oder Bon Iver, aus der kleinen Musikgruppe aus Rhode Island wurde ein gefeiertes Aushängeschild des Folk-Revivals. "Smart flesh", Album Nummer drei, kam noch ordentlich weg, das experimentelle "Eyeland" hingegen gar nicht gut an. Doch damit nicht genug: Erst vier Konzerte dauerte die dazugehörige Tournee im Juni 2016 an, bis die Band in einen folgenreichen Autounfall verwickelt war und die weiteren Shows canceln musste. Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß. Mit dem Konzeptalbum "The salt doll went to measure the depth of the sea" meldet sich das Quartett nun zurück: genesen, gesundet und wieder etwas ausbalancierter.
Auch eine neue Richtung schlugen sie dabei ein. Man kann sich diese folgendermaßen vorstellen: The Low Anthem sind für das neue Album in ein hölzernes U-Boot gestiegen, auf den Grund des Meeres geschippert, haben dort jede Menge elektronische Instrumente gefunden, diese eingepackt und in der Folge darauf rumgeblubbert. So oder so: Der Folk-Anteil ihrer Songs ist im Vergleich zu den Anfangstagen ein wenig reduziert, in einigen Momenten funken elektronische Sequenzen dazwischen, brechen die Stücke auf, lockern sie, lenken ab. Thematisch bleiben die US-Amerikaner ebenso unter Wasser, spielen sie doch in vielen Stücken mit maritimen Metaphern. Es geht also um Matrosen, Flüsse, Korallen und Krill, aber eigentlich natürlich um viel mehr. Ums Weitermachen in ausweglosen Situationen zum Beispiel. Und vor allem um die Selbstfindung. Ein Prozess, der nie abgeschlossen ist, aber immer auf Trab hält. The Low Anthem lassen sich davon allerdings nicht aus der Ruhe bringen.
Einzig der tolle Opener "Bone of sailor, bone of bird" sticht mit seinen treibenden, klopfenden Beats ein wenig aus der homogenen Sound-Landschaft heraus. Ansonsten herrscht harmonischer Gleichklang, der in den besten Momenten einlullt, dem manchmal allerdings ein wenig die Spannung fehlt. "Toowee toowee" lässt die Akustikgitarre auf ein entferntes Glockenspiel treffen, "Gondwanaland" träumt sich an ferne Orte und das kurze "The krill whistle their fight song" fiept sich sacht durch die ozeanblaue Nacht. Wie Glühwürmchen am dunklen Himmel leuchten die Melodien und elektronischen Einsprengsel immer wieder auf. Am Ende dieser kurzen Reise hinterlässt "The salt doll went to measure the depth of the sea" beim Hörer ein tiefgehendes Gefühl der Entspannung. Und bei der Band hoffentlich die Gewissheit, dass selbst tiefste Tiefpunkte Ausgangslage für etwas Neues sein können. Selbst wenn man dafür bis zum Grund des Meeres reisen muss.
Highlights
- Bone of sailor, bone of bird
Tracklist
- Bone of sailor, bone of bird
- River brine
- Give my body back
- Drowsy dowsing dolls
- The krill whistle their fight song
- Toowee toowee
- Coral crescent
- Dotwav
- Cy Twombly by campfire
- Gondwanaland
- To get over only one side
- Final transmission from the driving umbrella
Gesamtspielzeit: 31:28 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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captain kidd Postings: 3751 Registriert seit 13.06.2013 |
2018-02-23 09:41:57 Uhr
Wie Carrie & Lowell ohne Hymnigkeit. Leider ein Rückschritt zum verspielt verschriebenen Vorgänger. Kann man aber gut dahinplätschern lassen. |
MasterOfDisaster69 Postings: 1009 Registriert seit 19.05.2014 |
2018-02-22 18:54:53 Uhr
Also bei einer 6/10 hätte ich mehr als ein einziges Highlight erwartet, oder liege ich da falsch?6 ist doch im PT-Kosmos ein rundes Ding und gut. |
sadcaper |
2018-02-16 12:21:44 Uhr
Aber ein Kompliment muss ich Kevin für die Rezi noch machen. Sie liest sich klasse und spannend und befasst sich überwiegend mit dem Album. Und die Meer Kritik finde ich auch lächerlich. Nur die Bewertung. :-)Man man. |
Kevin Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 1061 Registriert seit 14.05.2013 |
2018-02-16 00:11:23 Uhr
Mumford & Sons höre ich auch nicht sonderlich heraus, ist in den Referenzen, an denen ich nicht groß geschraubt habe, sicher zu prominent platziert. Mir fehlen im Albumverlauf weitere Highlights wie "Bone of sailor, bone of bird", das wirklich herausragend schön ist. |
sadcaper |
2018-02-15 23:08:35 Uhr
Den ersten Teil der Rezi finde ich schön aufgebaut. Aber das Album bewerte ich komplett anders. Es ist das Gegenteil von langweilig. Mumford und co. Muss immer noch lachen. Scheiss Kinder hier. |
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Referenzen
Fleet Foxes; J. Tillman; Father John Misty; Mumford & Sons; Crosby, Stills, Nash & Young; Neil Young; The Band; Monsters Of Folk; Bon Iver; The Felice Brothers; Iron & Wine; Adam Arcuragi; Bowerbirds; My Morning Jacket; Bob Dylan; Jakob Dylan; The Mohawk Lodge; Band Of Horses; Lucky Jim; Bonnie 'Prince' Billy; Phosphorescent; Gram Parsons; Midlake; Joni Mitchell; John Grant; Sufjan Stevens; Sparklehorse; Death Vessel; Great Lake Swimmers; Red House Painters; Grant Lee Buffalo; Micah P. Hinson; Bill Callahan; Gus Black; Nick Drake; M. Ward; CODY; Simon & Garfunkel; Vetiver; James Taylor; America; Mt. Desolation; The Avett Brothers; The Swell Season; The Leisure Society; Leonard Cohen; Tom Waits; Get Well Soon; Animal Collective; Panda Bear; Grizzly Bear
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