Fritz Kalkbrenner - Drown

Different Spring / Rough Trade
VÖ: 16.02.2018
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Mundfaul
Seien wir ehrlich: Eine richtige Entwicklung machte die Diskografie von Fritz Kalkbrenner nie durch. Der Berliner lieferte eben das, was man von ihm erwartete – Wohlfühlelektro mit hübschen Grooves und Melodien, mal mit, mal ohne Gesang. Insofern darf man ihm Respekt für sein fünftes Album "Drown" zollen, welches vollständig ohne seine markante Stimme auskommt, die in all seinen Hits ein solch prägnanter Fixpunkt war. Ein Blick nach vorn ist es strenggenommen jedoch nicht, vielmehr einer zurück. Mit instrumentalen Klanglandschaften begann der Enddreißiger nämlich sein musikalisches Schaffen, bevor er irgendwann erkannte, dass seine Künste am Mikrofon mehr als nur hörbar sind. Zudem ziert das Titelbild ein schönes, menschenleeres Gemälde seines Großvaters Fritz Eisel aus dem Jahr 1990, "Winterabend in M." betitelt. Genau wie Kalkbrenner sich also stimmlich aus seiner Musik herauszieht, erscheint sein Konterfei gleichzeitig zum ersten Mal nicht auf einem Albumcover.
Nimmt man noch die mundfaulen Ein-Wort-Titel hinzu, unterstreicht all dies den kargen, spröden Charakter, mit dem "Drown" den Hörer bei der ersten Begegnung empfängt. Wahr ist, dass natürlich auch die Vorgänger zahlreiche Instrumentals enthielten und Kalkbrenner insofern hier nichts grundlegend Neues auftischt. Doch seine Longplayer lebten durchaus vom Wechselspiel zwischen abstrakteren Tracks und den eingängigen Vocal-Stücken, die hier nun komplett entfallen. Schlimm ist das nicht, da ein Stück wie "Ride" auch ohne Gesang ein Meisterwerk ist. Eine angenehm entspannte Bassline trifft auf die im Vordergrund schwirrende Melodie, nach und nach füllt sich der Leerraum dazwischen bis zum begeisternden Höhepunkt. Auch die Sentimentalität des Titeltracks gefällt und kann beinahe einen Trancezustand induzieren. Schon ab hier wird es jedoch schwieriger, aus "Drown" wirklich hervorstechende Momente zu extrahieren.
Die kurzen Interludes "#3" und "#1" sorgen da zwar für Abwechslung, tragen aber nicht die gesamte Platte über die Runden. Mehr von solchen Einschüben wären wünschenswert gewesen, stattdessen bleibt die nach wie vor solide Hausmannskost Kalkbrenners vor allem in der zweiten Hälfte wenig variiert übrig. Mal etwas Eighties-Glanz wie im funkelnden "Lose", mal ein etwas zu aufdringliches Düdeln im Vordergrund des Closers "Play" – zugrunde liegt stets ein relativ starrer Zugang zum Aufbau der jeweiligen Stücke. Warum die Tracks so heißen, wie sie heißen, bleibt hinterher zudem meist unklar. "Bleed", "Lose", "Burn", "Fall" – so existenzialistisch wird es nie, die Namen wirken wie Platzhalter, für die niemand eine bessere Idee hatte. "Drown" ist beste Entspannungsmusik, es fehlt allerdings am Quäntchen mehr, was zuvor die Vocals eben ausgleichen konnten. Insofern bleibt am Ende neben dem Schulterklopfen für das bisher riskanteste Fritz-Kalkbrenner-Album trotzdem Ratlosigkeit über.
Highlights
- Ride
- Drown
- Lose
Tracklist
- Enter
- Ride
- #3
- Bleed
- Drown
- #1
- Run
- Lose
- Burn
- Fall
- Seek
- Play
Gesamtspielzeit: 71:46 min.
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2018-02-15 21:26:04 Uhr - Newsbeitrag
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