Poppy Ackroyd - Resolve
One Little Indian / Indigo
VÖ: 02.02.2018
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
Das Beleben der Anderen
In 2017 ging es für Poppy Ackroyd gleichermaßen zwei Schritte zurück und wieder vier vor. Als Willkommensgruß für ihr neues Label One Little Indian überarbeitete sie auf "Sketches" Stücke ihrer ersten beiden Alben "Escapement" und "Feathers" und steuerte auch gleich vier unveröffentlichte Songs bei. Überarbeitung hieß: Die Neo-Klassik-Künstlerin strich das Neo und spielte ihre Nummern klassisch am Piano. Für die Pianistin und Violinistin, die sich sonst in mühevoller Kleinarbeit eine Klangwelt errichtet, muss das zumindest ein kurzweiliger Akt der Erlösung gewesen sein. Ihre Stärke aber, das sind die Titel, in denen sie obendrein Instrumente präpariert, auf und mit den Klangkörpern spielt, Field Recordings einflechtet und daraus wunderbare Arrangements strickt.
Was bringt das für "Resolve"? Zunächst einmal jene angesprochenen vier neuen Songs, die sich nun auf Ackroyds, streng genommen, drittem Studiowerk – selbstverständlich in modifizierter Form – wiederfinden: "Resolve", "Light", "Trains" und "Time". Bei letztgenanntem Track addiert die Britin in der nun vorliegenden Fassung Moll-Töne, bringt etwas ein, das man wohl als perkussives Element ansehen kann und spendiert "Time" in erster Linie eine gehörige Portion zusätzlicher Dramatik. Am nachhaltigsten hat sich bei ihr "Resolve" erwiesen, dient es doch obendrein als Namenspatron ihres neuen Werks. Verständlich, soll das Album doch laut Ackroyd an die schönen Dinge erinnern, während man mit unerwarteten Herausforderungen konfrontiert wird, an das Licht im Dunkel und die eigene seelische Stärke im Angesicht von Verlust und Verzweiflung. Mit diesem Wissen erscheint der Titeltrack tatsächlich wie einer innerer Dialog, wie ein strauchelndes Für und Wider.
Ackroyd, beständiges Live-Mitglied bei Hidden Orchestra, entwickelt für dieses Album nicht nur das Song-Quartett von "Sketches" weiter, sondern öffnet sich auch neuen Einflüssen. Markierte "Escapement" noch ihre Selbst-Instruktion und forderte sie sich auf "Feathers" selbst heraus an musealen Musikinstrumenten, erlaubt "Resolve" nun erstmals den Input "externer" Musiker. Und das entpuppt sich als sehr guter Schachzug. Die Cellistin Jo Quail und Manu Delago (Björk, The Cinematic Orchestra) am Hang – das kann man sich Pi mal Daumen wie geschlossene Klangschalen aus Stahlblech vorstellen, die am deutlichsten in "Time" zu vernehmen sind – steuern ihrerseits Fragmente bei. Fragmente deshalb, weil: Was Ackroyd davon wie genutzt hat, werden sie wohl auch erst nach ausgiebiger Studie von "Resolve" erfahren. Schließlich galt auch für die Musiker die Prämisse, sie mögen ihr(e) Instrument(e) genauso freigiebig nutzen, kreativ bespielen und interpretieren, wie es die Britin selbst zu pflegen gedenkt.
Die Aufgabe kam auch Mike Lesirge (Bonobo, Andreya Triana) für (Bass-)Klarinette und Flöte zuteil. Ackroyd setzt die Blasinstrumente in "The calm before" als belebendes Element ihres Schaffens nach eigenem Gusto zusammen, sonores Brummen und gelooptes Flötenleiern gehen Hand in Hand mit ihren leichtfüßigen Pianotönen. Sicherlich einer ihrer bis dato besten Songs auf ihrem bislang besten Album. Es gilt also einzutauchen in diese Welt aus minimalistischer Elektronik und modern gestalteter Klassik, in den Kreationsprozess rhythmischer Figuren, in elegant drapierte Melodien und das Halbdunkel der Zwischenzeilen. Auch wenn "Quail" mutmaßlich zu Teilen seinen Namen wegen der omnipräsenten Cellistin innehat: Würde sinkender Mut doch immer so tänzelnd daherkommen wie in diesem Stück, blitzschnell füllte sich ein Saal der Gehemmten. Und Ackroyd zöge den Vorhang beiseite und begehrte um Einlass.
Highlights
- Paper
- The calm before
- Quail
- Time
Tracklist
- Paper
- Light
- The calm before
- Resolve
- Quail
- The dream
- Time
- Luna
- Stems
- Trains
Gesamtspielzeit: 48:34 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Lux |
2018-02-02 10:49:15 Uhr
Sehr sehr schönes Album |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27175 Registriert seit 08.01.2012 |
2018-02-01 22:02:34 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
Hauschka; Hidden Orchestra; Nils Frahm; Brambles; Federico Albanese; Lambert; Moon Ate The Dark; Rachel Grimes; Ólafur Arnalds; Sophie Hutchings; Carlos Cipa; Max Richter; Goldmund; Pill-oh; Joe Acheson Quartet; Chilly Gonzalez; Yann Tiersen; Paul Corley; Agnes Obel; Michael Price; Jonata; Claude Débussy; Ed Carlsen; Stefano Guzzetti; Peter Broderick; Lubomyr Melnyk; Eluvium; Jóhann Jóhannsson; Esbjörn Svensson Trio; Broken Twin
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