Sin Fang, Sóley & Örvar Smárason - Team dreams
Morr / Indigo
VÖ: 19.01.2018
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Das Jahr in der Nussschale
Irgendwie war es ja nur eine Frage der Zeit, bis sich aus dem scheinbar unerschöpflichen Nebel der Kreativität in der isländischen Musiklandschaft eine neue Supergroup erhebt. Diese familiäre Ehre geben sich auf "Team dreams" nun Sóley, Sin Fang und Örvar Smárason. Sind Erstere vornehmlich durch ihre Soloprojekte und gelegentliche Kollaborationen im Folkpop-Kollektiv Seabear bekannt, so findet sich Smárason eigentlich als fester Bestandteil von FM Belfast und Múm wieder. Dass "Team dreams" dabei überhaupt vollständig und in Albumformat den Weg in die Plattenläden der Welt findet, ist schon eine Geschichte an sich, entstanden die zwölf Songs doch jeweils unabhängig voneinander in einer "monthly dose of subtle mayhem", wie Smárason es beschreibt. Dazu fanden sich die drei Musiker für jeweils drei Tage jedes Monats des vergangenen Jahres zusammen, schrieben einen Song, und voilà – releasten diesen zum Monatsende. Was erstmal nach künstlerischem Pragmatismus klingt, fügt sich dabei auf "Team dreams" zu einer dem Entstehungsprozess geschuldet nicht immer homogenen, aber dafür stets interessanten, jahreszeitlich beeinflussten Enzyklopädie.
Musikalisch bewegen sich die Drei souverän auf jenem Eis, das ihre Vita vermuten ließe: Sóleys gleitender Gesang überfliegt von Neo-Klassik beeinflusste Soundlandschaften, während Sindi (alias Sin Fang) und Smárason darunter mal subtile, mal überraschend opulente Pop-Arrangements zur Entfaltung kommen lassen. Selbst vom Vortag verkatert, wird sich kurzerhand ans Klavier geschwungen und eine mehrstimmige März-Ballade eingesungen, die mit "Wasted" sofort zu einem der Highlights mutiert. Die Überraschung der Platte liegt daher nicht allzu sehr in ihrem akustischen Gewand. Vielmehr sind es die kurzen Momentaufnahmen, die sich hinter den einzelnen Songs und ihrer 72-stündigen Entstehungsgeschichte nach außen winden.
Häufig lässt sich sogar eine merkliche Relation zur jeweiligen Jahreszeit des Songwritings ausmachen. So triefen die im Winter bzw. Herbst entstandenen Stücke teilweise vor Ambient-Einflüssen ("Love will leave you cold") oder machen es sich in einem stark an Beach House angelehnten Synthie-Klangbett samt blecherner Percussions und Glockenspiel gemütlich. Irgendwie mag es kein Zufall sein, dass sich genau hier die stärksten Momente des Albums wimmeln, wo der steife isländische Wind draußen die Eisblüten an die Fenster des Studios geküsst haben muss. Zu wohlig, stimmig und altvertraut zeigt sich die musikalische Kulisse in Songs wie "Go to sleep" – in dem sich Sóley am offensivsten Richtung Victora Legrand lehnt – oder dem überaus gelungenen Closer "Dream team party kids", dessen pochende Orgelklänge das nächste Déjà-vu gleich folgen lassen. Ein Schelm, wer "Team dreams" da nicht spätestens bei der namentlichen Nähe zu "Teen dream" von Beach House eine augenzwinkernde Dublette unterstellt.
Wo Ende und Anfang zum Neujahr zyklisch wieder aufeinandertreffen, lassen sich damit gleichzeitig sowohl Antreibskraft als auch Krux der Platte ausmachen: Der Winter hält eben nicht ewig. Ihm folgt auch auf "Team dreams" ein flirrender Sommer, der sich in den Synthies aus "Black screen" langsam ankündigt und dann bis zum opulenten "Used and confused" komplett entfaltet. Teilweise finden sich darin dann leider komplette Fehltritte – wie die etwas zu deftige Trap-Beat-Nummer "Tennis" oder das langatmige "Slowly" – wieder, die das Gesamtbild des Albums ähnlich ins Wässrige krümmen, wie es wohl 30°C in Reykjavik tun würden. Vielleicht lässt sich das Trio ja in Zukunft von einer Sommerpause und doppelter Winterproduktivität überreden. Dafür nähme man die besagten Parallelen zum Duo aus Baltimore auch gerne einfach mal so hin.
Highlights
- Wasted
- Go to sleep boy
- Dream team party kids
Tracklist
- Random haiku generator
- Love will leave you cold
- Wasted
- Black screen
- Slowly
- Citrus light
- Tennis
- Space
- Used and confused
- Go to sleep boy
- The sun will go out
- Dream team party kids
Gesamtspielzeit: 46:30 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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musie Postings: 3997 Registriert seit 14.06.2013 |
2018-01-15 22:32:09 Uhr
Gefällt mir richtig gut. Bisher mein AdJ... Der letzte Beach House Song ist klasse. Finde auch Slowly oder Tennis nicht schlecht. Letzteres erinnert an Oscar & The Wolf. |
Obrac Postings: 2489 Registriert seit 13.06.2013 |
2018-01-13 20:03:00 Uhr
Die letzten Sóley-Platten fand ich sehr gut. Mal sehen, was die hier kann. |
MartinS Plattentests.de-Mitarbeiter Postings: 1395 Registriert seit 31.10.2013 |
2018-01-13 19:55:22 Uhr
Danke musie, den Titel hier habe ich schon mal geändert, Rest folgt sicherlich bald.Ach: Ein durchaus hörenswertes Album auch, übrigens :-) |
musie Postings: 3997 Registriert seit 14.06.2013 |
2018-01-12 08:15:56 Uhr
Beach House ist wunderbar aber der Albumtitel gemäss Rezi hier wäre dann doch etwas zu viel des Guten.. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27676 Registriert seit 08.01.2012 |
2018-01-11 21:29:50 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
Sóley; Sin Fang; Múm; FM Belfast; Seabear; Ásgeir; Kaleo; Sigrid; Björk; Ólafur Arnalds; Jónsi; Sylvan Esso; Purity Ring; Now, Now; Dillon; Beach House; Jam City; Fenster; Ätna; Pascal Pinon; Klangstof; Kiasmos; Sigur Rós; Majical Cloudz; Youth Lagoon; Tennis; Cults; Of Monsters And Men; St. Vincent; Hundreds; Japanese Breakfast; Washed Out; Santigold; Phantogram
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- Sin Fang, Sóley & Örvar Smárason - Team dreams (5 Beiträge / Letzter am 15.01.2018 - 22:32 Uhr)