Listen




Banner, 120 x 600, mit Claim


Noah Gundersen - White noise

Noah Gundersen- White noise

Cooking Vinyl / Sony
VÖ: 22.09.2017

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Dein ganzes Leben

Was für eine schöne Legende: Eines der vollsten Alben 2017 soll aus der größten Leere entstanden sein. "Anfang 2016 kam ich auf die Bühne und wurde von einem Gefühl der überwältigenden Leere getroffen", erinnert sich Noah Gundersen. "Ich dachte an eine Karriere, in der ich Musik spiele, an die ich nicht glaube, und war in Panik." Ein befreundeter Songwriter konnte ihn aufmuntern. An dieser Stelle begann das, was heute "White noise" heißt – eine Platte wie eine Compilation, die ausgefüllt ist von verschiedenen Genres, die nicht nur von ihrer Breite, sondern auch ihrer Tiefe lebt. Und von einem Sänger, der zu jeder Sekunde präsent ist.

Noah Gundersen ist ein ungewöhnlicher Typ. Die welligen, langen Haare, die er inzwischen samt Musketier-Bart trägt, lassen ihn aussehen wie einen harten Typen. Tatsächlich ist er, so erzählt er, begeisterter Motorradfahrer. Doch da ist auch etwas in seinen braunen Augen, das von viel Grübelei zeugt. Gundersen ist auch überzeugter Wassertrinker mit einem großen Hang zu Spiritualität. Er wuchs auf dem Land auf, in einem religiösen Haushalt, umgeben von sieben anderen Kindern, einer Milchkuh, Ziegen und Hühnern. Mit 18 stürzte er sich in die Musikszene von Seattle. Er brauchte fast ein Jahrzehnt, um endgültig anzukommen. Und um einen Fehler kein zweites Mal zu begehen. Denn auf sein zweites Studioalbum "Carry the ghost" schaut er nicht rundum glücklich zurück. Die Zeit habe gefehlt, das Geld, die Geduld, auch die Erfahrung. Um alles so werden, so entstehen zu lassen, dass es ein rundes Ganzes wird. Die Weite seines neuen Albums kommt vielleicht auch vom Ort ihres Erschaffens. Gundersen schloss sich in ein 150-Quadratmeter-Loft am Hafen von Ballard, Washington ein. Und verließ dieses nicht eher, bis alles am richtigen Platz war.

Wer mit "The sound" zum ersten Mal in Kontakt zu Gundersen kam, der wurde gehörig in die Irre geführt. Die Single klingt nach einem Song, wie ihn The Gaslight Anthem vielleicht seit "The '59 sound" nicht mehr geschrieben haben. Mit Johnny Cash in den Lyrics und mit aufgerauter Stimme. Das steht aber so gar nicht für den typischen Klang von Noah Gundersen. Wobei: Den gibt es längst nicht mehr. Die Zeit als klassischer Singer-Songwriter ist passé. Der 28-Jährige ist nicht nur opulenter geworden, sondern vor allem vielseitiger. "After all" schielt Richtung Progrock, "Fear & loathing" ist ein ganz klassisches Kleinod circa Ryan Adams, das siebenminütige "Cocaine sex & alcohol (From a basement in Los Angeles)" macht einen Radiohead-Abstecher, das erhabene Doppel aus "New religion" und dem angenehm schnulzigen "Bad desire" ist aufs Nötigste reduziert, wobei letzteres noch am ehesten erklärt, warum Gundersen es mit mehreren Songs schon in Serien-Soundtracks geschafft hat.

Das Opus Magnum heißt allerdings "Heavy metals". Den Song hat Gundersen immer und immer wieder neu geschrieben. Die Ãœberfrachtung mit bedeutungsvollen Informationen, der eigentlich so kleine Fußabdruck der Menschheit in der Geschichte des Universums, die eigene Sterblichkeit – diese Themen bilden die Basis eines Stücks, mit dem Gundersen auf der Suche nach Bedeutung im Leben ist. "Hold your breath / Count to ten / You've got a lot to learn yet", brandet der Refrain auf, immer wieder durchsetzen "Na na na / Na na na na"s die Wellen, keineswegs aber fröhlich, sondern nachdenklich. Immer wieder sekundenlanges Atmen, dann Luftanhalten. Und ein ganz großer Höhepunkt in drei Zeilen: "Only infinite black space / Three words on the whole page / All your life, hey." Dieses "White noise" ist ein Leben in 67 Minuten, laut, leise, wunderschön, abgrundhässlich, mit dem größtmöglichen Raum zur eigenen Klarheit zu kommen. Wenn man sich denn lässt.

(Armin Linder)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Bestellen bei Amazon / JPC

Highlights

  • The sound
  • Heavy metals
  • Fear & loathing

Tracklist

  1. After all (Everything all the time)
  2. The sound
  3. Heavy metals
  4. Number one hit of the summer (Fade out)
  5. Cocaine sex & alcohol (From a basement in Los Angeles)
  6. Bad actors
  7. Fear & loathing
  8. Sweet talker
  9. New religion
  10. Bad desire
  11. Wake me up, I'm drowning
  12. Dry year
  13. Send the rain (to everyone)

Gesamtspielzeit: 67:12 min.

Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)

Einmal am Tag per Mail benachrichtigt werden über neue Beiträge in diesem Thread

Um Nachrichten zu posten, musst Du Dich hier einloggen.

Du bist noch nicht registriert? Das kannst Du hier schnell erledigen. Oder noch einfacher:

Du kannst auch hier eine Nachricht erfassen und erhältst dann in einem weiteren Schritt direkt die Möglichkeit, Dich zu registrieren.
Benutzername:
Deine Nachricht:
Forums-Thread ausklappen
(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2019-03-07 19:16:04 Uhr
Oh, danke für den Hinweis.

Wolf

Postings: 39

Registriert seit 04.10.2014

2019-03-07 12:20:40 Uhr
White Noise B-sides ist da. Scheinen auch ein paar A-sides dabei zu sein.

Beefy

Postings: 463

Registriert seit 16.03.2015

2018-01-06 09:25:17 Uhr
Ich höre bei diesem Song auch Sigur Ros raus. Vergleicht mal die Kopfstimme-Gesangsmelodie mit der von Sigur Ros' "Popplagið" :-)

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2018-01-04 23:00:01 Uhr
Hier ist ausgesprochen viel Radiohead drin:

Obrac

Postings: 2084

Registriert seit 13.06.2013

2018-01-04 22:55:07 Uhr
In jeder Band ist was von Radiohead, so wie in uns allen ein Teil von Jesus ist.
Zum kompletten Thread

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Bestellen bei Amazon

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Plattentests.de-Forum

Anhören bei Spotify