Textor & Renz - The days of never coming back and never getting nowhere
Trikont / Indigo
VÖ: 01.12.2017
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Nirgendwo zwischen
Henrik von Holtum. Ein Name, der wohl nur wenigen etwas sagen dürfte. Beim Pseudonym Textor dürften einige HipHop-Afficionados allerdings hellhörig werden. War das nicht der von ...? Genau der war das. Das Kinderzimmer hat er allerdings 2007 für immer verlassen. Musikalisch beschreitet er seitdem eigene Wege, unter anderem gemeinsam mit Holger Renz. Sieben Jahre nach "A chair is not a chair, a house is not a home" erscheint nun wie aus dem Nichts "The days of never coming back and never getting nowhere". Der Hang zu sperrigen Titeln ist also geblieben. Auch musikalisch hat sich im Vergleich zum vielerorts sträflich ignorierten Debüt wenig verändert. Noch immer genügen dem Duo Bass und Gitarre, um seine minimalistischen Songideen umzusetzen. Wer also Beats und Raps erwartet, möge lieber "Irgendjemand muss doch" aus dem Regal fischen. Wer aber bereit ist, sich auf einen ungewöhnlichen Ansatz einzulassen, wird von Textor & Renz reich belohnt.
Den Stil der Musiker fasst der Song "Boom clack" perfekt zusammen: Nur wenige Basstöne und gekonnt eingesetzte Akzentuierungen der Gitarre formieren das Gerüst, auf dem Textor lässig seinen Gesang ausbreitet. Die Nähe zum traditionellen Blues wird hier deutlich hörbar, es ist davon auszugehen, dass Künstler wie John Lee Hooker bei den Beteiligten hohes Ansehen genießen. Was in Form biederer Nachspielerei böse hätte ins Auge gehen können, gerät bei Textor & Renz zu einem stillen Triumph. Die beiden wissen nicht nur, was sie tun, sie wissen auch ganz genau, was sie wollen. Sie reduzieren ihre Songs auf das absolut Nötige und erzielen so die größtmögliche Wirkung.
Dies zeigt sich auch in dem verträumten "Willin'", welches exemplarisch für die vielen balladesken Songs auf dem Album steht. Durch die fein austarierte Produktion erhalten die Instrumente viel Luft zum Atmen. Textors Stimme erklingt stets neben der Mitte, was der Musik einen gewissen Live-Vibe verleiht. Es war sicher wenig Studiomagie nötig, um aus den Aufnahmespuren ein finales Produkt zu zaubern. In Zeiten aufgeplusterter Highend-Produktionen ist es eine Wohltat, einfach einmal zwei talentierten Menschen bei der Arbeit zuhören zu können. Die Songs des Duos sind gewiss merkwürdig, aber niemals unangenehm. Sie zelebrieren das Innehalten. Vor dem inneren Auge entstehen Bilder weitläufiger Landschaften und nicht enden wollender Highways.
Schade ist, dass das Album mit knapp 30 Minuten Spielzeit arg kurz geraten ist. Andererseits kommt nie der Eindruck auf, dass etwas fehlt. Alle acht Songs stehen fest auf eigenen Beinen. Egal ob farbenfroh wie in "Make a mistake", oder düster wie im Titeltrack: Der Anzug sitzt. Nirgendwo zwischen Jetzt und Hier haben es sich die beiden Musiker häuslich eingerichtet. Dass Textor & Renz über Trikont veröffentlichen ist daher kein Zufall. Wieder einmal beweist das Münchener Traditionslabel den richtigen Riecher. "The days of never coming back and never getting nowhere" ist ein Album für ewig Suchende. Bleibt nur zu hoffen, dass bis zum nächsten Fund nicht wieder sieben Jahre vergehen.
Highlights
- Boom clack
- Make a mistake
- Willin'
Tracklist
- The days of never coming back
- Boom clack
- Make a mistake
- Rise
- Thirteen
- Willin'
- How to end
- Will you have me
Gesamtspielzeit: 27:29 min.
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2017-12-11 21:27:46 Uhr - Newsbeitrag
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Referenzen
Kinderzimmer Productions; Textor; Hank Williams; John Lee Hooker; Johnny Cash; Little Walter; Robert Johnson; Muddy Waters; Albert King; Howlin' Wolf; Blind Willie McTell; Junior Kimbrough; Keb Mo; Otis Taylor; Roger Alan Wade; Son House; Mississippi John Hurt; Huddie Ledbetter; Charlie Patton; Bukka White; Brownie McGhee; Furry Lewis; Barbecue Bob; Yank Rachell; Hammie Nixon; Black Ace; Ramblin' Thomas; Bruce Springsteen
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