Brant Bjork - Europe '16
Napalm / Universal
VÖ: 22.09.2017
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Das Wohnzimmerkonzert
Da hat sich jemand ganz schön Zeit gelassen. Seit Brant Bjork 1999 mit "Jalamanta" seine Solokarriere eröffnete, war auf den Vollzeithippie aus Palm Desert, was regelmäßigen Nachschub an gechilltem Stoner-Rock angeht, immer Verlass. In regelmäßigen Abständen veröffentlichte Bjork ein Album nach dem anderen. Nur ein Konzertalbum suchte man in der mittlerweile auf gigantische Größe angewachsenen Diskographie des Altmeisters bisher vergebens. Nun erscheint mit "Europe '16" doch noch das erste Live-Album des Ex-Kyuss- und Fu-Manchu-Drummers. Wer einmal ein Liveshow des Sängers und seiner Low Desert Punk Band besucht hat, weiß um die magische, intime und verdammt stark nach Coffeeshop riechende Atmosphäre, die sich an jeder Location, an der die Band Halt macht, ausbreitet. Auf Platte gepresst wird das Besondere eines Brant-Bjork-Konzerts naturgemäß um ein paar nicht ganz unwichtige Faktoren beschnitten. Dieser Umstand ist aber zu verkraften, schließlich kann man dafür dieses Konzert sitzend im heimischen Wohnzimmer erleben. Bei dem psychedelisch groovenden Desert Rock, den die Band auf "Europe '16" fast 90 Minuten lang raushaut, kann es auch ganz ohne Luft, die mehr THC als Sauerstoff enthält, zu Schwindelgefühlen kommen. Da ist es super, ein Sitzmöbel im Rücken zu wissen.
Ohne große Floskeln geht es auf "Europe '16" direkt zur Sache. Klar, ein wenig Gedudel auf der Gitarre, ein bisschen Beckenrascheln muss sein, dann geht es aber sofort mit "Buddha Time" los. Das Riff, welches sich nach kurzer Zeit als eine Art Naturkonstante im Gehörgang verankert hat, wird durch bluesig angehauchtes Solospiel aufgelockert, bis sich endlich Bjorks rauchig druckvolle Stimme durch den Nebel nach vorne drückt. Man merkt bereits während des erstens Songs, dass das Album rein klangtechnisch die Qualitäten der Band sehr gut abbildet. "Europe '16" klingt dicht, hat ordentlich Wumms und bietet allen Instrumenten genug Raum. Ein kleiner Wermutstropfen der sehr gelungenen Aufnahme ist der gesangliche Gastbeitrag der Wüstenrock-Legende Sean Wheeler. So sympathisch Wheeler auch ist und so groß seine Verdienste um den Stoner-Rock sein mögen: Sein Featuring auf der zweiten Albumhälfte nervt ein wenig.
Einen richtigen Querschnitt durch die Diskographie des Wüstenrockers bietet Brant Bjorks erstes Live-Album nicht. Zwar finden sich durchaus ein paar essentielle Klassiker auf der Setlist, hauptsächlich verbrät Bjork aber Material der letzten zwei Alben. Einerseits vermisst man als Fan natürlich ein paar Songs, andererseits verkommt "Europe 16" durch die Konzentration auf die aktuelle Schaffensphase Bjorks nicht zu einem Live-Album, das gleichzeitig eine Best-of-Compilation sein will. Dass die Songs aus der Napalm-Ära alle so gut harmonieren, sorgt dafür, dass die älteren Songs wie z.B. "Freaks of nature" oder "Low desert punk", auch wenn sie unverzichtbar sind, doch ein wenig fremd wirken zwischen all den frischeren Songs, die merklich durch den gleichen Spirit verbunden sind. Insgesamt ist die Auswahl der Songs aber sehr gelungen. Die besten Momente des Albums sind jene, in denen die Band sich die Zeit nimmt, sich in endlosen Jamsessions zu verlieren. Man fühlt sich gleich so, als wäre man mit der Band im Proberaum und würde einer Bandprobe lauschen.
Die Spielfreude der Low Desert Punk Band ist kaum zu bremsen. Man hört allen Musikern auf der Bühne ihre Coolness an. So laid back wie Bass und Schlagzeug sich durch den Abend grooven, kann man sich Zuhause nicht einmal auf dem Sessel zurücklehnen. Die fuzzigen Gitarren tun ihr Übriges und schwanken ständig zwischen schweren Riffs und psychedelischen Soli. Was Ansagen angeht, hält sich der kalifornische Lockenkopf angenehm zurück. Hier und da richtet Bjork ein durch amerikanischen Akzent sehr niedlich klingendes "Donkeschoin" an sein Publikum, dann dankt er Berlin für die Freundlichkeit, mit welcher ihm in der Stadt wohl immer begegnet wurde. Das war es im Großen und Ganzen aber auch was gesprochene Worte angeht. Die eigentliche Kommunikation findet über die Universalsprache Musik statt und ein fünfminütiger Jam über "Freaks of nature" sagt ohnehin mehr als Worte es je könnten.
Highlights
- Buddha time
- Stakt
- Low desert punk
Tracklist
- CD 1
- Buddha time
- Controllers destroyed
- Humble pie
- Stakt
- The gree heen
- Lazy bones-Automatic fantastic
- Stokely up now
- CD 2
- Dave's war
- Biker no. 2
- Freaks of nature
- Low desert punk
- Let the truth be known / Jumpin' Jack Flash
Gesamtspielzeit: 85:36 min.
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2017-12-11 21:23:27 Uhr - Newsbeitrag
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