Anja Schneider - SoMe

SoUs / Rough Trade
VÖ: 03.11.2017
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 3/10

1, 2, 3, 4
Eine Bassdrum ist eine Bassdrum. Sie gibt den Takt an. Ein einfacher Job, den die allermeisten Bassdrums dieses Planeten brav verrichten. Und doch ist die Sache mit dem richtigen Kick verdammt kompliziert. Besonders, wenn es um elektronische Musik geht. Jeder, der schon einmal mit computergestützten Produktionen zu tun hatte, kennt sie: die Endlosschleife. Gefangen im Loop werden Regler und Rädchen geschoben und gedreht, bis völlig in Vergessenheit geraten ist, worum es in dem Track überhaupt gehen sollte. Vor allem im Techno ist die Bassdrum die Königin. Wer hier Mist baut, braucht eigentlich gar nicht mehr weiterzubasteln. Anja Schneider ist seit bald 30 Jahren als Produzentin, DJ und Labelchefin im Business. Sie hat Trends und Sounds kommen und gehen sehen. Jedoch hat sie in all den Jahren das Wesentliche nicht aus den Augen verloren. Denn sie weiß, worauf es ankommt.
Auf ihrem neuen Album "SoMe" zelebriert die Künstlerin aus Bergisch Gladbach elektronische Tanzmusik in Reinkultur. Jederzeit ist zu hören, wie tief Schneiders Wurzeln reichen. Das fängt bei klassischen 909-Claps an, geht über ausladende Klangflächen und reicht bis zu feinsinnig eingesetzten Anspielungen auf aktuelle Entwicklungen im EDM-Bereich. Im Fokus der Tracks stehen jedoch meist die fundamentalen Elemente. Eine Paradebeispiel für Schneiders außerordentliches Talent ist "Secret escape", ein Cut, der knietief im Deep House watet, ohne dabei in abgeschmackten Sounds stecken zu bleiben. Stattdessen folgt er einer klaren Dramaturgie, wobei besonders die behutsamen Modulationen der Synthies Eindruck hinterlassen.
Anja Schneider ist als DJ viel herumgekommen und weiß, wie wichtig Pausen in einem gelungenen Set sind. Mit "WMF" hat sie einen hervorragenden neuen Showstopper im Gepäck: Der nach einem legendären Berliner Club benannte Track überrascht mit einem durchgehenden Breakbeat und jazzigen Samples. In eine ganz andere Kerbe schlägt hingegen "Got me with a bang". Hier geht es deutlich härter und reduzierter zur Sache, sogar kleine Acid-House-Spielereien lugen zwischen den unbarmherzig schiebenden Bässen und Drums hervor. Am anderen Ende des Spektrums weiß "Shadows" zu überzeugen. Schneider vermeidet gekonnt nichtssagendes Chillout-Geblubber und verlässt sich voll und ganz auf die Macht des Analogen.
Der Großteil von "SoMe" kommt ohne Gesang daher, die Ausnahmen haben es aber in sich: In "The sun" wird ein winziges Stimmsample durch zahllose Effektgeräte gejagt und so zum eigentlichen Leadinstrument. "All I see" gewinnt durch soulige Vocals deutlich an Charakter. Völlig überraschend ist der Gastauftritt der Stereo MCs: "Sanctuary" wandelt sich dadurch von einem subsonisch wummernden Minimal-Track zu einem faszinierenden Zwitterwesen. Wer fürchtete, musikalisch aufregender Techno sei im Zuge der mittlerweile weltumspannenden Ballermannisierung des Genres Geschichte, darf aufatmen. Es gibt sie noch, die Produzenten und DJs mit Gefühl. Wobei Anja Schneider auch die Grundlagen ausgezeichnet beherrscht. Auch ihre Bassdrums klingen nämlich ganz und gar vorzüglich.
Highlights
- Secret escape
- WMF
- Got me with a bang
- Shadows
Tracklist
- The sun
- Secret escapes
- All I see
- WMF
- Sanctuary feat. Stereo MCs
- Got me with a bang
- Night out
- Look of love
- Shadows
Gesamtspielzeit: 57:11 min.
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